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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 12.1888

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Reichel, Wolfgang: Ueber eine neue Aufnahme der Françoisvase
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https://doi.org/10.11588/diglit.12269#0047
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langsam vorschreitenden Uebung bedurft, um die eigenthümlichen
Sprachformen und Ausdrucksweisen dieser altertümlichen Malerei
sehen und verstehen zu lernen. Je weiter aber dieses Studium
vordrang, umsomehr wuchs auch das Erstaunen über die unge-
wöhnliche Treue und Sorgfalt, welche die Meister dieser Kunststufe
erfüllte. In überraschend strenger Gleichmässigkeit ist dasselbe
umsichtige Feingefühl, dieselbe gewissenhafte Ausführlichkeit und
miniaturartige Vollendung auf allen Theilen der Vase zu bewundern.
Die griechische Genialität zeigt sich hier im angestrengtesten Fleisse
der Lehrjahre, ähnlich wie im Gebiete der Sculptur bei den neu-
gefundenen Statuen der Akropolis und später den Aegineten.

I

Die Vase wurde bekanntlich in zertrümmertem Zustande und
unvollständig gefunden. Die vorhandenen Bruchstücke, ein halbes
Hundert etwa, hat man geschickt wieder zusammengefügt, indem
die fehlenden grösseren Theile aus Thon hinzumodellirt und nur
mit Wachs glatt überstrichen, kleinere Stücke inmitten der Dar-
stellungen aber malerisch restaurirt wurden. Das später gefundene
Heydemann'sche Bruchstück liegt gegenwärtig neben der Vase.

Das Gefäss ist ein Prachtstück nicht nur durch den Sehmuck
seiner Gemälde, sondern auch als Product der Töpferkunst. Es
ist aus sehr feinem, röthlich gelbem Thon geformt. Seine Höhe
beträgt vom Boden bis zum Mündungsrande 0'56 M., bis zu den
überragenden Henkelrändern 0'66 M.; sein Umfang um den unteren
Rand des Fusses 1 MS.,, an der Einschnürung über dem Fusse 0*63 M.;
der grösste Umfang des Bauches am Henkelansatze 1*81 M., der
des Halses an der Vasenmündung 1*77 M. Der äussere Durchmesser
derselben ist 0-57 M., der innere 0-53 M. Die Dicke des oberen
Randes beträgt 0-018 M. Die Henkel haben eine Höhe von 0'35 M.
und eine Breite von O'll M. In die vier sichtbaren Ecken der
beiden Voluten sind tropfenförmige Thonstückchen eingesetzt.

Nachdem die Vase geformt und getrocknet war, mag sie zu-
nächst mit der dunklen Hauptfarbe bemalt und ein erstes Mal ge-
brannt worden sein; danach wird der Künstler die weisse Deck-
farbe aufgesetzt und die Gravirung vorgenommen haben. Hierauf
musste ein zweites Brennen stattfinden und zum Schlüsse wurde
das ganze Gefäss, wie ich glaube, mit einem feinen, matt glänzen-
den Firniss überzogen. Man bemerkt diesen Firniss an allen an-
tiken Bruchstücken, auch an dem nach der Restauration der Vase
 
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