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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 23.1907

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Heft 3
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Leixner, Othmar von: Die St. Oswaldikirche zu Eisenerz in Steiermark
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https://doi.org/10.11588/diglit.44950#0033

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1907

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 3

St. Oswaldikirche in Eisenerz. — Seitenansicht.


Die St. Oswaldikirche zu Eisenerz in Steiermark.

Hl

rejMef ins Tal gebettet, umgeben von den gewaltigen
Steinmauern des Pfaffensteins, der Seemauer und
des Kaiserschilds, unmittelbar anliegend an den
mächtigen Erzberg, liegt das malerische Eisenerz.
Die landschaftliche Schönheit der Eisenerzer Ge-


birgsbahn führt jährlich Tausende von Fremden in den kleinen
Ort, dessen Bergwerksbetrieb urkundlich bis ins 12. Jahrhundert
zurückverfolgt werden kann, zweifellos aber bis auf römische
Zeit zurückgeht. Einen besonderen Schmuck des Ortes bildet
die hochgelegene Pfarrkirche St Oswald, die in doppelter Hin-
sicht den Kunstverständigen fesselt, als starke Befestigungskirche
wie als eigenartiges Werk spätgotischer Kunst.
Die österreichische Monarchie besitzt an verschiedenen

Orten Kirchen, die in ihrem Aufbau selbst wehrhaften Cha-
rakter zeigen, oder aber, von mächtigen Mauern, Bollwerken
und Türmen geschützt, sich als Verteidigungsbauten darstellen.
Voran steht das siebenbürgische Sachsenland, wo sich
seit der Mitte des 12. Jahrhunderts deutsche Kolonisten fest-
gesetzt hatten. Zum Schutz des Ortes errichteten sie starke
Kirchenbauten und umgaben diese mit ein-, zwei- und drei-
fachen Mauern. Bei vielen dieser Bauten ist aber auch die
Kirche selbst in ihrem Äußern wehrhaft gemacht, indem die
Außenmauern verstärkt und mächtige Strebepfeiler durch
Rundbögen verbunden und als Wehrumlauf durchgebildet
angeordnet wurden. Ihre Architekturen gehören zum guten
Teil der späteren gotischen Zeit an. Diese Art des Kirchen-
baues war in Siebenbürgen allgemein üblich, so daß die
Stände Ende des 13. Jahrhunderts diese vielen Befestigungen
schon als staatsgefährlich bezeichneten. Die Türkeneinfälle
der späteren Zeit zeigten bald wieder den großen Wert solcher
Anlagen für die kleineren ungeschützten Orte. Als bedeutende
Kirchen dieser Art sind zu nennen Kaisd, Klosdorf, Meschen,


Trapold, Großscheuern, Bo-
nesdorf, Neustatt u. a. m.
Auch Ungarn selbst besitzt
in Sz. Tomas, Sz. Mihaly,
Alfalu, Sz. Kiraly kleinere
derartige Anlagen.
Steiermark hat ebenfalls
einige größere befestigte
Kirchen; insbesondere das
Raabtal ist durch zahlreiche
Burgen, Schlösser und Kir-
chen sehr stark befestigt.
Die Einfälle der Türken und
Kuruzen bedingten eben
auch hier diese Bauart. Die
befestigten Kirchenanlagen
haben hier eine andre Form,
indem an Stelle der ein¬

fachen Mauerwerke stark befestigte Wohngebäude treten, so
bei den Befestigungskirchen von Feldbach, Fehring und Weiz.
Ein solches Kirchenkastell oder Tabor ist auch die male-
rische Pfarrkirche von Eisenerz. Rudolf von Habsburg legte
1279 den Grundstein zur Kirche; aber an Stelle dieses alten
Baues steht jetzt ein Bauwerk der spätgotischen Zeit, das
durch die eigenartige Behandlung der spätgotischen Schmuck-
formen als besonders bezeichnendes Werk dieser Zeit erscheint.
Seine Erbauung dürfte in die Zeit um 1470 fallen, während
einige Teile des Innern nach der architektonischen Ausgestal-
tung erst dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts angehören.
Die Anlage des Tabors fällt zweifellos erst nach der Erbauung
der Kirche und zwar in die Zeit von 1532, während bereits
1566 urkundlich eine Verstärkung und Verbesserung des
Werkes nachgewiesen werden kann. Als Hauptgrund für
diese Taboranlage dürften wohl die zahlreichen Knappen-
aufstände und die andauernden religiösen Streitigkeiten im
Verlauf des 16. Jahrhunderts anzusehen sein.
Vom Markte aus erreichen wir über eine in mehreren .
Absätzen hoch aufsteigende Stiege die nordwestliche Ecke
der Befestigung mit ihren massigen Türmen. Die vielfach
angebrachten Schießscharten und die oben angeordneten Pech-
nasen verstärken die mächtige, aber dabei überaus malerische
Wirkung des Bildes. Ein hohes Tor bildet den Zugang zur
inneren Anlage; dann einige Schritte nach rechts und wir
stehen vor dem Kirchenaufgang, einer großen Freitreppe mit
starkem, im Spitzbogen geschlossenen Torbogen. Durchs Tor
die Treppe hinaufschauend, erblicken wir das Kirchenportal
mit einem einfachen Vorbau, ein ungemein anziehendes male-
risches Bild von größtem Reiz. Wir steigen noch die letzten
Stufen hinan bis zur Kirche; jeder weitere Schritt um die
Kirche herum zeigt uns eigenartige Bilder. Die Mauern sind
in massiger Form erbaut und mit Schießscharten versehen.
Gegen den Chor der Kirche erblicken wir ebenfalls ein mächtig¬

st. Oswaldikirche in_ Eisenerz. - Gesamtansicht.


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