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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 14.1891

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Hauser, Alois: Ausgrabungen in Carnuntum, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12275#0172
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ausübten als die niedrigeren Theile, sondern auch durch die stärkere
Belastung mit einer verhältnissmäßig größeren Zahl Schaulustiger, eine
größere Last zu tragen hatten. Vielleicht ist die Vermuthung gestattet,
dass, nachdem die Risse so regelmäßig in der Mitte der speichen-
förmigen Mauern auftreten, diese in ihrer äußeren, der Arena abge-
kehrten Hälfte bedeutend höher waren, wie in der nach innen gelege-
nen, das heißt also, dass die Cavea bestanden hätte aus einem Podium
zunächst der Arena, dann ansteigenden Sitzreihen bis zur halben Breite
der Cavea, endlich aber aus einer höher liegenden, gleichfalls anstei-
genden Sitzreihenzone bis zur äußeren Umfassungsmauer reichend.
Für diese letzten Sitzreihen mussten die Speichen höher hinauf reichen
als für die davorliegenden und würde hier eine Brüstungswand aus
Holz oder Stein eine praecinctio begrenzen, welche die Cavea in zwei,
respective mit dem Podium in drei Ränge theilte. Ich komme zu
dieser Vermuthung, namentlich durch den Umstand, dass die Mauer-
risse durchweg in der Linie liegen, welche die Cavea in zwei Zonen
theilt und glaube daher, dass die äußere Zone nicht blos der winkel-
förmigen gleichmäßigen Erhebung der Mauern entsprechend höher an-
stieg, sondern dass hier die Mauern einen diese äußere Zone der Sitz-
reihen noch beträchtlich erhebenden höheren Aufbau erhielten. Die
Grabungen im Amphitheater haben uns an mehreren Stellen auf runde,
in ihren Formen scharf begrenzte senkrechte Erdlöcher geführt, welche
sichtlich zur Aufnahme von stehenden Rundbalken im Durchmesser
von 30 bis 40 Centimeter bestimmt waren. Die Löcher haben sich,
nachdem das Holz zerfiel, als Negativformen der Stützen, die da auf-
gestellt waren, erhalten. Wie aus dem Plane hervorgeht, befinden
sich in derselben Linie der genannten Mauerrisse auch vier solcher
Rundlöcher, die ihrer Lage nach vielleicht irgend eine die Cavea thei-
lende Construction zu tragen hatten.

Bei dem vollen Mangel einer mir zur Verfügung stehenden
Analogie für diese Anordnung, und dem Fehlen aller Theile des
Aufbaues der Cavea muss ich mich begnügen, die Thatsachen nur
erwähnt und die, immerhin zweifelhaften, Vermuthungen ausgesprochen
zu haben.

Gleichgeformte cylindrische Löcher in festgestampfter Erde, wie
oben erwähnt, wurden auch zunächst der Umfassungsmauer der Nord-
west- und Nordostseite des Amphitheaters gefunden und im Plane
genau eingetragen.

Die Grabungen haben außer den genannten Mauern noch eine
Anzahl weiterer Mauerzüge in der Cavea blosgelegt oder auf Stellen
geführt, an welchen die spätere Beseitigung von Mauern und Aus-
füllung der Gräben mit Schutt oder Erde constatiert werden konnte.
 
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