Hrchifekfonische Rundschau
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Wie am ITlittelmeer hatten auch im Horden die nier Säulen
keineswegs einen blotj dekoratioen oder repräsentatinen Wert. Huch
hier waren sie technisch unentbehrlich als Stiitjen des hohen und
otfenen Dachltuhles, der über der Halle emporttieg.
Und damit kommen mir auf das eigentliche baugetchichtliche
Problem der nordischen Königshalle: die Einführung eines Vertikal-
sysfems, mittels delsen man die beiden übereinandergelagerfen
Stockwerke in eines zusammenfasjte.
Dafür, dal) dieselbe Siedelung, die eine einräumige Königshalle
trug, auch ITlehrgeschosse hafte, die man indessen geringer achtete,
liegen die besfimmtesten Zeugnisse oor. Ein späfes, aber gerade darum
bezeichnendes Beispiel gibt die Kö'nigshalle, in der 1050 Einar
Tambarskieloe und sein Sohn ermordet wurden. Sie war einstöckig
und nur durch ein Dachstuhlfenster erleuchtet. Während des Ulordes
war es in der Halle finsfer, da man die Dachöffnung geschlossen hatte.
Gleichzeitig aber erfahren wir non einem anderen Gebäude desselben
Königshofes, dafj sein Obergeschafj einen Umgang hafte, daf) es also
ein Zweistockmerk war (das einzelne liehe bei Dietrichson, „Die
Holzbaukunst Idorwegens“, Seite 106). Es muf3ten demnach ganz
besondere Gründe uorliegen, dafj man bei der stolzesten Halle einer
solchen Siedelung wieder auf die scheinbar primitioe Bauart der
älteren Zeit zurückgriff.
Die Hlaterialisten unter den Geschichtschreibern werden nun
tagen, der Grund sei doch sehr leicht zu finden. Eine Halle für
Gelage und feierliche Versammlungen musfte im kalten Horden
heizbar sein. Das Zmeigeschofj war das nicht, also durchbrach
man die Decke, und da die Halle nicht niedriger sein durfte als
die Beihäuser, so Hellte man eben jenes Säulensysfem ein, das
keine andere Hufgabe hatte, als die Wände oom Druck des Daches
zu entlasten.
Die Hntmort mag manchem gut klingen. Hber mit zwei Ein-
wänden wird sie so bald nicht fertig. Erstens: der Stil der Hallen war
maßgebend auch für die ersten Kirchen, die doch überhaupt niemals
geheizt wurden. Warum mochte man sie frotjdem, ganz wie die
antiken Tempel, nicht zweigeschossig haben? Und ferner: als späfer
die hölzerne Königshalle zur steinernen Pfalz wurde und man
längst schon gute Kamine bauen konnte, als man in anderen Ge-
bäuden bereits das Zwei-, ja das rRehrgeschofj hafte, auch da
blieb der Pfalzenbau hartnäckig beim Eingeschofj. Hus welchem
technischen Grund? Ulan siehf, die lllaterialerklärung Dersagt auch
hier, und wir miissen schon nach tieferen Gründen für jene Stil -
entscheidung suchen.
Sie geben sich, wenn wir den Standpunkt weiter nehmen
und die Gesamtentwicklung der germanischen Baukunst ins Huge
sassen. Seit jener altsteinzeitlichen Epoche, in der zum erstenmal
nordische Hütten emporragten neben den Höhlen des Südens, hat
sich bis auf diesen Tag immer wieder ein fundamentaler Gegensatz
bewährt: die Bauten des freien Hördens stehen, die des dumpfen
Südens liegen. Der Süden ist, wie ich es an anderer Stelle (in
meinem Buch „ Hlfgermanische JHonumenfalkunst“) formuliert habe,
nie über ein architekfonisches Vierfüfjlertum hinausgekommen. Erst
der Horden mit seinem unbedingten Willen zur Senkrechten hat
uns zu der neuen Kunst gebracht, die in ihrer aufrechten und
stolzen Hrt sich so hoch über alles srühere erhebt wie der Hlensch
über alles Getier.
