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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 27.1911

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Heft 9
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Zetzsche, Carl: Vorgärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.35084#0110

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Seite 100.

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

1911, 9.

Fenster im Trauzimmer des Entworfen und ausgeführt von Glasmaler
Bremer Standesamts. Georg K. Rohde in Bremen.
(Vergl. Heft 8, 1911.)


Vorgärten.
Die schönste Form einer Anlage ist die praktisch und künst-
lerisch vollendete Lösung der Aufgabe. Kunstformen und
besondere Mittel sind dazu nicht unbedingt erforderlich; schlichte
Sachlichkeit und offenbare Zweckmäßigkeit, gepaart mit natür-
licher Anmut, fesseln uns auf die Dauer und bei häufigerer
Wiederholung weit stärker. Wie aber sollen Schönheit und
Wohlgefallen entstehen, wenn der innere Gehalt, wenn die
Zweckerfüllung fehlt, wenn wir mit der Sache selbst nichts
Rechtes anzufangen wissen und uns nur mit äußeren Formen
darüber hinwegzutäuschen suchen?
Die Klage über die Öde und Häßlichkeit unserer Vorgärten,
die keine Zeit mit blühendem Wachstum oder malerischer Ver-
wilderung zu mildern vermag, ist allgemein. Fast ebenso groß
ist die Ratlosigkeit, wie man ihr beikommen könnte. Natürlich
sind es in erster Linie die beschwerlichen baupolizeilichen Vor-
schriften, die man für alles Übel auch hier verantwortlich macht.
Gewiß nicht mit Unrecht! Aber der eigentliche Grund liegt
doch tiefer. Wir wissen tatsächlich in den meisten Fällen nicht,
was wir mit den Vorgärten anfangen sollen, deshalb wissen wir
auch nichts daraus zu machen, selbst soweit die bestehenden
Vorschriften die Möglichkeit dazu lassen.
Machen wir uns zunächst einmal klar, daß es nicht überall
„der“ Vorgarten ist, sondern daß es je nach der Art der Straßen,

der Häuser und ihrer Bewohner, nach der Lage des Geländes usw.
ebenso verschiedene Vorgärten gibt wie Wohnungen.
Die Anlage von Vorgärten beruht doch ursprünglich auf
dem Wunsche, das Haus von der Straße, ihrem Staub, Lärm
und Verkehr etwas zu trennen, ohne den eigentlichen Garten
hinter dem Hause den Blicken von der Straße her zu er-

schließen. Die Bauordnungen haben dann darin ein willkom-
menes Mittel gesehen, ohne Kosten für den Stadtsäckel die
Straßen zu verbreitern, ihnen mehr Licht und Luft zuzumessen
und ein freundlicheres Aussehen zu verleihen. So sollte der Vor-

garten dem Hause und der Straße zugleich dienen. Das ist
aber bisher fast nirgends erreicht, weil man die Möglichkeiten
dazu nicht genügend erkannt und den jeweiligen Verhältnissen
entsprechend entwickelt hat. Solange aber diese Erkenntnis
fehlt, wird auch eine wirklich nutzbare Änderung der Be-
bauungsvorschriften kaum zu erwarten sein.
In den vornehmen Wohnstraßen der Großstädte, deren
Häuser auch nach außen „repräsentieren“ sollen, wird weit mehr
als der Abschluß und der Garten die vornehme Überleitung von
der Straße zum Hause zu betonen sein. Der Vorgarten muß zum
vorgelegten Parterre werden, das Haus für den Beschauer heraus-
heben, ihm einen wirkungsvollen Sockel verleihen. Monumen-
tale Behandlung und Architekturformen, selbst Bildwerke sind
hier am Platze. Ganz anders als die jetzt üblichen überfeinerten
Vorgärten mit den langen, gleichmäßigen Reihen hoher schmied-
eiserner Gitter zwischen prunkvollen Pfeilern würden hier offene
Architekturstücke wirken. Vorplätze, nach der Straße ganz offen
oder nur teilweise und verschieden mit höheren und niedrigeren
Brüstungsteilen oder eisernen Kettengeländern eingefaßt, mit
sorgsam gepflegten Rasenplätzen und sparsamer, architektonisch
wirksamer Bepflanzung, würden dem Hause den genügenden
Abstand wahren und der Straße eine wechsel- und reizvolle

Weiträumigkeit verleihen
häuschen, Durchfahrten,
durchBaumgruppen oder
Architekturstücke (z. B.
Lampenträger) ließe sich
auch bei geringer Tiefe
eine prachtvolle Ge-
schlossenheit in der Wir-
kung solcher Anlagen
erzielen, die durch An-
lage von Rampen, Terras-
sen, Wasserbecken usw.
nach allen Richtungen
zu steigern wäre.
Für einfachere Straßen
mit lebhafterem Verkehr,
deren Häuser nicht jedes
für sich als hervorragen-
des Einzelwerk Beach-
tungbeanspruchen, wäre
statt der eben geschil-
derten eine zusammen-
fassende architektonische
Behandlung des Vor-
gartenstreifens zum Bei-
spiel in der Weise denk-
bar, daß dieser etwas
über das Straßenniveau
erhöht und mit durch-
laufender Frontmauer,
aber ohne hohe Brüstung,
versehen würde. Diedern
Auge des Vorübergehen-
den näher gebrachte
Fläche wäre mit sauberem
Rasen, zierlichen Blumen
und niedrigem farbigem
Gesträuch zu besetzen.
Mit niedrigen, farbig ge-
strichenen Holzzäunen,
leicht berankten Pergolen

Durch flankierende Portale, Pförtner-

Fenster im Herrenzimmer Entworfen u. ausgeführt
von Haus Meentzen von Glasmaler Georg
in Bremen. K. Rohde in Bremen.
 
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