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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 19.1896

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Gurlitt, Wilhelm: Pettauer Antiken
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https://doi.org/10.11588/diglit.12266#0030
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Legion mit Rücksicht auf die aus diesen Gebieten stammenden Soldaten
seiner Abtheilung33) den Matres Pannoniorum et Dalmatarum weiht, einen
Cult der Matres oder eines nahe verwandten göttlichen Dreivereines in
unserer Gegend anzunehmen haben, wie es Mommsen ausdrückt, gnädiger
Schutzgeister des Geburtsortes des einzelnen Menschen, die ihn mit
ihrem Heimatsegen in die Ferne begleiten. Ihm (S. 70) hat mit Recht
die Matres oder Matronae als gütige Gottheiten der Flur erkannt, die
häuslichen Wohlstand und Fruchtbarkeit des Ackers verleihen; er hätte
hinzufügen können, auch Kindersegen. Nicht nur in Frankreich und in
den Rheinlanden, den eigentlichen Sitzen des Matres- oder Matronen-
Cults, sondern auch in Salzburg und Ober-Österreich34) ■— und dadurch
werden sie für die Frage, die wir hier behandeln, wichtig — sind in
grosser Menge meist recht rohe Terracottafigürchen gefunden worden:
stehend oder sitzend, in der Bekleidung oft an die eigenthümliche Tracht
der „Mütter" erinnernd, tragen sie neben Fruchtkörben, Füllhörnern,
Schalen, Opferthieren auch Kinder. So sitzen fünf Exemplare vom
Bürglstein, bekleidet und mit hoher Haartour, auf Lehnstühlen (wie die
Nutfix Fig. 1) mit zwei Säuglingen an den Brüsten und rufen uns die
Göttin von Capua lebhaft in Erinnerung; ein anderes, ebenda gefunden,
auf lehnenlosem Stuhl (wie Fig. 2) hält ein Wickelkind36) auf dem linken
Oberschenkel, Schale in der Rechten, Füllhorn im linken Arm. Löwi,
der noch zahlreiche ähnliche Figuren mit einem oder zwei Säuglingen
anführt, erinnert mit Recht an die Matres Pannoniorum der Inschrift
und es ist in der That das Nächstliegende, diese Terracotten trotz des
Einspruches Ihm's mit den „Müttern" in enge Verbindung zu bringen.
Somit erscheint die Annahme durchaus berechtigt, dass die Nutrices
Augustae in Poetovio nichts anderes sind als eine in Namen und Dar-
stellungsform stärker romanisierende Variante der Matres oder Matronae,
etwa wie nach Ihin's Auffassung die tres Junones von Aquileja und in

33) Mommsen Archüol. Zeitung 1869 S. 89.

34) F. Löwi Arch.-epigr. Mitth. a. Österreich V (1881) S. 182 ff.: Funde vom
Bürglstein bei Salzburg. Vgl. Katalog der archüol. Ausstellung im k. k. Mus. für
Kunst und Industrie Wien 1893 S. 52 n. 613. Weitere Literaturangaben bei Ihm
S. 53, 2. Das Grazer Antiken-Cabinet hat in diesem Jahre von einem Grazer Antiquar
ein in diese Eeihe gehöriges Terracottafigürchen erworben, dessen Heikunft unbe-
kannt ist. Eine Anzahl solcher Terracotten befindet sich, oder befand sich wenigstens
im Jahre 1877, in der .Sammlung Trau zu Wien, wenn ich nicht irre, aus Frankreich
stammend.

35l Denn was Löwi als „viereckige Platte" bezeichnet, ist offenbar ein nur
angedeutetes Wickelkind: vgl. z.B. die oben angeführte Figur Kekule Sic. Terracotten
Fig. 2c S. 8.
 
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