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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 23.1907

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Heft 3
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Pfeifer, Hermann: Wechselwirkung von Zugang und Bauwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.44950#0035

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1907

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 3

Wechselwirkung von Zugang und Bauwerk.
Von Professor Hermann Pfeifer in Braunschweig.
Äenn die Forderung gerechtfertigt ist, daß der Archi-
tekt im Geiste seiner Zeit bauen soll, so wird es
stets seine erste Pflicht sein, alle Mittel der jeweils
»modernen« Technik beherrschen zu lernen, um mit diesen
Mitteln den mannigfaltigen Aufgaben seiner Zeit in möglichster
Sachlichkeit und Gediegenheit gerecht werden zu können.
Über die künstlerischen Mittel freilich, welche den
modernen Zeitgeist zum Ausdrucke bringen sollen, gehen die
Meinungen weit auseinander, schon aus dem einfachen Grunde,
weil infolge der heutigen Zersplitterung und Umwandlung der
Weltanschauungen der »moderne Zeitgeist« ein sehr kompli-
zierter, ja stets wechselnder Begriff ist und sich deshalb nicht
in feste Formen fassen läßt.
Immerhin müssen wir bestrebt sein, auch in den rein
künstlerischen Fragen der Architektur stets aus dem Wesen
der neuen Aufgaben heraus die neuen Lösungen eigenartig zu
entwickeln.
Aber trotzdem oder gerade deswegen dürfen wir nicht
unterlassen, durch fortgesetzte Beobachtung an gut und schlecht
gelungenen Bauwerken uns einen Schatz von Erfahrungen zu
sammeln, der uns vor groben Mißgriffen zu hüten vermag.
In diesem Sinne kann der allermodernste Architekt noch
gar manches lernen von den Bauanlagen früherer Zeiten, wenn
sein Blick nicht an formalen Äußerlichkeiten hängen bleibt,
sondern hingelenkt wird auf das Wesentliche, auf die tieferen
inneren Zusammenhänge zwischen Bauwerk und Umgebung
und dem menschlichen Leben, sei es an den unvergleichlich
monumentalen Bauten der Pharaonen oder an dem alten boden-
ständigen deutschen Bauernhause, oder an irgend einer aus-
gereiften Schöpfung früherer Zeiten.
Nun wird von den Ultramodernen entgegnet, man solle
nicht rückwärts schauen beim Vorwärtsgehen, sonst komme
man nicht voran oder falle gar auf die Nase. Ganz recht!

Verbindung des C^ECjENSATZES von Vorder-vndSeitenAnsicht
VON Licht- und SchattenSeite
durch qÜNSTiqE Wahl des Standpunktes für. den Beschauer—

Abb. 1.

Geometrische 5eitenAnsicht :
WIRKT NICHT KÖRPERLICH-

Geometrische Vorderansicht ■
wirkt nicht körperlich .

der Standpunkt
/des Beschauers ent-
/ SPRICHT DER. ZEITLICHEN
/ LA^E DES ZUCjANCJES ZUM
Tempel-Platze.
'DIE BEIDEN SEITEN VERKÜRZEN
SICH VERSCHIEDEN STARK ;
DIE LÄNGERE EINFÖRMIGERE
SEITENANSICHT ZEIQT SICH
SCHMÄLER ALS DIE IN WIRK-
LICHKEIT schmälere aber.
REICHERE qiEBELSEITE

STANDPUNKT J/fes BESCHAUERS.
0

GRUNDRISS .
/

PERSPEKTIVE
VERBINDET Vorder - UND SeiTEN-ÄNSICHT — INZ LICHT und,
SCHATTEN VERSCHIEDEN— SOWIE DIE AUF - UND UNTER-/
SICHTEN DER HORIZONTAL FLACH EN MITEINANDER, UND/
WIRKT .DADURCH KÖRPERLICH.




Während desVorwärtsstrebens sollen wir nicht zurückblicken.
Aber von Zeit zu Zeit ist es gerade bei dem heutigen fieber-
haften Hasten doppelt notwendig, einmal zu verschnaufen und
Umschau zu halten, um durch den Vergleich mit den Höhe-
punkten früherer Kulturepochen ein gerechtes Urteil und einen
richtigen Maßstab für die Leistungen unserer Tage zu gewinnen
und um zu sehen, ob wir nicht auf einen Holzweg oder gar


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