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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 1
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Schumacher, Fritz: Die baulichen Anregungen des "Heiligen Berges von Orta"
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0031

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hier zu dem Zentralgebilde mit ringsherum ge-
führtem Stützenkranz — vgl. die Abb. 3.

Damit wird an eine der vornehmsten Aufgaben
gerührt, welche die Renaissance sich gestellt hat,
eine Aufgabe, die sich als logisches Endglied
einer Entwicklungsreihe darbietet, und die doch
verhältnismäßig selten ausgeführt ist.
Bramante's Tempietto ist die bekannte Verwirk-
lichung dieses Gedankens (Abb. 4). Die „Capeila
nonfinita"unddiefünf zehnte Kapelle (Abb.5) des
„Heiligen Berges" von Orta stellen sich unmittel-
bar neben Bramante's kleines Meisterwerk. Die
„Cap. non finita" (Tfl. 3) und der Tempietto zei-
gen dabei unverkennbar den gleichenTypus, wäh-
rend die 15. Kapelle aus der nämlichen Aufgabe
einen wesentlich anderen Charakter entwickelt.
Der feine Schwung dieses Bogenkranzes ist et-
was Neues, und doch kennen wir ihn, er er-
innert uns an einen berühmten Bau, der zwar
nie ausgeführt wurde, uns aber doch wie ein
Werk der Wirklichkeit vertraut ist: dem Tem-
pel, der im Hintergrunde von Rafael's „Sposa-
lizio" steht (Tfl. 4). Hier handelt es sich auch,
wie bei der 15. Kapelle, um einen Kernbau
mit offenem Säulenumgang, die Säulen dieses
Umgangs tragen nicht wie beim „Tempietto"
ein gerades Gebälk, sondern, wie die Kapelle 15
ein Bogensystem, so daß die Verwandtschaft
dieser beiden Bauten deutlich hervortritt.
Ein Vorfahre dieses Rafael'schen Bauwerkes ist
auf Perugino's gleichartigem Bilde vorhanden
(Tfl. 4), und auch ihn in diesem Zusammen-
hange zu betrachten, gewährt ein gewisses Inter-
esse: er zeigt einen Achteckbau, der nach ähn-
lichem Prinzip wie die neunte Kapelle kleine
Vorhallen von vier der Achteckseiten aus zen-
tral entwickelt. Rafael ist in der Weiterbildung
dieses Typus und in der Harmonisierung des
Motives einen Schritt vorwärtsgegangen, er legt
gleichsam die Vorhalle als Kranz rings um den
ganzen Bau und zerlegt dabei, ähnlich wie das
in der achten Kapelle des „Heiligen Berges" ge-
schieht, das Rund der umgebenden Halle in die
geraden Seiten eines vielgliedrigen Polygons. So
reihen sich diese beiden gemalten Schöpfungen
mitten zwischen die Typen des Heiligen Berges.
Rafael wagte es noch nicht, die Bogen, welche
die Säulen tragen, die Schwingung des Rundes
mitmachen zu lassen, diese letzte Konsequenz
zieht erst der Architekt unserer Kapelle 15. Sem
Werk ist trotz aller Einfachheit und Selbstver-
ständlichkeit der Wirkung eine kühne Leistung,

Abb. 5. Kap. 15, Aufriß (nach Goldhardt)

Kap. 7.

Kap. 12.

Kap. l 3..

Abb. 6. G rundrisse einiger Kapellen des „Hei-
ligen Berges" von Varese (nach Goldhardt)

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