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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 25.1909

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Heft 4
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Heft 5
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Zetzsche, Carl: Der Zementbeton in Garten und Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.42077#0043
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1909

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 5

Garten an der Mörikestraße in Stuttgart. Architekt: Albert Eitel in Stuttgart.
Gesamtansicht.


Der Zementbeton in Garten und Landschaft.

Bekanntlich hat man neuerdings vielfach an Stelle von
Mauern, Holzzäunen oder eisernen Gittern zur Ein-
friedigung von Grundstücken dünne Wände aus Beton
mit einer zwischen eisernen Pfosten gespannten Drahtnetz- oder
Streckmetalleinlage empfohlen und angewendet. Die mancherlei
praktischen Vorteile, welche solche Wände, die auf Betonklötzen
sicher stehen, bei guter Ausführung*durch die einfache, schnelle
und billige Herstellung, sowie durch den Wegfall von An-
strich und Erhaltungskosten bieten können, wird niemand ver-
kennen. Schwerlich aber wird jemand diese Neuerung auch als
ein neues Mittel zur Bereicherung und Verschönerung unsrer
Straßen- und Landschaftsbilder anerkennen wollen. Freilich,
schlechter als die Drahtzäune, mit denen man jetzt auch die
Gärten so gern — weil am billigsten — einfaßt, kann eine solche
Betonwand nicht wirken und mit den öden, schlecht aus-
geführten Mauern der Fabrikhöfe und dergl., die gewiß nicht
weniger kosten, wird sie immer noch ohne weiteres den Ver-
gleich aushalten. Aber für den
schmucken Holzzaun oder die
trauliche grüne Hecke, die so
gut zur Landschaft passen, wird
keiner eine solche dünne, fremd¬
artige Scheidewand eintauschen
mögen, der nicht schon jede
Empfindung für das harmoni¬
sche Zusammenwirken auch der
einfachsten Gebilde verloren
hat. Und doch müßten auch
für solche Betonwände ohne
nennenswerte Steigerung der
Kosten ansprechendere Formen
und Zierweisen gefunden wer¬
den können, die sie, wenn auch
nicht gerade als besondere Ver¬
schönerungsmittel, so doch als
künstlerisch einwandfreie Nutz¬
werke ins Gesamtbild einzu¬
gliedern gestatten.
Natürlich wird dies nicht
gelingen, wenn man nach be¬
kannter Weise versucht, der
widerspenstigen Erscheinung
durch Quaderfugen oder ähn¬
liche Mätzchen ein vornehmes
Mäntelchen umzuhängen. Nur
wenn man die Formgebungaus
der Herstellungsweise selbst zu
entwickeln und jede Verzierung
dieser sowie der jedesmaligen

Umgebung anzupassen versucht, wird man sich befriedigende
Erfolge versprechen dürfen.
Vielleicht läßt schon die aus der Konstruktion sich er-
gebende Felderteilung sich in diesem Sinne entwickeln; viel-
leicht gibt auch ein so naheliegendes Motiv, wie die Abdeckung
mit einfachen Dachziegeln, gewisse Fingerzeige. Ist es doch
auch nicht Schuld des Materials oder der Arbeitsweise, sondern
der falschen Auffassung und Anwendung, daß uns die in
Zementguß und -putz nachgeahmte »gotische Hausteinarchitek-
tur« des Zugangs vor einer altehrwürdigen schlichten Back-
steinkirche wie aufdringliche Ramschware anmutet. Und wie
schändlich fällt hier jede Spur des Verfalls ins Auge!
Wie leicht könnte an solcher Stelle mit weniger Mitteln,
mit viel weniger, ja ganz ohne sogenannte Kunstformen, aber
mit richtigem Gefühl für das Schickliche etwas Dauerhaftes,
der Umgebung Angemessenes geschaffen werden. So mag
auch in Bezug auf die Verwendung der Betonwände als Ein-
friedigungen die Erinnerung an
solche Beobachtungen nicht un-
angebracht erscheinen. Wie oft
haben die Maler uns ein ein-
faches Feldsteingemäuer, eine
schlechtverputzte, abbröckelnde
Mauer aus buntscheckigen Zie-
geln in ihrem natürlichen Far-
benzauber, in ihrer unübertreff-
lichen Übereinstimmung mit
Landschaft und Vegetation ge-
schildert.
Läßt sich nicht auch die
Betonwand in einfachster Weise
in solche Beziehungen zu ihrer
Umgebung setzen, wenn man
nur, von künstlicher Bearbei-
tung und Glättung absehend,
das rauhe Gefüge der Masse ent-
sprechend zur Geltung bringt,
ihre Färbung demgemäß ab-
stimmt und vielleicht die Flächen
noch durch Einfügung anders-
farbiger größerer Brocken be-
lebt? Wie geringe Anforderun-
gen stellt das an die Ausführung!
Das einzige Erheblichere ist
dabei die Färbung; auch sie ist
ohne technische Schwierigkei-
ten und wesentliche Kosten in
beliebigerTönungdurchaus halt
bar durch Zusätze zu erzielen.


Architekt: Albert Eitel in Stuttgart.

Garten an der Mörikestraße in Stuttgart.
Treppe an der Terrasse.


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