Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 4.1880

DOI Artikel:
Benndorf, Otto: Ausgrabungen in Ossero
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9394#0080

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
74

sehr alte dreischiffige Basilica sieh auszeichnet, welche im Jahre
1492, wie eine Inschrift besagt, im Renaissancestil umgebaut worden
ist und einen östlich vom Chor separirt stehenden viereckigen
Glockenthurm besitzt. Die Ursache des Verfalles liegt hier deut-
licher vor als bei mancher anderen Stadt im Osten des adriatischen
Meeres, welche nach einer glänzenden Vergangenheit gegenwärtig
dasselbe Schicksal eines raschen Niederganges theilt. Ossero ist
vollkommen isolirt, durch hohe Gebirge geschieden von den reichen
dem Weltverkehr geöffneten Buchten von Lussin piccolo und Cherso,
an denen sich die Hauptstädte der beiden Inseln gebildet haben
und in raschem Wachsthum weiter entwickeln: der Reitweg nach
Lussin piccolo besteht erst seit Kurzem und über die Berge nach
Cherso führt nur ein schlechter Saumpfad. Seine historische Existenz
dankt der hafenlose Ort lediglich der schmalen Wasserscheide beider
Inseln, welche bei der noch jetzt gefürchteten grossen Unsicherheit
des ganzen Quarnero in Zeiten vorwiegender Küstenschiffahrt offen-
bar einmal grossen Werth besass. Als sie diese maritime Bedeu-
tung einbüsste, verlor auch die Stadt ihre Bedeutung und die heu-
tigen Zustände bieten ein überraschend trostloses Bild von insularer
Verkommenheit. Die Gegend ist ungesund, von Fiebern heimge-
sucht und spärlich bebaut. Das Getreide wird in Handmühlen ge-
mahlen. Dem aus besseren Zeiten stammenden Schulgebäude fehlte
der Lehrer, ein angeblicher Arzt hatte seine Praxis verlassen und
war nach Bosnien gezogen, eine Pharmazie ist nicht vorhanden.
Der Geistliche ist Alles in Allem, obwohl er nicht mehr als ein
sehr bescheidenes Brot mit der Armuth zu theilen hat und selbst
leidet unter der Noth eines absoluten Einsiedlerthums, und wird von
der kleinen Gemeinde dankbar wie eine höhere Vorsehung ver-
ehrt. Diese Zustände müssen schon alt sein. Noch heute gilt theil-
weise buchstäblich, was vor mehr als hundert Jahren Fortis über
Ossero niederschrieb, mit verzeihlichem Humor zu seiner Zeit, im
saggio d'osservazioni sopra l'isola di Cherso et Osero Venedig 1771 S. 36:
„ Dugento - cinquanta abitatori formano presentemente la popolazione dl
Osero: quindi n' aviene, che lo Speciale vi fa anche V Avvocato, e che il
Medico vi ara la Terra. Noi restammo molto edißcati del Signor IJottore,
chefacendo valere un terreno abbandonato, risarcisce alla meglio i mali che
pub awr fatti colla Medicina • ma ci parve che il Signor Speziale potesse
ben contentarsi di nuocere con una sola professione.u

Der ehrwürdige Geistliche von Ossero, Monsignor Bolmarsic,
der mich gastlich in seiner einsamen Wohnung aufnahm und auch
durch mannigfache Auskunft bei der Besichtigung seines Antiken-
 
Annotationen