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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0086
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Die Grosse Galliergruppe

Konstruktionsskizze
des Athenahäligtums
in Pergmnon

Von diesem Denkmal, über dessen Form und Aufstellungsart in
der Forschung keine einhellige Meinung besteht, stammen die
berühmten Plastiken "Der Gallier und sein Weib" im römischen Na-
tionalmuseum und der "Sterbende Gallier" im Kapitolinischen Mu-
seum. Ob ein Gallierkopf im Museo Chiaramonti des Vatikan und
die Torsen verwundeter und niedergesunkener Gallier in Dresden
zum gleichen Denkmal gehörten, ist nicht erwiesen, wegen der Stil-
verwandtschaft aber wahrscheinlich. Von allen Werken existieren
keine Repliken. Man muss für die Beurteilung des Stiles also auf ei-
nen Kopienvergleich verzichten und das für bare Münze nehmen,
was die erhaltenen Werke zeigen. Immerhin ist die Qualität sehr be-
achtlich, und römische Züge an den Plastiken sind so unausgespro-
chen, dass sie den Stil der Originale jedenfalls nicht zu verfälschen
scheinen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass es bisher nicht
gelungen ist, die Kopien als solche einer bestimmten Epoche der
späten Republik oder der römischen Kaiserzeit zuzuordnen. Die
vorgeschlagenen Datierungen der Kopien vor allem der beiden her-
ausragenden Werke schwankt zwischen der Zeit Caesars und der
Zeit Trajans, also um hundertfünfzig oder mehr Jahre. Nur das Auf-
zeigen einer evidenten Verwandtschaft im Stil oder vielleicht ge-
nauer in der Manier der Marmorbearbeitung bei einer datierten rö-
mischen Kopie könnte zu einer zeitlichen Festlegung führen.

In caesarischer oder trajanischer Zeit konnte man etwas Ver-
gleichbares bisher nicht nachweisen. Es gibt aber eine Skulptur, die
sowohl in der Glätte der Oberflächenbearbeitung als auch in der
spezifischen Form der Plinthe sehr gut vergleichbar ist. An der
Plinthe der Gruppe im römischen Nationalmuseum ist eine ge-
rahmte Tabella für eine nur gemalte, aber spurlos vergangene In-
schrift angebracht. Ein dieser Tabella sehr ähnlicher Rahmen be-
gegnet auch beim sogenannten Jüngling von Subiaco, ebenfalls im
römischen Nationalmuseum, der aus einer Villa Kaiser Neros (54-68
n. Chr.) bei Subiaco - daher der Name der Skulptur - stammt. Man
darf annehmen, dass er eine von Nero bestellte Kopie eines helleni-
stischen Werkes ist. Da die Oberflächenarbeit beim Jüngling von
Subiaco sehr ähnlich ist wie bei den Kopien der "Grossen Gallier",
kann man daraus eine Entstehung dieser Kopien in der Zeit Neros
(54-68 n. Chr.) ableiten. Das ist für die Geschichte des Denkmals
nicht uninteressant.

Nero hatte nämlich auf einer hellenistischen Rundbasis im Heilig-
tum der Athena zu Pergamon eine eigene Statue aufstellen lassen.
Das geht aus der Inschrift hervor, die bei der Zweitverwendung der
Rundbasis angebracht wurde. Im Magazin des Pergamonmuseums
zu Berlin ist überdies eine in der Nähe der Rundbasis gefundene
Schädelkalotte einer Kolossalstatue gefunden worden, die nocli die
Löcher für einen Kranz von Strahlen rings um das Haupt zeigt. Sie
könnte, nach dem Stil zu urteilen, zu einer Statue Kaiser Neros als

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