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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 1.1967

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II.
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Chadraba, Rudolf: Zwei Welten im Bilde: zu den antiken Grundlagen dualistischer Komposition
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https://doi.org/10.11588/diglit.51369#0128
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52. Dürers Apokalypse, Blatt III, Die Apokalyptischen
Reiter. Holzschnitt, 1498.
auf die hinter ihm liegenden Errungenschaften
der manieristischen Epoche italienischer Malerei
(um 1520—um 1620) an. In diesem italienischen
Manierismus kann man u. a. erfinderische Ab-
wandlungen der Zwei-Welten-Komposition auch
sehen. Z. B. werden zwei verschiedene Malweisen
in einem und demselben Bilde gebraucht (wie schon
in Dürers Apokalypse für das Oben und das Unten
immer eine andere Zeichenmanier), Frauenakte
zeigen eine fremde, marmorblasse Manier und
Plastik gegenüber den gebräunten Männern, u. s.
w. Mit Recht erblickt man darin Ansätze zu der
modernen Formgebung Aber die Manieristen
spielten auch sehr häufig mit der Überwindung
des Gegensatzes zwischen Vision oben und Wir-
klichkeit unten, auch mit Licht- und Feuerer-
scheinungen, die, wie früher in der deutschen
Graphik, in Diagonale den Raum durchkreuzen.
Diese manieristischen Experimente mit der Vision,
die bei Tintoretto schon wundersame Mittel des
Lichts und der Vergeistigung der Form in Bewe-
gung setzten, kommen in Grecos Jugendbild
„Begräbnis des Grafen Orgaz“ zu einem Abschluß.
Hier besteht noch, wie Max Dvořák bemerkte,45
ein Formgegensatz zwischen Oben und Unten,
von einem Rundbogen abgeschlossen. Diesen Ge-
gensatz auszugleichen, schafft sich dann Greco
allmählich in der Nachfolge Tintorettos eine Form-
gebung, die ihn zum „Vater“ des modernen
Expressionismus, oder wenigstens zu seinem be-
deutsamsten Vorläufer macht. Der offenbare, auch
kompositionelle Gegensatz wird zur inneren Span-
nung der Form, der Handschrift, Farbgebung, Fi-
gurenproportiennierung und was alles da in
Frage kommt! Herbert Read46 hat schon im
Neolith solchen Vorgang beobachtet und ihn mit
der modernen Kunst verglichen: der Kampf
zwischen Mensch und Tier geht in die Spannung
zwischen geometrisch-ornamentalem Zwang der
am Handwerk gebildeten ordnenden Vernunft
und der ungestümen tierischen Vitalität, die der
Künstler im Werke zu meistern, zu bewältigen
hat (zu magischem Zweck), über. Eine in regel-

53. Delacroix, Kampf eines Reiters mit einem Pardal.
Ölskizze, um 1849. Prag, Nationalgallerie.

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