Hun bedenke man, was in der Zwei- und Hlehrgeschossigkeif
sich durchzusetzen trachtete. Ein neuer Horizonfalbau kündet sich
da an, was wie eine blosje Übertragung anmufef der gleich
Sedimentschichfen übereinandergelagerten Höhlenbehausungen der
Vorzeit. Es ist ganz gewifj kein Zufall, dasj in einer späteren und
kunstsicheren Zeit gerade der Süden sich dieser Hlehrgeschossigkeif
annahm, die dann im Florentiner und im römischen Palazzo ihre
höchsten Triumphe gefeiert hat. Und ebensowenig ist es Zufall,
dasj der germanische Horden, als seine ITlenschen sich in engere
ITlauern zusammendrängen mufjten, tausend ITlittel ersann, diese
Horizontalarchitektur, die ihm non den Verhältnissen geradezu auf-
gezwungen wurde, mit Hilfe der Kunst doch wieder zu nerwandeln
in eine nertikale, aufrecht sfehende und nicht oierfüf^lerisch sich
hinlagernde Hrchitektur.
Huch da ist wieder hinzuweisen auf eine Parallele. Die Ge-
schichte der Königshalle heisjf uns die Geschichfe jener germanischen
Stämme betrachten, die, tief ins Innere des Candes nerschlagen, in
1912
den Wäldern bauen lernten, ln dem schon genannten Buche habe
ich gezeigt, was dieselben Germanen in einer noraufliegenden Zeit,
da sie Hleere und Küsfen beherrschfen, unter den so oiel anderen
Verhältnissen dort als Hrchifekten leisfeten. Damals mar ihr material
der Stein. Sie lernten Gewölbe bauen, lernlen schliefjlich Gewölbe
auf Gewölbe setjen. Hber das steinerne Vielgeschosj, das zum mehr-
schichtigen Horizonfalbau drängte, widersprach ihrer Hrt. Im Typus
der „Doppelkirchen“ und „Doppelkapellen“ wurde das Zmeigeschosj
doch später wieder überwunden. Steil hoben sie sich oom Boden auf, und
frei konnte der Blick wieder emporschauen zum Holz sich wölbenden
Dach. Der Wille zur Senkrechten wollte es so, ein Wille, der
übermächtig sein rnusjte in einer Rasse, die an einen Weltberg
glaubte, und deren Heiligtümer durch Jahrtausende hindurch sreie
Walburgen waren.
Das ist es, was bei den Königshallen die Säulen so heilig
machte, was die Bauleute ihre feinsfen Kiinste an ihnen erproben
liel); diese Säulen gaben den Blick zur Höhe wieder frei, sie retteten
das Hufrechte, Höhengeartete, dem Gefahr drohte in der erzwungenen
Einführung der JHehrgeschossigkeif. Hur deshalb war auch das
Hlegaron und war der Griechentempel eingeschossig.
Und da wir schon einmal dabei sind, gegen alte Vorurteile
anzugehen, so mag auch ein für allemal aufgeräumt werden mit
einem Irrtum, der gedankenlos oon einem Buch zum anderen über-
nommen wird. Dem ITlaferialismus beliebt es, das Heil abfallende
Dach des Hördens und das flache des Südens herzuleiten aus rein
äußerlich klimatischen Bedingungen. Im Horden regnet und schneit
es mehr als im Süden, und weil nun Regen und Schnee oom
Heilen Dach leichter ablaufen als oam flachen, sall man sich hüben
für die eine und drüben für die andere Hlethode entschieden haben.
Hun lehrt zwar jede nordische Winterlandschaft, dafj das mit dem
Schnee nicht Himmt, und dafj die so oiel größere Fläche des nordi-
schen Steildachs den ganzen Winter über geduldig seine Hast zu
tragen hat. Und was die Regenschauer angeht, so sind die des
Südens heftiger als die nordischen, und wenn sie wirklich nur mit einem
Giebeldach zu parieren waren, so leistete die sanfte Schräge, die noch
heute Skandinaoien bei seinen Holzbauten hat, sicher die nämlichen
Dienste wie das Giebelgefälle etwa des niedersächsischen Bauernhauses.
IHan sieht: auch diesen Dingen ist mit dem Hlaterialismus nicht gut
beizukommen, auch hier mufj es tiefere und psychologische Gründe
geben. Es bleibt eben dabei, dalj das ganze Form- und Raum-
gefühl des Hördens ein anderes war, und dasj nur aus diesem
anderen Farm- und Raumgefühl heraus das zu erklären ist, was
in dem stolzen Satteldach der Königshalle, dem Urbild unterer besten
Baukunst, Ereignis wurde.
