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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0164

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Neue Entdeckungen zum Pergamonaltar

Auch Seite 161:
Asklepios des
Phyromachos,
Syrakus,
Mus. Reg.
Um 175 v. Chr.

tergottes in Syrakus eine Kopie des aus der antiken Kunstliteratur
bekannten Asklepios von Pergamon ist, eines Hauptwerkes des
berühmten Bronzegiessers und Malers Phyromachos von Athen.
Der Kopf dieses Götterbildes ist auf pergamenischen Münzen abge-
bildet und lässt sich Locke für Locke mit dem Kopf in Syrakus ver-
gleichen (S. 120).

Von Phyromachos, der im Altertum neben Myron, Phidias, Poly-
klet, Skopas, Praxiteles und Lysipp als der siebte der grössten grie-
chischen Bronzegiesser und Bildhauer angesehen wurde, waren bis-
her schon drei Werke in römischen Kopien bekannt: das Bildnis des
Philosophen Antisthenes, der Gigant aus dem Attalischen Weihge-
schenk von der Akropolis zu Athen und Reliefkopien eines in der
Bibliothek von Pergamon aufbewahrten Gemäldezyklus von
Schlachten der Götter gegen die Giganten, der Athener gegen die
Amazonen, der Griechen gegen die Perser und der Pergamener ge-
gen die Gallier.

Das in der Marmorkopie des mächtigen Lockenhauptes von Sy-
rakus neu bekannt gewordene Hauptwerk des Phyromachos, sein
Asklepios, führte die Forschung zu einem aufregenden Ergebnis.
Der markante und unverwechselbare Stil des Kopfes stimmt in allen
Zügen so eng mit dem Stil des Pergamonaltares überein, dass man
in Phyromachos den entwerfenden und stilbestimmenden Meister
des Gigantenfrieses erkennen darf. Die kolossale bronzene Sitzfigur
des Heilgottes, von der nur der Kopf in der Marmorkopie von Sy-
rakus überliefert ist, wurde um 175 v. Chr. geschaffen. Die Frage ist
die nach der Priorität. Weitere neue Entdeckungen führen zu dem
unabweisbaren Schluss, dass die Schöpfung des Asklepios der
Schaffung des Pergamonaltares vorausging.

Wenn der Pergamonaltar nach 175 v. Chr. in Auftrag gegeben
wurde, dann kann dies aus historischen Gründen kaum vor 166 ge-
schehen sein. Zu dieser Schlussfolgerung führen nicht weniger als
fünf Hinweise. Die Methoden, mit denen diese Hinweise erlangt
wurden, sind ganz verschiedene, und sie sind von einander völlig
unabhängig; es handelt sich nämlich um historische Fakten, um die
erhaltene Weihinschrift, um mythologische Anspielungen, um die
Künstlergeschichte und um stratigraphische Zeugnisse. Diese fünf
Parameter: Geschichte, Inschrift, Mythologie, Künstlername und
Stratigraphie sind nur im Falle der Spätdatierung in das Jahrzehnt
166-156 v. Chr. miteinander vereinbar.

Erstens, eine historische Anspielung: In der Mitte des Ostfrieses,
den der Betrachter vor sich sah, wenn er den heiligen Bezirk der Al-
tarterrasse betrat, sieht man das nur fragmentarisch erhaltene Vier-
gespann der obersten Göttin Hera mit seinen geflügelten Pferden
dahinrasen. Es hat einen Giganten niedergeworfen, dem der Schild
vom Arm geglitten ist. Der Rundschild rollt in eindrucksvoller Wei-
se unter den Hufen der Pferde dahin. Dieser in den Blickpunkt

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