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Apfelstedt, Heinrich Friedrich Theodor [Hrsg.]; Fürstlich-Schwarzburgischer Alterthumsverein [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen (Band 2): Die Oberherrschaft — Sondershausen, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.19417#0115
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Langewiesen.

Geläute bilden, wurde die grosse 1715 von Johannes Feer zu Rudolstadt, die mittlere
und die kleine aber wurden 1730 zum Andenken an das zweihundertjährige Jubiläum
der Uebergabe der Augsburgischen Confession von A. J. H. Graulich daselbst ge-
gossen, die mittlere mit der Inschrift: @aU M}M fihs kweg unir Branii üttb ivfyftU
ficrh üüt Unit.

Die Kirche St. Petri, an der Südseite der Stadt auf dem sog. Petersberge
gelegen, ist nicht blos sehr alt, sondern auch etwas baufällig. Gottesdienst findet in
derselben nicht mehr statt; doch wurden lange Zeit hindurch bei'den sogen, grossen
Leichen in ihr die Leichenpredigten gehalten. Etwas Altertümliches und zugleich
AVerthvolles hat sie nicht aufzuweisen; an der Kanzel befinden sich zwar fünf alte aus
Holz geschnitzte männliche Figuren mit langen weissen Bärten, sie sind aber ohne
allen Kunstwerth. — Zur Zeit des Katholicismus war sie eine vielbesuchte Wallfahrts-
capelle, und namentlich wurde vom Kloster Paulinzelle aus alljährlich eine feierliche
Procession nach derselben gehalten. Man erzählt sich noch, dass die Wallfahrer, sobald
sie auf ihrem Wege das südwestlich von Wümbach gelegene Thal, die letzte Station
vor Langewiesen, erreicht, das Gratias angestimmt und unter diesem Gesänge bis
zur Kirche St. Petri gezogen wären. — Jenes Thal heisst noch das Gratiasthal. —

Bis zur Einführung der Reformation war L. Filial von Gehren, von dessen beiden
Geistlichen vornehmlich der Capellan die kirchlichen Amtshandlungen dort verrichtete;
nachher erhielt der Capellan zwar seinen Wohnsitz zu L., aber er galt eigentlich noch
immer als der zweite Geistliche von Gehren, und beide Geistliche wechselten auch
Sonntag um Sonntag den Ort ihrer Amtsgeschäfte. Erst im Jahre 1618 wurde dieses
Verhältniss aufgelöst, und L. hatte von da an seinen Geistlichen für sich allein.

Ehemals sollen sich zu L. zwei Klöster befunden haben, das eine in der Kilian-
strasse, das andere in der Mönchsgasse gelegen; während sich aber von jenem nicht
die geringste Spur mehr vorfindet, sind von diesem noch die Oekonomiegebäude vor-
handen. Letztere stehen am Wege nach Oehrenstock und sind in Wohnungen, die sog.
Tatschenhäuser, umgewandelt worden; von denselben ist noch ein jährlicher Erbzins
an die Liebfrauenkirche zu entrichten. — Ausser dem vorstehend Mitgetheilten hat
sich aber über die Gründung, den Bestand und die Aufhebung jener Klöster keine
Kunde erhalten. —

Alte merkwürdige Profangebäude hat die von grossen Feuersbrünsten heim-
gesuchte Stadt nicht aufzuweisen; doch dürfte das Gasthaus zum Fürstenhof in-
sofern zu erwähnen sein, als es einst das Wohngebäude der fürstlichen Domaine da-
selbst war. Diese bestand bis 1822, in welchem Jahre sie der Stadtgemeinde käuflich
überlassen wurde. — Gleicherweise sind noch die Gebäude eines ehemaligen, zuletzt
der Familie von Hopfgarten zugehörigen Ritterguts zu erwähnen, welche, obwohl
kein Rittersitz mehr, noch immer von einem Wassergraben, dem sog. Hofgraben,
umgeben sind.

L. ist schliesslich noch als Geburtsort des als guter Tonsetzer berühmten
Gehra, geb. 1715, gest. 1785 in der Stadt Gera, anzuführen, und des noch berühm-
teren Aschaffenburger Bibliothekars Johann Jacob Wilhem Heinse. Der letztere,
ein Sohn des damaligen Bürgermeisters daselbst, wurde 1740 geboren und starb 1803,
und unter seinen zahlreichen Schriften ist Ardinghello oder die glückseligen Inseln
die vorzüglichste.

Geschichtliches. Ueber die Gründung von Langewiesen geht die Sage, dass
 
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