Hls Venantius Fortunatus mit der frischen Erinnerung an den
Steinbau des Südens an den unteren Rhein kam und sah, was die
nordische Holzbaukunst, die Kunst der Wälder, leistete, da begeisterte
ihn der Hnblick zu einigen Distichen, die in einer deutschen Über-
setzung (oon Eudwig Wilser in seinem Buche „Die Germanen“)
also lauten:
Weichet, ihr Wände, gemauert aus steinernen Blöcken! Ich ziehe,
Dank Baumeisters öeschick, oor auch das hölzerne Haus.
Trefflich oertoahren uor Wind und oor Wetter getäfelte Stuben,
Wo nicht klaffenden Spalt duldet des Zimmermanns Hand.
Schuh, ruie ihn sonst nur geroähren Stein, ITlörtel und Sand im Vereine,
Einzig erbaut und allein ihn uns der gütige Wald.
Euftig umgeben den Bau im öeuiert hochbogige Hauben,
Zierlich oom ITleister geschnitjt, reizool! in spielender Kunst.
Die beiden letjten Verse sind für uns oon ganz besonderer
Bedeutung. Sie schildern in aller Form einen nordischen Peripteros,
und dieser Eaubenumgang, der den Bau im ganzen Geoiert umgibt,
ist den Eeuten im Horden so wertooll, dafj gerade hier der ITleister
seine beste Kunst im Schnitzwerk betätigen mufj. Ein solcher das
ganze Gebäude umschliefjender Eaufgang ist eines der wichtigsten
ITlotioe der späteren Stabkirche, und in oielen Handbüchern wird
noch immer die Hnsicht oertreten, dafj ersf in der Sfabkirche dieses
ITlotio zur Entwicklung gelangt sei. Venantius Fortunatus beweist
im Gegenteil, dafj die spätere Zeit nur einen schon oollkommen
entwickelten Baugedanken übernahm. Und wenn sich im Jahrhundert
des Fortunatus der zu offenen Eaubengängen aufgelösfe Skat
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Wie am ITlittelmeer hatten auch im Horden die nier Säulen
keineswegs einen blotj dekoratioen oder repräsentatinen Wert. Huch
hier waren sie technisch unentbehrlich als Stiitjen des hohen und
otfenen Dachltuhles, der über der Halle emporttieg.
Und damit kommen mir auf das eigentliche baugetchichtliche
Problem der nordischen Königshalle: die Einführung eines Vertikal-
sysfems, mittels delsen man die beiden übereinandergelagerfen
Stockwerke in eines zusammenfasjte.
Dafür, dal) dieselbe Siedelung, die eine einräumige Königshalle
trug, auch ITlehrgeschosse hafte, die man indessen geringer achtete,
liegen die besfimmtesten Zeugnisse oor. Ein späfes, aber gerade darum
bezeichnendes Beispiel gibt die Kö'nigshalle, in der 1050 Einar
Tambarskieloe und sein Sohn ermordet wurden. Sie war einstöckig
und nur durch ein Dachstuhlfenster erleuchtet. Während des Ulordes
war es in der Halle finsfer, da man die Dachöffnung geschlossen hatte.
Gleichzeitig aber erfahren wir non einem anderen Gebäude desselben
Königshofes, dafj sein Obergeschafj einen Umgang hafte, daf) es also
ein Zweistockmerk war (das einzelne liehe bei Dietrichson, „Die
Holzbaukunst Idorwegens“, Seite 106). Es muf3ten demnach ganz
besondere Gründe uorliegen, dafj man bei der stolzesten Halle einer
solchen Siedelung wieder auf die scheinbar primitioe Bauart der
älteren Zeit zurückgriff.
Die Hlaterialisten unter den Geschichtschreibern werden nun
tagen, der Grund sei doch sehr leicht zu finden. Eine Halle für
Gelage und feierliche Versammlungen musfte im kalten Horden
heizbar sein. Das Zmeigeschofj war das nicht, also durchbrach
man die Decke, und da die Halle nicht niedriger sein durfte als
die Beihäuser, so Hellte man eben jenes Säulensysfem ein, das
keine andere Hufgabe hatte, als die Wände oom Druck des Daches
zu entlasten.
