Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Andreae, Bernard
Schönheit des Realismus: Auftraggeber, Schöpfer, Betrachter hellenistischer Plastik — Mainz, 1998

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14992#0261

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
42. Rückblick

Überblickt man die Geschichte der hellenistischen Bildhauerkunst
zwischen 300 und 31 v. Chr. als Ganzes, so erkennt man, dass es kein
gradliniger, sondern ein von Umschwüngen, Neuerungen, Wieder-
aufnahmen und auch von einem langatmigen Beharrungsvermögen
bestimmter Ablauf ist, den man aber nicht einfach als beliebig anse-
hen darf. Man erkennt vielmehr - wie in allen anderen Epochen der
Kunstgeschichte - eine nachvollziehbare und nicht umkehrbare Ent-
wicklung des Stiles. Jede Generation entwirft ihre eigenen, durch-
aus benennbaren Ausdrucksmöglichkeiten und Stilformen, die we-
der von dem Vorhergehenden unabhängig sind noch von den zeit-
genössischen historischen Ereignissen und von den soziologischen
Gegebenheiten der Auftraggeber und des Zielpublikums absehen.
Der Prozess ist deshalb verwickelt, aber nicht so verwirrend, dass es
erlaubt wäre, die den Zeitstil am deutlichsten verkörpernden Mei-
sterwerke um eine oder mehrere Generationen hin- und herzu-
schieben. Ihr Stil lässt sich auch in den römischen Kopien noch er-
kennen und beschreiben, auch wenn er in den wenigen zeitlich fi-
xierten Originalen noch deutlicher anschaulich wird als in den
durch ihren eigenen Zeitstil wie mit einer Schicht überlagerten Ko-
pien. In jedem Fall kann man darunter den Stil des Originals noch
entdecken und dem Zeitpfeil nachgehen, mit dem die aufeinderfol-
genden, voneinander nicht gänzlich unabhängigen Leistungen der
hellenistischen Plastik ausgestattet sind. Man erkennt, wie ein Mei-
ster auf den anderen eingeht, von ihm lernt, an ihn anknüpft, seine
Eigenart durch eine neue, eigene zu ersetzen versucht. Stünden
noch mehr durch äussere Indizien sicher datierte grosse Werke hel-
lenistischer Plastik zur Verfügung oder wollte man die wesentlich
zahlreicheren, aber nur aufgrund stilistischer Kriterien zu datieren-
den hellenistischen Skulpturen heranziehen, so würde man dies ge-
wiss noch klarer erkennen können.

Doch diese vielen und darunter nicht wenige überragende Schöp-
fungen hellenistischer Plastik mussten hier unberücksichtigt blei-
ben, weil es zunächst darum ging, den Verlauf der Kunstentwick-
lung ausschliesslich an solchen Werken nachvollziehbar zu machen,
die in der Überlieferung ein festes Datum haben. Die Versuchung,
wenigstens einige Worte auch über die vielen anderen Werke zu sa-
gen, die als Inbegriff hellenistischer Kunst berühmt sind und in ei-
nem Überblick eigentlich erwartet werden, war während der Nie-
derschrift dieser Abhandlung immer wieder gross. Die trunkene Al-
te, das Mädchen von Antium, die Schindung des Marsyas und das
heisst auch der Arrotino, der kiende Schleifer von der Tribuna in
Florenz, der Barberinische Faun, die Pasquinogruppe und die Grup-
pe der Blendung Polyphems, der Reitende Knabe vom Kap Artemi-
sion, das Bildnis Homers im hellenistischen Blindentypus, der Po-

RÜCKBLICK

Ptolemaios 1. Seite 37
305 v. Chr.

Menander Seile 43
290 v. Chr.

Danoathenes Seite 52
280 v. Chr.

257
 
Annotationen