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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 16.1893

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Dell, J.: Ausgrabungen in Carnuntum, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12273#0188
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Form auch hier zur Annahme eines Straßendenkmales Anlass gab.
Das Vorhandensein der Basis in der Mitte spricht aber deutlich gegen
die Anlage einer Straßenkreuzung, um so mehr, da der völlige Mangel
an Straßenpflaster und der überall gleichmäßig ausgebildete Kiesel-
boden als überzeugende Gegengründe hinzutreten. Vielmehr zwingt
die Thatsache, dass das Denkmal sich inmitten eines Gräberfeldes be-
fand, zur Annahme eines Grabdenkmals, dessen oberes Geschoss die
Grabkammer bildete. Im Principe ist diese oberirdische Bestattungs-
art dieselbe wie bei den alten Thurm- und Sarkophaggräbern, jedoch
der colossalen Ausbildung des Denkmales entsprechend hier in einer
wundervollen und imposanten Weise ganz vortrefflich gelöst. Zur
besseren Veranschaulichung mag die in Fig. 12 perspectivisch gegebene
Reconstructions-Studie dienen, in welcher auf der rechten Seite der
nachweisbare Theil bis in die Höhe des Consolengesimses, auf der
linken Seite von diesem Gesimse aus nach aufwärts die sich noth-
wendig ergebende Grabkammer mit einer eindeckenden Construction
von allerdings nur hypothetischer Form dargestellt ist.

Für die Zeit der Erbauung müssen wir uns in erster Linie auf
einige in das Denkmal verbaute Reste stützen. Es sind Inschriften
und Werk- und Ornamentstücke, die am nordwest- und südwestlichen
Pfeiler zur baulichen Verwendung gekommen sind. Am ersteren ist
das Profilstück d in der 3. Schicht unterhalb des Kämpfers an der
südlichen Seite desselben (Pfeiler II des Schnittes durch den Bogen
sowie Detailaufnahme Fig. V), ferner an der Nordseite desselben
Pfeilers ein Ornamentstück in byzantinischem Charakter, leider uner-
reichbar hoch, eingemauert. Am südwestlichen Pfeiler befindet sich
an der Ostseite in der ersten Schicht unterhalb des Kämpfers ein der
Diana Augusta geweihter Altar (e = C. I. L. III 4393, vgl. S p. 1771),
der, wie der von den Legionen geführte Beiname Antoniniana beweist,
unter Caracalla (211—217) errichtet war. Ferner ist an der unteren
Lagerfläche der von oben gezählt dritten Schicht in dem anhaftenden
Mörtelbette eine Inschrift abgeklatscht (f = C. III S p. 1771 n. 11086).
An der nördlichen Seite des südlichen Pfeilers findet sich außerdem
wenig über dem jetzigen Terrain ein roh bearbeitetes Ornamentstück
vor, das aus sich schneidenden Kreisen besteht und nach seiner ganzen
Ausführung kein sicheres Zeitkriterium gewährt. Das charakteristische
Profil des Werkstückes d besitzt eine unverkennbare Ähnlichkeit mit
Denkmälern Centrai-Syriens, die den ersten Jahrhunderten unserer
Zeitrechnung angehören. Diese Ähnlichkeit dürfte so zu erklären sein,
dass nach Carnuntnm versetzte syrische Legionssoldaten als Stein-
metzen Verwendung fanden und ihre Kunst ausübten, so gut sie
dieselbe ihren ausgezeichneten Lehrmeistern im Orient abgelernt hatten.
 
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