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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 23.1907

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Heft 5
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Lübke, Georg: Die Bemalung alter Fachwerkbauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.44950#0049

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1907

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 5


Rohrsches Haus in Helmstedt nach der Wiederherstellung.

Obergeschosse wiederhergestellt unter Mitwirkung von Professor
Oeorg Lübke in Braunschweig.

Die Bemalung alter Fachwerkbauten.
Von Professor Georg Lübke in Braunschweig.
(Auszug aus dem auf dem Denkmalpflegetage 1906 gehaltenen Vortrage.)

ie Bemalung der alten Holzbauten ist bisher in
der Fachliteratur nur stiefmütterlich behandelt.
Größere Abhandlungen über den Gegenstand
sind überhaupt nicht vorhanden. Es dürfte
daher an der Zeit sein, auch diesem bisher
von der Denkmalpflege vernachlässigten Gebiete einige Auf-
merksamkeit zuzuwenden.
Die Farbengebung ist gerade für die Fachwerkbauten von
großer Bedeutung, deren eigenartige herbe Schönheit nicht zum
mindesten darin besteht, daß ihre Zierformen ganz aus der
zweckmäßigen Werkform erwachsen und durchaus dem Gefüge
der Balken, Pfosten und Bohlen angepaßt sind. Auch kann
das Holz des schützenden Anstriches zu seiner Erhaltung nicht
wohl entbehren. Es kann kein Zweifel sein, daß der Anstrich
des Holzes nicht so ausgeführt werden darf, daß Konstruktion und
Zierformen durch ihn verdeckt und verwischt werden, vielmehr
muß der Anstrich dazu beitragen, die Formen des Holzwerkes
hervorzuheben und zur vollen Deutlichkeit zu bringen.
Der Grund, warum bisher der ursprünglichen Bemalung
der Holzbauten weit weniger Beachtung geschenkt ist als der
formalen Ausbildung derselben, ist in den Schwierigkeiten zu
suchen, welche sich der Feststellung der ersten Bemalung ent-
gegenstellen.
Kein Teil des Bauwerkes ist so den Angriffen der Witterung
ausgesetzt wie die dünne zarte Deckschicht, welche der Farben-
überzug bildet. Auch die wetterbeständigsten Anstriche sind
in unserem Klima nicht imstande, Jahrhunderte unbeschädigt

zu überdauern. Sobald das Bauwerk nicht sorgfältig unter-
halten wird, genügen meist wenige Jahrzehnte, um den Anstrich
völlig verschwinden zu lassen. Ist dagegen die Bauunterhaltung
dauernd gut, so werden oft die Anstriche in kürzerer Frist er-
neuert, als nötig wäre; der alte Anstrich verschwindet unter
einer dicken Kruste der vielfach wiederholten Übermalung,
welche die Formen teigartig umhüllt und die Feststellung des
ersten Anstriches fast unmöglich macht, da sie dem Ablaugen
der Farbe großen Widerstand entgegensetzt.
Meist gelingt es bei krustenartigen dicken Farbenüber-
zügen, durch Abheben einzelner Teile mit dem Messer auf der
Unterseite der Kruste Spuren der alten Bemalung zu finden.
Bei stark verwitterten, anscheinend farblosen grauen Holzteilen
empfiehlt es sich dagegen, das Holz zu ölen.
Auf dem dunklen geölten Grunde zeigen sich oft über-
raschend feine Farbenrestchen, die vorher ganz unsichtbar waren.
Solange das Bauwerk noch wohlerhalten ist, bietet sich
nur selten Gelegenheit, gründlich nach Farbenspuren zu suchen.
Man muß schon bei Neuanstrichen oder Abbrüchen alter Bau-
werke rasch zur Stelle sein, wenn man wirkliche Farbenreste
feststellen will, und muß selber Hand anlegen und mit der
Lupe das Holz untersuchen, da die Malergehilfen sonst nicht
die nötige Ausdauer beim Suchen nach alten Farbenspuren ent-
wickeln. Die Schwierigkeiten, alte Bemalungen genau festzu-
stellen, sind also groß.
In jedem Frühjahr werden eine große Zahl von Fachwerk-
bauten neu gestrichen, meist ohne Rücksicht auf die Konstruktion


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