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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 27.1911

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Heft 7
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Neue Gartenbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.35084#0090

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Seite 80.

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

1911, 7.


Landhaus von Dr. Karl Meidinger in Nikolassee, Cimbernstraße 11. Gartenhalle.

Architekt: Karl Ed. Bangert in Beilin.

des Gedeihens und Versagens zu rechnen. Die lebende Pflanzenwelt mit
ihrem unabänderlichen Wechsel der Formen und Farben in unveränder-
liche Kunstformen zu zwingen, ist unmöglich ohne beständige gewalt-
same Eingriffe in das natürliche Wachstum, die
unter Umständen Natur in Unnatur verkehren
müssen. So erweitert sich in der Gartenkunst die
Frage des Materialstils zu einem grundsätzlichen
Widerstreit zwischen Natur- und Kunststil, den
wir durch die ganze Entwicklungsgeschichte der
Gartenstile aller Völker verfolgen können, und der
auch für die Gegenwart den eigentlichen Kern¬
punkt in den Fragen künstlerischer Gartengestal¬
tung bildet. Ungleich mannigfaltiger als in der Ver¬
gangenheit sind die Aufgaben und Auffassungen,
denen die heutige Gartenkunst genügen soll, je
nach dem Vorwiegen des monumentalen, bürger¬
lichen oder landschaftlichen Momentes und je nach
dem Zweck der Nutz- und Ziergärten, öffentlichen
Schmuckanlagen und Erholungsstätten usw. Daher
wird man auch verschiedene Wege in der Garten¬
gestaltung einschlagen und sich über diese Stil¬
fragen eingehend Rechenschaft geben müssen. Es
handelt sich ja nicht um eine einseitige Wahl
zwischen Landschafts- oder Architekturgärten, son¬
dern um das Verständnis der kulturellen Gründe für
die jeweiligen Wandlungen und ihrer Ziele. Erst


wenn wir die Berechtigung und die Ausdrucks-
mittel der einzelnen Richtungen und deren
Grenzen richtig einschätzen lernen, werden wir
eine fruchtbare Nutzanwendung für unsere Zwecke
machen können. Treffliche Unterlagen zu solchen
Betrachtungen gibt uns Dr. August Grisebach
in Karlsruhe.Er schildert zunächst den
geometrischen Garten (Lust- und Wurz-
garten im Mittelalter, den Lustgarten der Re-
naissance) und den architektonischen Stil
im Lustgarten des Barock (architektoni-
sche Mittel und hauptsächlichste Beispiele), dann
besondereTypen (Klostergärten, die Gärten
des englischen Colleges, Furttenbachs Schul-
garten, botanische und Nutzgärten, den Blumen-
garten des 17. Jahrhunderts, die Orangerie, den
Hausgarten und öffentliche Gärten im Mittelalter),
die Entwicklung einzelner Gartenteile
seit der Renaissance (Parterre-Ornament;
Laubgang und Allee; Boskettraum, Hecke, Baum-
figuren ; Insel; Labyrinth; Wasser; Gartenstil in
der Architektur: Grotten, Gartenfassaden, Loggien
und Gartensäle; Gartenskulpturen), schließlich
die Gartenrevolution im 18. Jahrhun-
dert, ihre Gründe und Äußerungen (das neue
Naturgefühl und die Kunst; Malerei und Land-
schaftsgarten; der Garten als Ausdruck philo-
sophisch-poetischer Ideen; die Theoretiker und
der Anteil der Nationen; Typen des Landschafts-
gartens). Besonderen Wert verleiht dem Buch
die große Anzahl von Abbildungen alter Garten-
anlagen aus der Zeit ihrer Entstehung, nament-
lich nach Kupferstichen des 16.—18. Jahrhunderts,
und ein umfassendes Verzeichnis der älteren und neueren Literatur, Kupfer-
stichwerke usw. Leider hat der Verfasser die reizvollen, für unsere Zeit in
so vielem vorbildlich-wertvollen kleineren und kleinsten Gärten aus dem

Architekten: Schnackenberg & Siebold, Gartenarchitekten, in Hamburg.
Ende des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit ihren Garten-
häuschen, den einfachen Gliederungen des Geländes usw. nicht in den
Kreis seiner Betrachtung gezogen. Auch eine abschließende, kritische
Zusammenfassung als Nutzanwendung für die Gegenwart hat er dem Leser
überlassen; doch ist die Darstellung durchweg so klar und übersichtlich,
daß sich die Vergleiche mit der Gegenwart fast von selbst ergeben.
Dagegen hat Hampel* 2) die geschichtlichen und stilistischen Erörte-
rungen seines jetzt in zweiter Auflage erschienenen Buches mit so
viel Mutmaßungen, Legenden und Anekdoten verbrämt, daß angehende
Gärtner usw., für die das Buch nach dem Titel in erster Linie be-
stimmt ist, das Wesentliche und Charakteristische kaum in wirklich nutz-
barer Weise herausschälen werden. Andererseits ist das Gartentechnische
im weitesten Sinne: die Wahl der Pflanzen, die Erdarbeiten, die Aus-
führung und Gruppierung der Pflanzungen, die Anlage von Wegen und
Wasserflächen usw., die Entwurfsbearbeitung, deren zeichnerische Darstellung
und der Kostenvoranschlag, zweckentsprechend, anschaulich und lehrreich,
wenn auch vielfach etwas schwulstig behandelt und durch Beigabe von
Tabellen, Musteranschlägen usw. für den praktischen Gebrauch nutzbar ge-
macht. Deshalb möchten wir der überaus fleißigen Arbeit eine nochmalige
Der Garten. Eine Geschichte seiner künstlerischen Gestaltung. Von August
Grisebach. Mit 88 Abbildungen auf 35 Tafeln. Verlag Klinkhardt & Biermann in Leipzig.
1911. Preis M. 10.—, geb. M. 12.—.
2)Die deutsche Gartenkunst, ihre Entstehung und Einrichtung, mit be-
sonderer Berücksichtigung der Ausführungsarbeiten und einer Geschichte der Gärten bei
den verschiedenen Völkern. Bearbeitet für Gärtner, Gartenbauschulen und Freunde der
schönen Gartenkunst. Von Carl Hampel, Gartendirektor der Stadt Leipzig. Zweite, durch-
gesehene und erweiterte Auflage. Mit 34 Abbildungen. Verlag von Hugo Voigt in Leipzig.
1911. Preis M. 4.50, geb. M. 5.50.


Laubeneingang.

Architekt: Dipl.-Ing. P. Mauder in Trier.
 
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