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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 24.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27776#0273
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1908

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 7

Wohnhaus des Herrn Gartz in Friedenau bei Berlin.

Speisezimmer.

Als eine geschickte Lösung dieser Aufgabe erscheint uns das von
Architekt Hans Bernoulli 1904—1905 erbaute Haus des Herrn Oartz in
der Ringstraße in Friedenau-Berlin. Das Grundstück hat eine Front-
breite von rd. 33 m, eine Tiefe von 55 m und eine hintere Breite von 54 m,
also einen Flächeninhalt von rd. 2380 qm. Die Familie des Besitzers
bewohnt das Erdgeschoß und die Gartenseite des 1. Obergeschosses,
die mit dem Garten zusammen ein für sich abgeschlossenes kleines Reich
bilden, ln der Vorderhälfte des 1. und im 2. Obergeschoß sind 3 Miet-
wohnungen zu 5—6 Zimmern mit besonderem Zugang und Treppenhaus
untergebracht. Um dem Haus möglichst viel Licht und Luft zuzuführen
und ihm — seiner Bestimmung entsprechend — zwischen den benachbarten
reinen Miethäusern eine bevorzugte Stellung zu verschaffen, wurde auf der
einen Seitengrenze ein 14 m tiefer Bau wich von 6 m Breite angeordnet
und das Nachbargrundstück mit einer entsprechenden Baulinienbeschränkung
belastet.

Dadurch wurde zugleich für die Eigenwohnung des Besitzers und
für die oberen Mietwohnungen der besondere Zugang so gestaltet, daß
die Gruppierung der unteren Räume dadurch in keiner Weise beeinträchtigt ist.

Die Fassaden erhielten einen braungelb gestrichenen Verputz über
dem in Muschelkalkstein ausgeführten Sockel und dunkelgrüne Holzkehle
als Hauptgesims. Das Dach ist mit roten Biberschwänzen als Kronendach
gedeckt. Dunkles Gitterwerk und weiße Fensterrahmen vervollständigen
die Wirkung der zwischen hohen Bäumen durchblickenden Front. Auf der
Gartenseite sind durch Lattenspaliere und durch die architektonische Behand-
lung des anschließenden Gartenteils reizvolle Entwicklungen gewonnen, die
unsre Bilder von verschiedenen Standpunkten wiedergeben. Der von hohen
Nachbargebäuden umschlossene hintere Teil des Gartens ist als Sport-
platz hergerichtet und die kahle Nachbarwand ebenfalls durch ein Spalier
verdeckt. Der schiefe Winkel des Grundstücks, der an andere Gärten
grenzt, ist freier behandelt. Eine erhöhte Laube bietet von dort einen
guten Überblick über die malerische Gartenfront und die Gartenterrasse
mit dem doppelten Brunnen. Unsre Abbildungen lassen erkennen, wie
zweckentsprechend die architektonische Lösung des Hausgartens getroffen
und damit sowohl anmutig-behagliche Ruheplätze im Freien und der
gewünschte ausgedehnte Spielplatz als vortrefflich wirkende Übergänge in
der Gesamtanlage geschaffen sind, für Grundstücke mit verhältnismäßig
eng beschränktem Raum und unmittelbarer Nachbarschaft hoher Hinter-
hauswände jedenfalls ein beachtenswertes Vorbild.

In der Hauptwohnung sind einige Räume, besonders das Speise-
zimmer, einheitlich nach Angabe des Architekten gestaltet. Dieses hat ein
flaches Gewölbe aus Drahtputz mit tief einschneidenden Stichkappen,
Wandtäflung aus Rüsternholz und heitre Bemalung erhalten. tz.

Notizen.

Denkmalpflege. In Braunschweig macht die farbige Wieder-
herstellung der alten, z. T. reich geschnitzten Fachwerkhäuser nach den
von Prof. Georg Liibke auf dem Denkmalpflegetage 1906 dargelegten Grund-
sätzen (vergl. »Architektonische Rundschau» Heft 5, 1907) gute Fortschritte.
Eine größere Anzahl von Häusern in den verschiedenen Straßen ist unter
sorgsamer Beachtung vorhandener Farbenspuren oder nach ähnlichen Vor-
bildern in frischen, trefflich zusammengestimmten Farben bemalt, so daß
sie dem Straßenbilde erhöhten Reiz verleihen. Durch die fast vollendete
farbige Wiederherstellung der Häuser am Südklint ist auch ein einheitliches
Farbenbild einer ganzen Platzanlage von guter Gesamtwirkung gewonnen,
in dem die einzelnen Häuser durch die verschiedenen Grundfarben und
wechselnden Verzierungsweisen ansprechend zur Geltung gebracht sind.
Besonders erfreulich ist es, daß die gegebene Anregung schon hier und
da zur selbständigen, recht gut gelungenen Nutzanwendung geführt hat.
Die Frische der Farben hat allerdings bei den zuerst in dieser Weise be-

Architekt: Hans Bernoulli
in Berlin.

