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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 19.1896

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Sarre, Friedrich: Reise in Phrygien, Lykaonien und Pisidien
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https://doi.org/10.11588/diglit.12266#0052
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befindlichen leeren Baum erkennen, wenn nicht liier eine ziemlich deutlich
wahrnehmbare Verwitterung des Steins, durch die unmittelbare Berührung
mit dem Wasser des Teiches hervorgerufen, zu Tage träte. Augenscheinlich
ist an dieser Stelle ein grosses Stück des Beliefs abgesprungen. Mir
scheint die Darstellung keine Figur, sondern ein Phallus zu sein.

Für diese Deutung sprechen mehrere andere Gründe besser als
die immerhin nicht klar erkennbare Form. Wir haben soeben das Gegen-
relief mit der armlosen Gottheit im Sanctuarium von Boghas-Köi zu
identificieren versucht. In diesem Baum befindet sich daneben ein
zweites, in innerem Zusammenhang mit ihm stehendes Belief (Perrot
Abb. 321): Ein Gott, welcher eine kleinere Gestalt, seinen Priester,
schützend in den Armen hält. Hinter diesen Gestalten ist die schon
oben erwähnte Aedicula angebracht, in der Mitte einen Gegenstand
zeigend, der theils für nicht erklärbar (Humann u. Puchstein a. a. 0.),
theils für einen Phallus (Perrot a. a. 0.) gehalten wird. Eine vollständig
in Kleidung und Kopftypus dem Priester gleichende Figur hält nun in
den Beliefs des grossen Saales von Boghas-Köi wiederum eine Aedicula
in der Hand, bei welcher der sogenannte Phallus durch einen Gott
mit hoher Mütze ersetzt ist (Perrot Abb. 314). Es soll der Oberpriester
dargestellt sein, welcher hier am Eingang zum Sanctuarium eine Aedi-
cula mit dem Abbild seines Gottes in der Hand hält, während dort,
wo er von seinem Gotte selbst geführt wird, in der Aedicula das Abbild
des Gottes durch söin Emblem, den Phallus, ersetzt ist. Die armlose
Göttergestalt, der sich das Paar nähert, wird von Perrot als die Haupt-
gottheit der Cultdarstellungen von Pteria, dem heutigen Boghas-Köi,
icedeutet: eine geschlechtslose Gottheit, „une puissance indererminee et
mysterieuse dont le dien et la deesse qui conduisent les deux corteges
(die beiden Zii^e von Anbetenden im grossen Saal und im Corridor des
Sanctuariums) ne seraient que des emanations et coinme des reflets."

Wenn wir nun in den Beliefs vom Eflatun-Bunar im Bahmen
einer gemeinsamen Aedicula unter der einen krönenden geflügelten
Sonnenseheibe die phantastische Hauptgottheit von Pteria erkannt haben,
so liegt es wohl nicht fern, unter der anderen den zu ihr in engster
Beziehung stehenden Gott, und zwar in dem Bild seines Emblems, des
Phallus, zu erkennen. Wir hätten dann hier die beiden Gottheiten
gleichartig nebeneinander unter einer Aedicula, bekrönt von geflügelten
Sonnenscheiben, während sich darüber eine grössere Aedicula wölbt.
Derartige Baldachine finden sich (Humann und Puchstein a. a. 0.) mit
den Mildern von Göttern in der orientalischen Kunst häufier: es werden
nicht nur eine Gottheit, sondern auch zwei und drei, wie Osiris zwischen
Isis und Nephthys, unter derartige Baldachine gestellt. Auch Herrscher
 
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