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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 11.1895

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11. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.35081#0109
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Stuttgarter Rathauskonkurrenz.

Wir geben in dem vorliegenden Heft eine allerdings durch den
Rahmen der „Architektonischen Rundschau“ beschränkte
Anzahl der hervorragendsten Entwürfe, welche dieser bedeutsame
Wettbewerb veranlasst hat. Die Beteiligung an diesem Wettbewerb
war eine noch nie dagewesene, da nicht weniger als 202 Entwürfe
zur Beurteilung gelangt sind, und im günstigsten Zahlenverhältnis
zu dieser grossen Anzahl stand gegenüber früheren Wettbewerben
eine lange Reihe vorzüglicher und brauchbarer Entwürfe, so dass wir
unserm Bedauern Ausdruck geben müssen, so manche interessante
Arbeit unsern Abonnenten nicht vor Augen führen zu können.
Zum Verständnis der publizierten Pläne geben wir in Nach-
stehendem eine gedrängte Zusammenstellung der Programm-
bestimmungen für den Wettbewerb.
Im Gebäude war unterzubringen:
Beim Haupteingang eine geräumige Vorhalle, ferner Haus-
meisterzimmer, Ratswache mit Telephonumschaltezimmer.
An Sitzungsräumen: Ein Sitzungssaal der bürgerlichen Kolle-
gien (200 qm) mit Galerie, ein Vorsaal (70 qm) mit anstossendem
Sprechzimmer, ein Kommissionssitzungssaal (80 qm) und ein
Kommissionssitzungszimmer (50 qm); ferner ein Trausaal (80 qm).
Die genannten Räume sollten unter sich und zur Haupttreppe in
solcher Verbindung stehen, dass sie sich auch zur Verwendung
bei festlichen Anlässen eignen. Im weiteren waren für den
Oberbürgermeister und den besoldeten Gemeinderat Räume von
zusammen 140 qm, für den Obmann des Bürgerausschusses ein
Zimmer von 40 qm, für das Sekretariat 60 qm, den Stadtschult-
heissenamtsaktuar 60 qm, die Handbibliothek 70 qm und für einen
Büchersaal 100 qm vorzusehen.
An Kanzleien sollten untergebracht werden: Für das Güter-
buchs- und Brandversicherungsamt, die Gebäude- und Brand-
versicherungs-Schätzungskommission und den Stadtdirektions-
geometer zusammen 255 qm, für die Pfand- und Kaufratsschreiberei
380 qm, die Forstverwaltung 30 qm, die Stadtpflege 450 qm, die
Steuereinnehmerei 130 qm, das Tiefbauamt 600 qm, Baurats-
schreiberei, Bauregistratur und Bauschauamt 410 qm, den Stadt-
geometer 60 qm, Zeugnisbüreau etc. 150 qm, Verwaltungsregistratur
100 qm, Standesamt 170 qm, Steuerratsschreiberei 150 qm. An
Registraturräumen und Aktendepots, welche beliebig auch im
Untergeschoss untergebracht werden durften, waren verlangt
ca. 580 qm. Im übrigen war noch ein Ratskeller vorzusehen.
Das Preisgericht bestand aus den Herren:
1. Hofbaudirektor von Egle, Stuttgart;
2. Geh. Regierungs- und Baurat Professor Ende, Berlin;
3. Bürgerausschussobmann Kommerzienrat Kuhn, Stuttgart-Berg;
4. Stadtbaudirektor Licht, Leipzig;
5. Stadtbaurat Mayer, Stuttgart;
6. Oberbürgermeister Rümelin, Stuttgart;
7. Geh. Baurat Professor Dr. Wallot, Berlin-Dresden.
Bei der Beurteilung der
Pläne ging dasselbe von
nachstehenden Gesichts¬
punkten aus:
1. Die Preisrichter waren
überwiegend der An¬
sicht, dass bei den nicht
grossen Abmessungen
des Bauplatzes eine
zweihofige Anlage nicht
zu empfehlen sei.
2. Eswurdeausgesprochen,
dass für die Gestaltung
der Baumassen im all¬
gemeinen bei den be¬
wegten Linien der den
Marktplatz umgebenden

Häuser eine ruhigere, mehr systematische Anordnung vor
einer malerischen den Vorzug verdiene.
3. Als Mängel wurden bezeichnet:
a) die Wahl eines mit dem ganzen architektonischen
Charakter des Marktplatzes in zu grossem Widerspruch
stehenden Baustils;
b) die Aufnahme des Trauungssaals in ein von den übrigen
Sälen getrenntes Stockwerk oder auch sonst die An-
ordnung der Hauptsäle in einem ungenügenden, deren
einheitliche Verwertung zu Repräsentationszwecken er-
schwerenden Zusammenhang;
c) die Verlegung der Zimmer des Oberbürgermeisters und
des besoldeten Gemeinderats ausschliesslich auf die gegen
die engen und verkehrsreichen Hirsch- und Eichstrasse
gelegenen Nebenseiten;
d) ungünstige Anordnung der Treppen namentlich bezüg-
lich ihrer Lage zum Eingang des Vorsaals des grossen
Sitzungssaals;
e) die Ausserachtlassung allseitig genügender Lichtzufuhr
ins Innere des Gebäudes, namentlich zu den Korridoren
(Mittelkorridore, indirekt beleuchtete Räume u. dergl.).
4. Kein wesentliches Gewicht wurde darauf gelegt, ob zur
Ausschmückung des Baues nur ein Dachreiter oder ein Turm
gewählt, und ob letzterer an eine der beiden Seiten oder mehr
in die Mitte — z. B. an den Schnittpunkt der verlängerten
Längsachsen der Münz- und Kirchstrasse — gelegt worden war.
Der Beschluss des Preisgerichts lautete wie folgt:
Drei II. Preise ä 5000 M. Den Entwürfen:
Nr. 100. Motto: „Der gepriesenen Stadt“.
„ 137. „ „Moi’rn Stuagert“.
„ 171. „ „1. V. 95“ (in blauem Kreis).
Zwei III. Preise ä 3000 M. Den Entwürfen:
Nr. 29. Motto: „Neckarthal“.
„ 63. „ „Fahr wohl“.
Zwei IV. Preise a 2000 M. Den Entwürfen:
Nr. 5. Motto: „Einst und Jetzt“.
„ 73: „ „1895“ (mit schwarzrotem Wappen).
Als deren Verfasser ergaben sich:
Nr. 100. Die Herren Architekten L. Neher und A. von Kauff-
mann, Frankfurt a. M.
„ 137. Die Herren Architekten Kuder & Müller, Strass-
burg i. E.
„ 171. Die Herren Job. Vollmer, Architekt, Professor an
der kgl. Techn. Hochschule in Berlin, und Heinrich
Jassoy, Architekt daselbst.
Die Herren Architekten Semper & Krutisch, Hamburg.
Herr Theodor Kösser, Architekt in Leipzig.
Herr Paul Peters, Stadtbauinspektor in Charlottenburg.
Nr. 73. Herr Architekt
Hermann Billing,
Karlsruhe.
Im weiteren wurden
Nummern 33, 41, 56,
105, 157 und 185 zum An-
kauf um den Preis von je
1000 M. empfohlen, als
deren Verfasser sich die
Architekten S pal ding &
Grenander in Berlin,
Eisenlohr & Weigle in
Stuttgart, Beisbarth &
Früh in Stuttgart, Professor
Georg Frentzen in
Aachen, J. Kröger in Berlin
ergaben.

29.
63.
5-



Für die Redaktion verantwortlich Baurat Carl Weigle in Stuttgart.
 
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