malten Häusern bereits etwas nachge-
lassen, namentlich das Weiß hat sich nicht
gehalten, so daß die Aufgabe, haltbarere
Farben zu finden, die den Einflüssen von
Witterung, Rauch u. s. w. besser wider-
stehen, noch zu lösen bleibt. — Für den
Anbau des Geschäftsgebäudes der Ge-
werbe- und Handelskammer an das eine
der Hauptzierden des alten Braunschweig
bildende Gewandhaus ist jetzt ein Modell
nach dem von Professor G. Lübke aus-
gearbeiteten Entwürfe ausgestellt. Dieses
zeigt eine glückliche Lösung der durch
die hohen Nutzanforderungen schwierigen
Aufgabe unter sorgsamer Schonung des
alten Gewandhauses und glücklicher Be-
rücksichtigung der sich ergebenden Stra-
ßenbilder. Besonders dankenswert ist die
Erhaltung des kleinen Empirehauses neben
dem Hintergiebel des Gewandhauses,
durch die der Baugruppe am Martini-
kirchplatze eine vortreffliche Wirkung ge-
sichert ist. — Das Kreisamt in Gießen
hat für das beste bäuerliche Wohnhaus
und für das beste Arbeiterwohnhaus, die
in der Zeit vom 1. August 1908 bis 1. Au-
gust 1909 zur Ausführung gelangen, je
einen Preis von 200 Mk. ausgesetzt.
Die Häuser müssen zweckentsprechend
gestaltet und in ländlicher Eigenart und
heimatlicher Bauweise ausgeführt sein.
Die Baukosten müssen weniger als 6000 Mk.
betragen. Die Preise sind zur Hälfte für
die Planverfertiger und zur Hälfte für die
Bauherren bestimmt.

Die diesjährige Hauptversammlung
der deutschen Gesellschaft für Volksbäder findet am 26. und 27. Mai
in Essen statt. Zum Nachfolger des Begründers Professor Dr. Lassar im
Vorsitz wurde Geh. Medizinalrat Professor Dr. Brieger gewählt. — Der
diesjährige Tag für Denkmalpflege findet am 24. und 25. September in
Lübeck statt im Anschluß an die Tagung des Gesamtvereins Deutscher
Geschichts- und Altertumsvereine. Für den 26. September ist ein Ausflug
nach Wismar geplant.

Julius Lessing f. Nach längerer schwerer Krankheit ist am 13. März
Geh. Regierungsrat Professor Dr. Julius Lessing, seit 1872 Direktor der
Sammlungen des Kgl. Kunstgewerbemuseums zu Berlin, verschieden. Neben
seiner umfassenden Sammeltätigkeit hat er als Gelehrter und einflußreicher
Schriftsteller die Interessen des Kunstgewerbes mit unermüdlicher Hingabe
vertreten. Um eines der wichtigsten Stücke seines Lebenswerkes, die Ver-
öffentlichung der von ihm geschaffenen großen Gewebesammlung, zu voll-
enden, beabsichtigte Lessing am 1. April d.J. von der Leitung der Samm-
lungen zurückzutreten. Das Kgl. Kunstgewerbemuseum hat durch sein
Hinscheiden einen schweren Verlust erlitten.

Wettbewerbe. Der Wettbewerb zur Hebung deutscher Stu-
dentenkunst (vergl. Heft 11, 1907, Wettbewerbsübersicht), den das Kgl.
Landesgewerbemuseum in Stuttgart veranstaltet, um für Kneipausstattungs-
wesen und studentische Dedikationsgegenstände, für die jetzt jährlich über
2 Millionen Mark ausgegeben werden, höhere künstlerischeVorbilder zu ge-
winnen, erfreut sich reger Anteilnahme in den besten Künstlerkreisen wie
von seiten der studentischen Verbände und ihrer alten Herren. S. M. der
König von Württemberg hat sich als Protektor an die Spitze des Unter-
nehmens gestellt. Vornehme Ehrenpreise und mehrere tausend Mark an Geld-
preisen, darunter 1000 Mk. von Herrn Geheimrat Dr.Sieglin in Stuttgart, stehen
bereits zur Verfügung. Hoffentlich entsprechen die in der Ausführung be-
griffenen Entwürfe allengehegten Erwartungen. — Für die II. Ton-, Zement-
und Kalkindustrieausstellung in Berlin 1910 plant der Deutsche
Verein für Ton-, Zement- und Kalkindustrie Preisausschreiben für
Entwürfe zu Fassaden, die in Tonwaren ausgeführt werden sollen, außer-
dem ist in Aussicht genommen, Skizzen für den angeregten Wieder-
aufbau des römischen Kaiserpalastes inTrier einzufordern. Die
eingehenden Entwürfe sollen eine besondere Gruppe der Ausstellung bilden.

Wohnhaus des Herrn Oartz in Friedenau
bei Berlin. Garten.

Architekt; Hans Bernoulli
in Berlin.
 
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