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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 1.1967

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I.
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Petrová-Pleskotová, Anna: Probleme der Forschung und Erläuterung der Kunst des 19. Jahrhunderts in der Slowakei
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https://doi.org/10.11588/diglit.51369#0024

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als einen mit unserer Kunst unvereinbaren Aus-
druck), und das, obwohl Benczúr väterlicherseits
aus einer slowakischen Familie stammt. Aehnlich
verhält es sich auch mit dem Werk des aus Stitnik
gebürtigen Viktor Madarász. Andererseits be-
trachten wir den grössten Teil des Werkes Ladislav
Medňanskýs als organischen Bestandteil der slo-
wakischen Kultur. Dabei schliessen wir natürlich
Medňanskýs gleichzeitige Zugehörigkeit zur unga-
rischen, ja sogar zur französischen Kultur nicht
aus. Aehnlich betrachten wir auch Ján Hála und
Jaroslav Augusta als slowakische Künstler —
und zwar trotz ihrer tschechischen Nationalität.
Im Falle Jozef B. Klemens’ erscheint uns natür-
lich das Eingliedern eines Teiles seines Schaffens
auch in die Entwicklung der tschechischen Malerei
als begründet.
In der Epoche der ersten Entwicklung der slo-
wakischen nationalen Schule zeigen sich uns heute
zwei Entwicklungsetappen. Die Etappe der Vor-
bereitung der Voraussetzungen für ihre Entfaltung
im Zeitabschnitt von 1790 bis zum Ende der
dreissiger Jahre des 19. Jahrhunderts — es handelt
sich hier natürlich um einen unbewussten, nicht
programmatischen Prozess — und die Etappe der
eigentlichen Entfaltung der nationalen Kunst.
Ihr Anfang datiert sich, grob gesprochen, vom
Beginn der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts
an, wobei wir ein Uebergreifen bis in die siebziger
Jahre voraussetzen. Als innere Trennungslinie
dieser zweiten Etappe betrachten wir die Revolu-
tionsjahre 1848—1849.
In der ersten, der Vorbereitungsetappe der Ent-
wicklung der slowakischen nationalen Schule, sind
die geistig entscheidenden Faktoren noch der
regionale Patriotismus und die allgemeinen Ideale
des aufsteigenden Bürgertums. Charakteristisch
ist auch das starke Zusammenwirken fremder
Künstler und solcher anderer Nationalität, die
aber im slowakischen Milieu heimisch geworden
sind. In diesem Sinne schätzen wir z. B. das
Schaffen des akklimatisierten deutschen Klassi-
zisten Friedrich G. Lieders (1780—1850), dessen
Werke die bescheidene Galerie der hervorragenden
Persönlichkeiten der slowakischen Kultur (Hollý,
Kollár) mitbegründen. Als für die Entwicklung
entscheidend betrachten wir ferner das Schaffen
jener Künstler örtlichen Ursprungs, die die Kon-
tinuität mit der älteren heimsichen Kunsttradition
aufrecht erhalten, zugleich aber erhöhte Bestre-

bungen entfalten, um. mit ihrem Schaffen an die
zeitgenössischen mitteleuropäischen Strömungen
anzuknüpfen. In ihrem Schaffen wachsen die
Residuen der Spätrenaissance und des heimischen
ausklingenden Barocks in den Klassizismus und
vor allem in das spätklassizistische Empire und
münden vorwiegend ins Biedermeier, resp. in den
Romantismus, der jener globale Begriff zu sein
scheint, unter den wir das Gros unserer damaligen
künstlerischen Bestrebungen zusammenfassen kön-
nen.
Im Lichte unserer Forschungen erweist sich
in der Vorbereitungsperiode der slowakischen
nationalen Schule die Malerei der Ostslowakei, vor
allem der Zips, als die wichtigste. Hier bereitet
Jozef Lerch (der Ende des 18. und in den ersten
drei Dezennien des 19. Jahrhunderts in der Zips
und in der Ostslowakei wirkte), den Boden für
die spezifisch heimische Kunst vor; sein Werk
wird durch illusive Fresken und gegensätzlich
statisch verstandene Porträts repräsentiert, die
das puritanische Gesicht unseres entstenden Bür-
gertums in vorbildlicher Weise erfassen. An diesem
Prozess nimmt auch der Klassizismus des akkli-
matisierten Dänen Ján Jakub Stunder (1759 —
1811), der nach Levoča heiratete, aktiven Anteil.
In nicht geringem Masse erwerben sich die Vedu-
ten des Landschaftsmalers Ján Jakub Müller
(1780—1828) Verdienste, die sich von erfundenen,
idealen Landschaftssujets zu konkreten heimi-
schen Landschaftsmotiven orientieren. Anteil an
diesem Prozess hat auch das Frühwerk von
Müllers Schüler, dem europäisch anerkannten
Karol Marko d. Ae. (1791 —1860), ähnlich wie das
Schaffen des späteren Porträtisten der Petersbur-
ger Noblesse Ján Rombauers (1781 — 1849) und
weiterer ostslowakischer Porträtisten wie Jozef
Ginovskýs (1801 — 1844), Jozef Miklosik-Miklósys
(1791 —1841) und Ignác Klimkovičs (1800 —1853).
Am markantesten greift die Malerei Jozef Czau-
cziks (1780—1857) in die Vorbereitungsperiode
der slowakischen nationalen Schule ein, mit
dessen Werk die Entwicklung der slowakischen
praerealistischen Malerei im Sinne der mitteleuro-
päischen künstlerischen Richtlinien, dabei aber
mit individuellem Ausdruck, gipfelt. (Unter dem
Begriff des Realismus verstehe ich hier natürlich
eine Stilrichtung.)
An die Zipser Kunsttradition, vor allem an das
Schaffen Jozef Czaucziks knüpft neben einer gan-

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