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Arndt, Paul
Studien zur Vasenkunde — Leipzig, 1887

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https://doi.org/10.11588/diglit.33498#0043
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die die Gestalt des einzelnen Buchstabens im Laufe dcr Zeit
eifährt. Wii' miissen daiauf achten, ob das Theta ein Kicuz oder
einen Punkt im Runde hat, ob die Schenkei des My gleich lang
sind odei' ob dei' rechte verküizt ist u. ä. Aber es fmgt sich
hiei', ob wi r die Vasenaufschriften mit dem gleichen Maasse wie
die lapidaren messen diirfen. Ich glaube nicht, dass wir berech-
tigt sind, bei den Vasen die minutiöse Genauigkeit der Stein-
inschriften zu erwarten, wo jeder Schiag des Meissels vorher über-
legt und sorgsam ausgeführt wird, während der Üüchtige Zug
einer abgeschliifenen Handschrift Exaktheit der Formen weder
erstrebt noch gestattet. Sodann aber miissen wii bei allen Va-
senpublikationen die Möglichkeit einer ungenauen Wiedergabe
der Inschiiften, sei es aus Nachlässigkeit, sei es infolge der
schlechten Erhaltung des Geiasses und der Schwierigkeit, die
Buchstaben zu entziü'ern, sehr in Betracht ziehen. ))Chi mai ha
messo manoa, sagt Brunn (BuB. d. I. 1863, p. 189), ))a simili
lavori, saprä per propria esperienza, quanto sia difhcile, special-
mente in una publicazione vasta e complicata, che dovrä passare
per varie mani di disegnatori, incisori ecc., di evitar anche colla
massima diligenza ogni piccolo sbaglio o errore.c Ich kann es
deshalb nicht fiir richtig halten, allein aus den Inschriften
eines Gefässes, falls nicht untrügliche Kennzeichen, wie Q 8,
0 vorhanden sind, Schlüsse auf das Alter desselben zu ziehen.
Besonders wenn wir dazu die wichtigen Umgestaltungen ins
Auge fassen, die unsere Kenntnis der Entwicklung des attischen
Alphabetes in voreuklidischer Zeit durch neuere Untersuchungen
erfahren hat. Während man nämlich früher der Ansicht war,
dass das specifisch attische Alphabet in Athen bis zur ofhciellen
Reception des ionischen unter dem Archontate des Eukleides 01.
94, 2 (—403 v. Chr.) allgemein in Gebrauch gewesen sei und dass
die Bekanntschaft mit den ionischen Zeichen in voreuklidischer
Zeit sich nur in vereinzelten Spuren nachweisen lasse — eine
Anschauung, von welcher auch die paläographischen Unter-
suchungen der Brunn'schen Piobleme ausgegangen sind — hat
sich in neuerer Zeit der Standpunkt wesentlich venückt.
Ulrich Köhler hat in einem Aufsatze der Mitt. d. ath. I. X,
1885, p. 359 ff. ))über die attischen Grabsteine des 5. Jahrh.«
zuerst den Nachweis geführt, ))dass das ionische Alphabet in
 
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