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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 20.1904

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Heft 8
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Neue Schmiedearbeiten
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Beschreibung der Abbildungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44901#0073

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1Q04

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 8

Schmiedeeisernes Gitter. Entwurf: M.J. Gradl in Stuttgart. Ausgeführt von A. Irion daselbst.
Aus: Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins.


in ihrer Anordnung völlig willkürlich erscheinenden Schmuck-
formen in innigstem Zusammenhänge stehen mit dem inneren
Eingerichte, dessen Einzelteile durch die anscheinend planlos
aufgesetzten Niete zusammengehalten und befestigt werden.
Noch deutlicher wird der Einfluß der Materialbemeisterung
auf die Entwicklung der künstlerischen Einzelformen und des
künstlerischen Aufbaus ersichtlich aus der durchgreifenden
Wandlung, welche die Einführung der kantigen Walzeisenstäbe
namentlich in der Gestaltung der großen monumentalen Gitter-
werke der Barockzeit hervorgebracht hat. Ähnliche Bedeutung
hat in neuerer Zeit die Verwendung der Profileisen und Mannes-
mannröhren für Arbeiten in großem Maßstabe gewonnen.
Als eine andre, die Einzelformen umwandelnde technische
Neuerung haben wir schon vor einiger Zeit (vergl. Beilage zu
Heft 2 vorigen Jahrgangs) das von Paul Marcus angewendete
O. Stollbergsche Verfahren beschrieben, nachdem aus Rohr-
enden Bundprofile, Blattkelche und Spitzen aller Art hergestellt
werden. Ein Beispiel der Verwendung solcher Spitzen und
Kelche zeigt die Abbildung einer Gittertür auf S. 61.
Beurteilt man nach solchen Gesichtspunkten die neueren

Leistungen der Schmiedekunst, so wird man dem Zurückgehen
auf oft recht ursprüngliche Weisen der Ausführung und des
Zusammenbaus keinen Geschmack abgewinnen können, sicher
wenigstens nicht, wenn man die Arbeiten nicht lediglich als
Mittel zum Zweck, sondern als Erzeugnisse eines hochstehen-
den Kunstgewerbes gelten lassen will. Der Einwand, daß ein
Balkongitter ja nur die Öffnung zwischen den Steinpfeilern zu
schließen und das Linienempfinden des Künstlers auszudrücken

habe, also weiterer technischer und konstruktiver Durchbildung


nicht bedürfe, er-
scheint etwas
sonderbar aus
dem Munde de-
rer, welche be-
ständig von der
künstlerischen
Individualisie-
rung aller Einzel-
formen und der
Materialwirkung
schwärmen. Ein
solches »Gitter«
ist eben keine
Schmiedearbeit
mehr im ernsten
Sinn, ebenso-
wenig wie es die
vor einigen Jah-
ren von vielen
bewunderten
»Gitter« nach
Entwürfen belgi-
scher und fran-
zösischer Künst-
ler waren, die
lediglich aus zu-
sammenge-
schraubtem dün-

Abschlußgitter der Fahrstuhlöffnung vom Reichstagpräsidialgebäude.
Entwurf: Geh. Oberbaurat Dr. Paul Wallot in Dresden.
Ausgeführt von Paul Marcus, Hofkunstschlosser in Berlin.

Bandeisen

bestanden und ausschließlich die wildgewordene schweifende
Linie, aber keinerlei Materialbehandlung, geschweige denn Ma-
terialbemeisterung zeigten.
Es darf als ein gutes Zeichen für den durch die Mode-
krankheit nicht ernstlich verletzten Sinn unsrer Schmiedemeister
genommen werden, daß sie mit wenigen Ausnahmen derartige
Lehrlingsarbeiten ablehnen, wo sie nur können. Der Geschmack
desjenigen Publikums, welchem heute die vergoldeten Linienorna-
mente an den Fassaden der neumodisch frisierten Mietkasernen
imponieren, wird ja ebenso schnell wieder auf etwas andres über-
gehen. Die Allerweltszeichner aber, denen »ihre Linie« alles ist,
und die mit ihr allein alles, Stoffmuster, Speisekarten, Schmuck-
sachen und Gitter in neuen Formen zu geben meinen, regen
durch ihre zum Teil unstreitig eigenartige Linienführung zu man-
cher angenehmen Abwechslung an, welche zu etwas ganz Gutem
führen kann, wenn das »Motiv« von einem tüchtigen Meister in
den Eisenstil umgesetzt und in konstruktiven Rahmen gebracht,
sowie mit dem liebenswürdigen Beiwerk durchsetzt wird, an
dem echte deutsche Kunst wie in der Vergangenheit, so auch
in der Zukunft stets seine Freude und Befriedigung finden wird.
Natürlich soll hier der Eisenstil in einem andern, echteren
Sinne verstanden werden, als in dem er neuerdings von gewisser
Seite in der unglaublichsten Weise gemißbraucht worden ist.
Betrachtet der Architekt von seinem Standpunkte als Bau-
leitender, nach dem Grundsätze der einheitlichen Unterordnung
der Glieder unter das Ganze die Schmiedearbeiten, so wird er
erst recht mehr nach dem wie, als nach dem was fragen. Er
wird sich gewiß nicht scheuen das gute Alte zu benutzen und
zu verarbeiten, wo es paßt, nur weil es nicht neu ist. Er wird
aber auch andrerseits nur unter ganz bestimmten Gesichtspunkten
einer möglichst treuen Nachbildung alter Arbeiten, die in ihren
Formen, ihrer Zusammenstellung und Bildersprache, wie auch
ihrer Technik unsrer Zeit fremd geworden sind, das Wort reden.



-Unk.

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Trmdeni

I Bal\on

Landhaus des Herrn Senatspräsident
Lettgau in Groß-Lichterfelde.

Architekt: Adolph Born in
Groß-Lichterfelde.

Beschreibung der Abbildungen.
Tafel 57. Landhäuser des Herrn Dr. Pfaff und des Herrn
Senatspräsident Lettgau in Groß-Lichterfelde. Architekt: Adolph
Born in Groß-Lichterfelde.
Das Landhaus des Herrn Geheimrats Lettgau ist für ein kinderloses
Ehepaar bestimmt und enthält im Erdgeschoß, um eine kleine, durch Wind-
fangvorbau geschützte Diele mit eingebauter Treppe gruppiert, 4 Zimmer,
Anrichte und Wintergarten. Garderobe und Klosett liegen einige Stufen
höher und sind von der Treppe aus zugänglich. Der Wintergarten ist mit
Schiebefenstern versehen und im Sommer als offene Halle zu benutzen.
Vor dem Wohnzimmer liegt ein Balkon. Im Untergeschoß liegen Küche,
Wirtschafts- und Dienstbotenräume, im Obergeschoß je ein Schlaf-, Frem-
den- und Schrankzimmer, Bad und Klosett, Mädchenkammer und Bodenraum.
Das Haus liegt in einem kleinen Kiefernwäldchen. Die Fassaden sind
mit roten Rathenower Verblendsteinen, glattem Putz und eichenfarben lasier-
tem Holzfach¬
werk ausge¬
führt. Die
Baukosten
betragen rund
50000 Mk.
An der Aus¬
führung wa¬
ren beteiligt:
W.Neumeister
(Dachdecker¬
arbeiten),
Aug. Baatz
(Gas- und
Wasseran¬
lagen),
Emmeluth

Obertjtschoss.

Eiqesthoss.



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