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Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

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https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0246

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Herakles, Telephos und König Mtthridates VI. von Pontos

jedoch bei genauerer Prüfung als ent-
scheidend wichtig erweist. Das Stirn-
band ist nicht ein Diadem, sondern ei-
ne aus einem weichen Stück Stoff zu
einem Wulst aufgedrehte Binde. Diese
ist mit flotten Meisselhieben so stoff-
lich aus dem Stein herausgeholt, wie
man es nur aus der Zeit des späthelle-
nistischen Verismus kennt. Eine ähnli-
che Binde trägt zum Beispiel eine
halblebensgrosse Tonstatuette eines
hellenistischen Prinzen der Zeit um
100 v. Chr., die wahrscheinlich Antio-
chos VII. Grypos, König von Syrien
(126-96 v. Chr.), darstellt und aus ei-
ner westkleinasiatischen Werkstatt
stammen soll. Dieser Vergleich ver-
weist auf dieselbe Zeit und denselben
Kunstkreis wie diejenigen, aus denen
auch der Herakles Chiaramonti her-
vorgegangen zu sein scheint. Das be-
stätigt sich in überraschender Weise,
wenn man die Efeukorymben beach-
Herakles der Gruppe tet, die, fünf an der Zahl, in regelmässigen Abständen in das Stirn-
Seife 236 mit band eingesteckt sind. Diese traubenförmigen Fruchtbüschel des
Efeukorymben Rankengewächses, das dem Dionysos heilig war, erscheinen hier in
der gleichen charakteristischen, aus sechs oder sieben um eine Bee-
re in der Mitte angeordneten Form wie beim Efeukranz auf den
Rückseiten der Münzen Mithridates' VI. Der perserstämmige, ori-
entalische König wird durch dieses Logo für die Griechen Klein-
asiens als Neos Dionysos ausgewiesen, als den ihn auch sein Beiname
bezeichnete.

.... Auch die eigentümliche Form des aus einem Stück Stoff zusam-

Mithridates' VI mengewundenen Stirnbandes, in das die Efeukorymben des Mithri-

Avers, 88 v. Chr. dates gesteckt sind, ist durch ein bemerkenswertes Zeugnis aus dem

Umkreis dieses Königs bekannt. Der König hatte sich, wie Plutarch
berichtet, in eine schöne Milesierin namens Monime verliebt, die ihm
aber nur folgen wollte, wenn er sie zur rechtmässigen Frau nahm.
Plutarch (Lukullus 18) schreibt: "Diese Monime stand damals in
Griechenland in grossem Rufe, weil sie allen Versuchungen des Kö-
nigs, der ihr sogar fünfzehntausend Goldstücke zuschickte, wider-
stand und sich ihm nicht ergeben hatte, bis er einen Ehekontrakt ge-
macht, ihr das Diadem übersandt und sie dadurch zur Königin er-
klärt hatte." Dieses "Diadem" benutzte Monime, als ihr bei Annähe-
rung der Feinde 64 v. Chr. die Wahl ihrer Todesart freigestellt wurde,

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