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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0143

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Der Pergamonaltar: Nordfries

Zweikampf und
Qbertoältigungsgruppe

rechten Hand geschobenem Schlagring und mit einem kleinen
Schlitzschild in der Linken. Er breitet seine leicht gewinkelten Arme
nicht deshalb aus, weil sein Körper dann eine dekorative Figur bil-
det, sondern diese Armstellung ist eine sorgfältig eingeübte An-
griffshaltung, mit der die Schlagringkämpfer ihren Gegnern ge-
genübertraten. Der Künstler hat sich diese eingeübte Armhaltung
und Beinstellung zunutze gemacht, um den vorderen, dekorativ
ausgebreiteten Körper gegen den ihn umschlingenden hinteren auf-
fällig abzusetzen. Die Spannung, in die der Betrachter sich versetzt
sieht, ist kalkuliert. Er soll die in diesem Augenblick festgehaltene
Bewegung in Gedanken fortsetzen und vollenden. Der gezahnte
Schlagring, in dessen Ösen die Finger der rechten Hand stecken,
fährt im nächsten Augenblick dem Beisser mit voller Wucht an die
Stirn und zertrümmert ihm den Schädel. Der Gott befreit sich im
wahrsten Sinn des Wortes mit einem Schlag aus der scheinbar ver-
zweifelten Lage. Es ist der einzige so hart von einem Giganten be-
drängte Gott, der aber gleichwohl alles andere als besiegt ist. Man
hat vielmehr den Eindruck, dass der Gigant in fürchterlicher Wut
aus den Augenwinkeln auf die Waffe seines von ihm vergeblich ge-
fesselten Gegners starrt, als könne er sie aufhalten. Doch der ande-
re wird aufgrund seines Trainings in einer überlegenen Nahkampf-
technik am Ende gewinnen. Als Benennung der beiden göttlichen
Kämpfer in dieser miteinander verzahnten Gruppenabfolge hat
man die Dioskuren Kastor und Polydeukes vorgeschlagen, von de-
nen der erstere als sterblich, der zweite als unsterblich galt. Der
Sterbliche könnte der in Gefahr geratene Schlagringkämpfer sein.

Die rechts folgende, auf zweienhalb Platten verteilte Kampfgrup-
pe lässt sich durch ein in die englische Privatsammlung Fawley-
Court gelangtes Fragment ergänzen. Hier stehen sich zwei fast
nackte Männer gegenüber, der eine von vorne, der andere vom
Kücken gesehen, und holen gegeneinander zum Schlage aus. Der ei-
ne, rechts, trägt ein Gewandstück, der andere, bärtige, links, das
Tierfell einer Grosskatze, das mit den herabhängenden Pranken

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