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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 24.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27776#0077
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1908

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 9

(6) Wördehoffs Doppelformatsteine,
schwach gerauht.

' zahlreichen weißen Punkte, die
auf den gerauhten Flächen er-
scheinen, nur dadurch hervor-
gerufen sind, daß zum Magern
des fetten Tones weißer Quarz-
sand verwendet worden ist.
Sie sind durch den Gebrauch
andrer Magerungsmittel leicht
zu vermeiden, und es wird auch
dieser Bearbeitungsweise dann
eine recht eigenartige und ma-
terialgemäße, dabei ruhige und
feine Wirkung nicht abzu-
sprechen sein.

Eine gemeinsame Eigen-
tümlichkeit der bisher bespro-
chenen Steine besteht darin,
daß die Aufrauhung der Ober-
fläche erst hergestellt ist, nach-
dem der Stein die Ziegelpresse
verlassen hat. Technisch wird
es ohne Zweifel vorteilhafter
sein, den ganzen Vorgang in
einemZugezusamnienzufassen,
so daß das Aufrauhen schon an dem Tonstrange vorgenommen
wird, sowie er aus dem Mundstück der Presse heraustritt.
Auch hierfür sind bereits eine ganze Reihe von Verfahren aus-
gearbeitet worden, die guten Erfolg versprechen.

Bei Stein 3 (Fig. 1) von Rücker in Horchheim bei Worms
ist dem Tonstrang eine dünne Lage getrockneter Tonabfälle
aufgestreut, um durch den Druck einer leichten Walze ent-
sprechende Eindrücke zu erzeugen, die der Oberfläche eine
Narbung, etwa wie von Marokkoleder, geben. Stein 9 (Fig. 3)
ist von den Renneberger Ziegeleien so hergestellt, daß eine
mit unregelmäßiger Rauhung versehene Bleiwalze über die
Fläche des Tonstranges hinweggeführt worden ist. Um die
etwas weichliche Art der nach diesen beiden Verfahren be-
arbeiteten Flächen aufzufrischen, hat Rücker-Horchheim auf
meine Anregung den Tonstrang
noch weiter an einem feinge-
zähnten Kamm entlang geführt,
der nur die Oberfläche streift,
ohne den Grund der Vertiefun-
gen zu berühren (2, Fig. 1). Es
entsteht so eine ausgeprägt
zierliche Wirkung, die für kleine
Schmuckarchitekturen sehr er-
wünscht sein kann. Solche
Steine werden beispielsweise
von Prof. Metzendorff-Bens-
heim beim inneren Ausbau einer
Villa verwendet. Einen andern
Versuch, nach dem gleichen
Verfahren eine kräftigere Wir-
kung durch Aufwalzen derberer
Steinstücke u. s.w. zu erzielen,
stellt Stein 7 (Fig. 3), von dem-
selben Fabrikanten, dar. Der
Stein ist, wie der Verfertiger
selbst sofort bemerkte, viel zu
rauh geraten, um ernsthaft für
die Massenherstellung in Be-
tracht zu kommen. Er zeigt
aber, bis zu welchem über-
triebenen Grade reine Maschi-
nenarbeit sich von der Glätte
des landesüblichen Maschinen-
steines entfernen kann, und
wird deshalb hier vorgeführt.

Zu andern Versuchen ist
die Beobachtung von gewissen
Zufallswirkungen die Veran- (8) Vorhalle der Kirche zu Lehnin. Mitte

(7) Wördehoffs Doppelformatsteine,
stark gerauht.

lassung gewesen, die sich
durch die allgemein üb-
liche Lagerung der ferti-
gen feuchten Formlinge
auf einem mit Sand be-
streuten Unterlagsbrett-
chen ergeben. Der Stein 6
(Fig. 2) zeigt die Rückseite
eines Maschinenverblen-
ders, die auf diesem Wege
unabsichtlich in sehr an-
nehmbarerWeise aufgerauht
ist. Die Steine 5 (Fig. 2)
und 11 (Fig. 4) von Rücker-
Horchheim sind aus dem
Bestreben entstanden, ähn-
liche Wirkungen durch ma-
schinelle Einwirkung zu er-
zielen. Es handelt sich hier
noch um ersteVersuche, und
so ist auch bei diesen Stei-
nen im Aufbringen und Ein-
drücken von Sand und Kies
des Guten erheblich zuviel
geschehen. Insbesondere
der stärker gerauhte Stein 11 macht geradezu den Eindruck
stark verwitterten Materials. Aber es unterliegt keinem Zweifel,
daß dieses Übermaß sich durch entsprechende Auswahl und
Bemessung des aufzubringenden Sandes nach Belieben wird
mildern lassen.

Eine andre, von mir früher befürwortete Arbeitsweise,
nämlich die Abtrennung der überglatten Oberfläche durch
einen Schneidedraht, ist bisher zu künstlerischer Verbesserung
der Steine noch nicht verwendet worden. Die Ziegelei Grube
Ilse bei Freienwalde benutzt das Verfahren, um die Oberflächen
ihrer Hartbrandsteine für das Haften des Mörtels besser vor-
zubereiten. Versuche, diese Arbeitsweise auch für schönheit-
Iiche Zwecke tauglich zu machen, sind eingeleitet und ver-
sprechen Erfolg. Hier kann
ich nur einen freihändig mit
dem Draht geschnittenen Form-
stein von Matthes in Rathenow
vorführen (14, Fig. 5), aus dem
aber die Geradlinigkeit und die
eigenartige Flächenwirkung, die
das Verfahren ergibt, erkenn-
bar sind.

Auf ganz eigenem Stand-
punkt steht endlich die Ziegelei
Wördehoff in Paderborn, in-
dem sie die Rauhung der Stein-
flächen mit der Anwendung
eines großen Formates von
doppelter Schichthöhe des
Normalformates verbindet. Sie
fertigt Steine in zweierlei Art
an. Schwach gerauhte Steine
(Fig. 6) werden erzielt, indem
man ein Gemisch von Ziegel-
brocken und Koksstückchen
in die Oberflächen einwalzt, so
daß sich beim Brande durch
die fest anhaftenden Ziegel-
splitter Erhöhungen, durch die
ausbrennenden Koksteilchen
aber Vertiefungen bilden. Um
ganz rauhe Steine herzustellen
(Fig. 7), wird der Tonstrang mit
einem harkenartigen Werkzeug
bis nahezu zur Lostrennung
der äußeren Teile aufgerissen,
des 13. Jahrhunderts. Durch Auf bringen einer dünnen

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