Die Hntmort mag manchem gut klingen. Hber mit zwei Ein-
wänden wird sie so bald nicht fertig. Erstens: der Stil der Hallen war
maßgebend auch für die ersten Kirchen, die doch überhaupt niemals
geheizt wurden. Warum mochte man sie frotjdem, ganz wie die
antiken Tempel, nicht zweigeschossig haben? Und ferner: als späfer
die hölzerne Königshalle zur steinernen Pfalz wurde und man
längst schon gute Kamine bauen konnte, als man in anderen Ge-
bäuden bereits das Zwei-, ja das rRehrgeschofj hafte, auch da
blieb der Pfalzenbau hartnäckig beim Eingeschofj. Hus welchem
technischen Grund? Ulan siehf, die lllaterialerklärung Dersagt auch
hier, und wir miissen schon nach tieferen Gründen für jene Stil -
entscheidung suchen.
Sie geben sich, wenn wir den Standpunkt weiter nehmen
und die Gesamtentwicklung der germanischen Baukunst ins Huge
sassen. Seit jener altsteinzeitlichen Epoche, in der zum erstenmal
nordische Hütten emporragten neben den Höhlen des Südens, hat
sich bis auf diesen Tag immer wieder ein fundamentaler Gegensatz
bewährt: die Bauten des freien Hördens stehen, die des dumpfen
Südens liegen. Der Süden ist, wie ich es an anderer Stelle (in
meinem Buch „ Hlfgermanische JHonumenfalkunst“) formuliert habe,
nie über ein architekfonisches Vierfüfjlertum hinausgekommen. Erst
der Horden mit seinem unbedingten Willen zur Senkrechten hat
uns zu der neuen Kunst gebracht, die in ihrer aufrechten und
stolzen Hrt sich so hoch über alles srühere erhebt wie der Hlensch
über alles Getier.
Hun bedenke man, was in der Zwei- und Hlehrgeschossigkeif
sich durchzusetzen trachtete. Ein neuer Horizonfalbau kündet sich
da an, was wie eine blosje Übertragung anmufef der gleich
Sedimentschichfen übereinandergelagerten Höhlenbehausungen der
Vorzeit. Es ist ganz gewifj kein Zufall, dasj in einer späteren und
kunstsicheren Zeit gerade der Süden sich dieser Hlehrgeschossigkeif
annahm, die dann im Florentiner und im römischen Palazzo ihre
höchsten Triumphe gefeiert hat. Und ebensowenig ist es Zufall,
dasj der germanische Horden, als seine ITlenschen sich in engere
ITlauern zusammendrängen mufjten, tausend ITlittel ersann, diese
Horizontalarchitektur, die ihm non den Verhältnissen geradezu auf-
gezwungen wurde, mit Hilfe der Kunst doch wieder zu nerwandeln
in eine nertikale, aufrecht sfehende und nicht oierfüf^lerisch sich
hinlagernde Hrchitektur.
Huch da ist wieder hinzuweisen auf eine Parallele. Die Ge-
schichte der Königshalle heisjf uns die Geschichfe jener germanischen
Stämme betrachten, die, tief ins Innere des Candes nerschlagen, in
1912
den Wäldern bauen lernten, ln dem schon genannten Buche habe
ich gezeigt, was dieselben Germanen in einer noraufliegenden Zeit,
da sie Hleere und Küsfen beherrschfen, unter den so oiel anderen
Verhältnissen dort als Hrchifekten leisfeten. Damals mar ihr material
der Stein. Sie lernten Gewölbe bauen, lernlen schliefjlich Gewölbe
auf Gewölbe setjen. Hber das steinerne Vielgeschosj, das zum mehr-
schichtigen Horizonfalbau drängte, widersprach ihrer Hrt. Im Typus
der „Doppelkirchen“ und „Doppelkapellen“ wurde das Zmeigeschosj
doch später wieder überwunden. Steil hoben sie sich oom Boden auf, und
frei konnte der Blick wieder emporschauen zum Holz sich wölbenden
Dach. Der Wille zur Senkrechten wollte es so, ein Wille, der
übermächtig sein rnusjte in einer Rasse, die an einen Weltberg
glaubte, und deren Heiligtümer durch Jahrtausende hindurch sreie
Walburgen waren.
