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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 18.1895

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Zingerle, Josef: Lekythos aus Eretria
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https://doi.org/10.11588/diglit.12277#0176
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Folterscenen Umschau, so stösst man auf Sklaventorturenoder auf
Gewalttaten von Tyrannen, die ihre Opfer blenden, kreuzigen, ver-
brennen; aber den Marterapparat unseres Vasenhildes gibt es nur ein-
mal — dass musste im Theater jeder Spiessbürger wissen — im Hades.

Peitsche und Feuerbrand sind die ständigen Werkzeuge, mit denen
die grausen Rachegottheiten der Unterwelt, die Erinyen und die ihre
Stelle vertretenden Dämonen des Strafamtes walten; so erscheinen sie
unter anderem auf den unteritalischen Hadesbildern, so malen sie die
Höllenbeschreibungen bis herab zu den christlichen Ausläufern. Im
Orte der Verdammnis, welchen die neuentdeckte Petrusapokalypse
schildert, werden die Sünder von bösen Geistern gegeissclt, und keine
geringere Polle spielt die feurige Pein. Ich habe darauf nicht näher
einzugehen, man tindet alles Einschlägige bei Dieterich i Xekyia p. 58 ff.,
195 ff.; Rohde, Psyche p. 657, 1). Auch die Keule gehört zum Rüst-
zeug der Rachegottheiten (v. Wilamowitz, Herakles II- 174 f. und die
bekannten als ■ö-so? xaxäaßoc, \ho- acoCoov bezeichneten Keulenreiter klein-
asiatischer Votivreliefs ).2)

Deutlicher als durch diese Attribute kann es nicht ausgesprochen
werden, dass man hinter den Gestalten der Satyrn Strafgeister der
Tiefe zu suchen hat. Diese Stellvertretung ist im Satyrspiele von selbst
gegeben, es ist nichts anderes, wenn im Sisyphos des Aischylos die
Satyrn an Stelle des Mystcnchors treten (vgl. Dieterich, a. a. 0.
p. 77K In die Unterwelt führt auch das ins talionis, welches die Satyrn
mit Zange und Fackel vollziehen. Die uralte Satzung der Wieder-
vergeltung besteht, wenn in der Oberwelt, so erst recht im Hades zu
Recht (Dieterich, a. a. 0. p. 206 ff).

Wer mit dem Munde gesündigt, wird auch daran gestraft. In
der Petrusapokalypse werden die den Weg der Gerechtigkeit gelästert,
an der Zunge aufgehängt, falsche Zeugen zerbeissen sich die Zunge
und haben brennendes Feuer im Munde. Die Anwendung dieses Grund-
satzes auf das Versengen der Scham versteht sich von selbst. Ein
lästerndes, lüderliches Weib erhält an den Organen, mit denen sie im
Leben geschadet, im Hades die gebärende Vergeltung. Xicht wenig
aber stimmt zu dieser Auffassung die Thatsache, dass die Bilder, mit
denen die weissen Grablekythen verziert wurden, fast ausnahmslos sich

*) Man findet darüber einiges bei Dieterich, Nekyia p. 202 zsammengestellt
2) Fraglich ist, ob Robert mit Recht in seiner Reconstruction des Polygno-
tischen Unterweltsgemäldes (16. Hall. Winckelmannsprogramm p. 60) das den kpoa-jXo;
strafende "Weib mit der Keule ausstattet; was Dieterich a. a. 0. p. 68 A. 2 für die
Bestrafung durch den Giftbecher vorbringt, ist durchaus zutreffend.
 
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