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wollte, und so hat er sie denn still und hoheitsvoll wie eine Gott-
heit im Kreise der Ihrigen waltend hingestellt, von höherem und
völligerem Wüchse, den Athena ihr verliehen (18, 195), ganz wie
Homer sie malt wenn er sie den Freiern gegenüberstellt, die er
dann von dem wundervollen Anblick im Herzen erbeben lässt:

hingesenkt vor die Wangen des Haupts hellschimmernde Schleier
und an den Seiten ihr stand in Sittsamkeit eine der Jungfraun,

eine Stelle die durch öftere Wiederholung gehoben (1, 331; 18, 210;
21, 65) den fruchtbarsten Triebkeim für eine künstlerische Con-
ception enthielt. Unmittelbar verknüpft mit dem Schicksal der
Freier ist die Strafe der bösen Mägde und etwas wie eine Schei-
dung von guter und schlechter Gesinnung scheint sich vor den
Augen der Gebieterin in der That zu vollziehen. Neben Penelope
steht eine ältere Dienerin, etwa die Schaffnerin, die ihr ein Mäd-
chen , welches zum Zeichen von Ergebenheit die Arme über der
Brust kreuzt, mit einem gewissen Ausdruck von Befriedigung vor-
stellt. Abwärts gewandt von dieser wie eine Verurtheilte steht eine
andere, betrübt die eine Hand gegen den leise geneigten Kopf
führend, eine Figur die durch stricte Aehnlichkeit mit einer der
beiden bösen Mägde auf dem vorerwähnten Vasenbilde die ver-
suchte Deutung bestätigen kann. Hohnlachend entfernt sich eine
ältere zweite, durch gemeine Gesichtszüge charakterisirte, welche an
die freche Melantho gemahnt, und wie ein unbemerkter Beobachter
nimmt sich Odysseus aus,, der mit dem gezückten Schwert und einer
brennenden Fackel hinwegeilt, um den vom Mord befleckten Männer-
saal zu reinigen (18, 481).

Westwand

In ununterbrochen langer Reihe enthalten die beiden Friese
der Westwand auf und ab wogende Kampfdarstellungen, ohne dem
verfolgenden Auge äussere Abschnitte und merkliche Ruhepunkte
darzubieten; doch macht sich bei näherer Prüfung eine innere Glie-
derung der Composition in drei inhaltlich gesonderte Theile sofort
geltend. Das nördliche Drittel zeigt eine Schlacht zwischen Grie-
chen und berittenen Amazonen; in die Mitte ist das Bild einer be-
lagerten Stadt gestellt und das südliche Drittel entfaltet in etwas
längerer Ausdehnung eine Griechenschlacht, die an der linken
Wandecke durch die hochgeschnäbelten Schiffshintertheile einer ge-
landeten Flotte begrenzt ist. Wie die parallelen Linien eines
 
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