Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 19.1903

DOI Heft:
1. Heft
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43187#0011
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1903

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 1

««Neue Formen.««


Deutsche Ornamentik.


Bekrönung des
Parfümerie-Pavillons
auf der Pariser
Weltausstellung
1900.

Architekt: Professor
Karl Hoffacker in
Karlsruhe.
Ausgeführt von •
Boswau & Knauer
in Berlin.

Ja'ir vergansen’ se^
R IwB w'r C'en neufeesc^ia^enen
töJSfe Textteil unserer Rundschau
mit einem kurzen Ausblick auf die
vielseitigen und einander oft wider-
streitenden Bestrebungen in der
Architektur und im Kunstgewerbe
der Gegenwart einleiteten: Ein
Jahr, eine kurze Spanne Zeit nur
für das rastlose künstlerische Rin-
gen und Streben unserer Tage, zu
kurz, als dass man in ihr die end-
gültige Lösung der Probleme er-
warten dürfte, an der Generationen
arbeiten.
Und doch hat uns dies Jahr
eine solche Fülle neuer Schöpfungen
und anregender Gedanken gebracht,
dass es sich wohl verlohnt, die
Bilder, welche in bunter Reihe an
uns vorübergezogen sind, zur
Jahreswende rückwärts blickend
nochmals zusammenzufassen, um
daraus die Zeichen der Zukunft zu
deuten.

Mehr als einmal haben wir im vergangenen Jahre Ver-
anlassung gehabt, darauf hinzu weisen, wie die Architektur
stetig und zielbewusst daran weiter arbeitet, eine auch in
künstlerischer Hinsicht befriedigende Lösung für die grossen
Bauformen der Neuzeit zu finden, die der Bauingenieur kon-
struktiv bereits in vollendeter Weise gelöst hat. Gilt es doch
nicht nur, wie in vergangenen Zeiten, bereits vorhandene,
zum Teil von vielen einander folgenden Geschlechtern langsam
entwickelte und durchgearbeitete Grundtypen den fortschrei-
tenden Ansprüchen gemäss umzubilden: die aus den völlig
veränderten neuzeitlichen Verkehrsverhältnissen hervorgegange-
nen neuen Gebäudearten, wie die gewaltigen Bahnhofshallen
und die Geschäftshäuser der Grossstädte, die den in fort-

gesetzter fabelhaft schneller Entwickelung begriffenen Bedürf-
nissen genügen sollen, sind die neuen Bau typen, welche
die Gegenwart den überlieferten Grundformen der Tempel und
Dome, der Theater und Rathäuser an die Seite gestellt hat.

Völlig neue Aufgaben von so hervorragender Be-
deutung, welche die Entwickelung neuer konstruktiver
Gedanken fördern, führen, wie die Baugeschichte aller Zeiten
lehrt, ganz von selbst auch zu neuen künstlerischen Ver-
suchen in betreff der Raumgestaltung. Ihre Ergebnisse sehen
wir in den gewaltigen offenen Hallen des Wertheimschen
Warenhauses von Messel, in den Schwimmhallen der Neuen
Berliner Badeanstalten von Ludwig Hoffmann und des Müller-
sehen Volksbades in München von Hocheder, in der Halle
der vorjährigen Dresdener Kunstausstellung von Kreis, wie in
der Kuppelhalle D’Aroncos in Turin und manchen Bauten der
Düsseldorfer Ausstellung, insbesondere im Innern von Schu-
machers Gebäude für den Bochumer Verein.
Neue Formen und Baugedanken zeigten die Entwürfe für
das Hamburger Bismarckdenkmal und die Räume der deut-
schen Abteilung in Turin, neue eigenartige Gestaltung zeigen
aber auch unzählige Bauten, welche den älteren Gebäude-
typen angehören, für welche das in Jahrhunderten langsam
entwickelte Bauprogramm im grossen und ganzen gültig
geblieben ist, nur hier und da, wie bei den Schulen und
Rathäusern, durch die Fortschritte der neuzeitlichen Technik
und des Verkehres, wie durch hygienische Anforderungen be-
einflusst.
So kann die oft gehörte Behauptung wohl für endgültig
abgethan gelten, die Architektur habe der neuen Kunstrichtung
lange ziemlich fremd gegenüber gestanden und sei erst all-
mählich von dem mutig und selbständig erfindenden Kunst-
gewerbe ins Schlepptau genommen worden, halte aber auch
jetzt noch mit dem Kunstgewerbe nicht gleichen Schritt, weil
sie die neuen Gedanken nur langsam und bruchstückweise
verarbeite.
So kann wohl eigentlich nur der Laie urteilen, der unter
Architektur etwa nur die Fassade mit ihren Schmuckformen
versteht und den Unterschied in der Bedeutung übersieht,
welche der Einzelform und deren Schmuck, dem Ornament,
für die Schöpfungen der Architektur einerseits und für die
Werke der Kleinkunst andererseits beizumessen ist.
Das Ornament steht heute noch wie vor Jahresfrist
im Mittelpunkt des Interesses. Nicht mit Unrecht hat es
Dr. Zimmermann in Dresden kürzlich das Schmerzenskind der
modernen dekorativen Bewegung genannt. Spiegeln sich doch
in der verschiedenen Auffassung vom Wesen und der Auf-

Details der Fassade des Wohnhauses
Rehkopf in Linden bei Hannover.



Architekt: Alfred Sasse in Hannover.
Ausgeführt von Boswau & Knauer in Berlin.

1
 
Annotationen