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nommen. Von Wichtigkeit ist die Feststellung dieser Thatsachc deshalb,
weil dadurch Mommsens These widerlegt wird, dass vor der Übernahme
der Censur auf Lebenszeit durch Domitian die Kaiser, die nicht
zugleich die Censur bekleideten, das Recht der Adleetion in den
Senat nicht besaßen.13) Unser Fall zeigt, dass einem von ihnen, Nero,
thatsächlich dieses Recht zustand; und es handelt sich keineswegs um
eine singulare Erscheinung.

Wir lesen bei Tacitus in der Geschichte des Vierkaiserjahres:
„Plotium Griphum, nuper a Vespasiano in senatorium ordinem adscitum
ac legioni praepositumu (bist. III 52). Im Bericht über die Senatssitzung
vom 1. Januar 70 erzählt derselbe Autor: ,:et Tettio Itdiano praetura . . .
ablata, ut in Plotium Griphum transferretur" (bist. IV 39). Plotius
Griphus war also von Vespasian, vier Jahre bevor dieser die censoria
potestas übernahm, unter die Tribnnizier aufgenommen worden.11)

Es scheint demnach, dass die Aufnahme in den Senat durch
Einreibung in eine bestimmte senatorische Rangstufe ein von der Be-
kleidung der Censur unabhängiges Vorrecht war, welches diese beiden
Herrscher (Nero und Vespasian)15) in Anspruch nahmen: ob alle Kaiser
vor Domitian, ist bei dem Mangel an Belegen allerdings fraglich. Viclleich-
rührt diese Erweiterung der Rechte des Prinzipats auf Kosten der Cent
sorengewalt gerade aus der Censur des Kaisers Claudius her.

_ EDMUND GROAG.

13) St.-R. II3 944. Mommsens Gegenbeweis (a. a. 0. Anm. 1), der sich auf Tac.
ann. XIV 28 stützt — dasselbe Factum ist auch bei Suet. Nero 15 gemeint —.
betrifft nicht die Aufnahme eines Nichtsenators in den Senat, sondern die Einreihung
eines Senators in eine höhere Eangclasse. Die Bekleidung des Legionscommandos
durch Tribunizier war übrigens keine Seltenheit. — Auch dass gerade von Claudius
und Vespasian so viele Adlectionen bekannt sind, will nicht viel besagen. Offenbar
haben diese beiden Kaiser als Censoren die Adleetion in größtem Maßstabe durch-
geführt — weshalb auch öfter, doch lange nicht ausnahmslos (vgl. Euggiero, Diz.
epigr. s. v. Allectio), ihre Censur auf Inschriften solcher Adlecti erwähnt wird —,
während die anderen Kaiser nur in vereinzelten Fällen von diesem ihrem Hechte
Gebrauch gemacht haben werden.

14) Wenn Tacitus hist. II 82 von Vespasian aus der Zeit unmittelbar nach
dessen Proclamierung berichtet „plerosque (amicorum) senatorii ordinis honore per-
coluit, egregios viros et mox summa adeptosa, so wird auch hier nicht an die Er-
theilung des latus clavus an junge Leute, sondern an die adlectio inter quaestorios,
tribunicios oder praetorios zu denken sein.

15) Dass in der sogenannten Lex de imperio Vespasiani (CIL VI 930) von dieser
Befugnis nicht die Rede ist, steht dem nicht entgegen; die Erwähnung kann in dem ver-
loren gegangenen Theile der Lex gestanden haben. Denkbar wäre auch, dass Vespasian
dem Senate zu Gefallen vorübergehend auf dieses Becht verzichtete, um es dann mit
der Censur wieder an sich zu nehmen.

Archäologisch eplgraphiiobfl Mittheilunffen XX, 1. 4
 
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