Das ist es, was bei den Königshallen die Säulen so heilig
machte, was die Bauleute ihre feinsfen Kiinste an ihnen erproben
liel); diese Säulen gaben den Blick zur Höhe wieder frei, sie retteten
das Hufrechte, Höhengeartete, dem Gefahr drohte in der erzwungenen
Einführung der JHehrgeschossigkeif. Hur deshalb war auch das
Hlegaron und war der Griechentempel eingeschossig.
Und da wir schon einmal dabei sind, gegen alte Vorurteile
anzugehen, so mag auch ein für allemal aufgeräumt werden mit
einem Irrtum, der gedankenlos oon einem Buch zum anderen über-
nommen wird. Dem ITlaferialismus beliebt es, das Heil abfallende
Dach des Hördens und das flache des Südens herzuleiten aus rein
äußerlich klimatischen Bedingungen. Im Horden regnet und schneit
es mehr als im Süden, und weil nun Regen und Schnee oom
Heilen Dach leichter ablaufen als oam flachen, sall man sich hüben
für die eine und drüben für die andere Hlethode entschieden haben.
Hun lehrt zwar jede nordische Winterlandschaft, dafj das mit dem
Schnee nicht Himmt, und dafj die so oiel größere Fläche des nordi-
schen Steildachs den ganzen Winter über geduldig seine Hast zu
tragen hat. Und was die Regenschauer angeht, so sind die des
Südens heftiger als die nordischen, und wenn sie wirklich nur mit einem
Giebeldach zu parieren waren, so leistete die sanfte Schräge, die noch
heute Skandinaoien bei seinen Holzbauten hat, sicher die nämlichen
Dienste wie das Giebelgefälle etwa des niedersächsischen Bauernhauses.
IHan sieht: auch diesen Dingen ist mit dem Hlaterialismus nicht gut
beizukommen, auch hier mufj es tiefere und psychologische Gründe
geben. Es bleibt eben dabei, dalj das ganze Form- und Raum-
gefühl des Hördens ein anderes war, und dasj nur aus diesem
anderen Farm- und Raumgefühl heraus das zu erklären ist, was
in dem stolzen Satteldach der Königshalle, dem Urbild unterer besten
Baukunst, Ereignis wurde.
Hls Venantius Fortunatus mit der frischen Erinnerung an den
Steinbau des Südens an den unteren Rhein kam und sah, was die
nordische Holzbaukunst, die Kunst der Wälder, leistete, da begeisterte
ihn der Hnblick zu einigen Distichen, die in einer deutschen Über-
setzung (oon Eudwig Wilser in seinem Buche „Die Germanen“)
also lauten:
Weichet, ihr Wände, gemauert aus steinernen Blöcken! Ich ziehe,
Dank Baumeisters öeschick, oor auch das hölzerne Haus.
Trefflich oertoahren uor Wind und oor Wetter getäfelte Stuben,
Wo nicht klaffenden Spalt duldet des Zimmermanns Hand.
Schuh, ruie ihn sonst nur geroähren Stein, ITlörtel und Sand im Vereine,
Einzig erbaut und allein ihn uns der gütige Wald.
Euftig umgeben den Bau im öeuiert hochbogige Hauben,
Zierlich oom ITleister geschnitjt, reizool! in spielender Kunst.
Die beiden letjten Verse sind für uns oon ganz besonderer
Bedeutung. Sie schildern in aller Form einen nordischen Peripteros,
und dieser Eaubenumgang, der den Bau im ganzen Geoiert umgibt,
ist den Eeuten im Horden so wertooll, dafj gerade hier der ITleister
seine beste Kunst im Schnitzwerk betätigen mufj. Ein solcher das
ganze Gebäude umschliefjender Eaufgang ist eines der wichtigsten
ITlotioe der späteren Stabkirche, und in oielen Handbüchern wird
noch immer die Hnsicht oertreten, dafj ersf in der Sfabkirche dieses
ITlotio zur Entwicklung gelangt sei. Venantius Fortunatus beweist
im Gegenteil, dafj die spätere Zeit nur einen schon oollkommen
entwickelten Baugedanken übernahm. Und wenn sich im Jahrhundert
des Fortunatus der zu offenen Eaubengängen aufgelösfe Skat