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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 4.1970

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II.
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Bakoš, Ján: Model umenia v ikonológii: pamiatke prof. Václava Richtra
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https://doi.org/10.11588/diglit.51371#0163
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„Meaning in the Visual Arts“ (1957)), die er als eine
grundlegende, sozusagen programmatische Studie der
Ikonologie betrachtet. Der Autor geht von der Ueber-
zeugung aus, dass die Ikonologie nicht ausschliesslich
als eine Methode begriffen werden kann, nachdem sich
in ihrem Fundament ein verborgenes Kunstmodell
befindet. Die Ikonologen selbst wollen ihren Standpunkt
als eine Methode darlegen, um in dieser Weise zu sugge-
rieren, dass die Ikonologie sich über das substantielle
Modell der Kunst und ihrer Geschichte erhebt und sieh
somit auch ausserhalb der Relativität befindet, welcher
alle philosophische Konstruktionen untergeordnet sind.
Derselben Täuschung erliegen auch die, die zwar eine
Allgemeingültigkeit der Ikonologie in Abrede stellen,
jedoch geneigt sind sie als Hilfswissenschaft zu akzep-
tieren. Das Ziel dieser Studie ist es zu demonstrieren,
dass auch die Ikonologie auf der substantiellen Konstruk-
tion der Kunst baut, dass auch in ihrem Fundament ein
verborgenes theoretisches Modell der Kunst und ihrer
Geschichte eingebaut ist. Die Ikonologie stellt daher
einen totalitären Standpunkt dar und gerade aus diesem
Umstand stammt ihre Kraft, aber auch ihre Limitation
und Relativität.
Die Wendug zur Auffassung der Realität als bedeu-
tungsvoller, auf tiefere, verborgene Inhalte hinweisender,
Tatsachen ist charakteristisch für die Entwicklung der
Geisteswissenschaften unseres Jahrhunderts. Auch die
sog. moderne Kunst des 20. Jahrhunderts beansprucht
für sich — selbst in den gegenstandslosen Positionen—eine
sinnvolle Existenz und Verständnis. Auch in der Kunst-
geschichte kommt es zu Anfang des 20. Jahrhunderts
zu einem Entstehen der geisteswissenschaftlichen Auf-
fassung der Kunstgeschichte (M. Dvořák). Aus diesem
Grunde kann die Ikonologie nicht als ein Höhepunkt der
Entwicklung der kunsthistorischen Wissenschaft betrach-
tet werden, sondern lediglich als eine Art der Be-
strebung um die inhaltliche Auffassung der Kunstge-
schichte. Ihre Attraktivität besteht gerade darin, dass
sie eine Art von methodischer Instruktion bietet, wie
an die Kunst herangetreten werden soll, und dass sie
sich dadurch in einen spezifischen, inhaltlichen Typ des
Positivismus verwandelt.
Die Quelle der Abgegrenztheit und somit auch der
Beschränktheit der Ikonologie bildet der Charakter
gerade dessen, auf was sie reagiert, was sie widerlegen
und überwinden will. Es ist dies vor allem die Wölfflin’sche
formale Auffassung der Kunstgeschichte. Wölfflins
Standpunkt wird jedoch von den Ikonologen eingeengt
und sie passen ihn sich an, um sie um so leichter wider-
legen zu können. E. Wind wirft Wölffiin die folgenden
vier Fehler vor: die Auffassung der Form als eines
„reinen Sehens“, eine unrichtig determinierte Antithese
des Inhalts und der Form, die Theorie der immanenten
künstlerischen Entwicklung, die zu einer Ahistorizität
führt, und die Separierung der Geschichte der Kunst
von der Geschichte der Kultur. Diese Vorwürfe werden
jedoch dadurch ermöglicht, dass sie Wölffiin die Auf-
fassung der Form als etwas Leeres, rein Dekoratives
zuschreiben. Wölfflins Form ist aber keine leere Form,

denn die Welt selbst wird als etwas Gegenstandsloses,
als ein -Strom gegenstandsloser sinnlicher Erlebnisse auf-
gefasst. Dann ist diese gegenstandslose Form eine Fülle
von Weltanschauung, sie ist in dem Masse sinnvoll, in
welchem die Sinnvölligkeit etwas gegenstandslos Erlebtes
darstellt. Dadurch, dass das Gebiet des Sinns als ein
Strom gegenstandsloser Erlebnisse aufgefasst wird, wird
eine Transcendenz in der Immamnenz, eine inhaltliche,
dabei aber begrifslose Auffassung der Kunst, eine imman-
ente dabei aber eine nicht Selbstzweck-Entwicklung er-
möglicht.
Ebenso ist Winds Vorwurf an die Adresse dieser im-
manenten Entwicklung nur dann berechtigt, wenn die.
Geschichte als ein unaufhörliches Weggehen aufgefasst
wird. Demgegenüber hat Wölffiin ein Modell der zykli-
schen Entwicklung aufgebaut. Als Konstante dieser
Entwicklung determinierte er — ähnlich wie Kant --
die menschlichen Gegebenheiten. Eine umgekehrte
Auffassung der Geschichte — als eines unaufhörlichen
Weggehens — trägt in sich die Gefahr, dass die Kunst der
Vergangenheit nicht verstanden werden kann. Sie
unterdrückt die überzeitliche Inhaltlichkeit der Kunst.
Und gerade dies stimuliert zur Interpretation der Kunst,
zum Entdeckenwollen ihrer verborgenen Bedeutungen.
Panofsky, auf Mannheim basierend, ist bestrebt
Wölffiin vor allem dadurch zu übertreffen, dass er den
Unterschied zwischen Form und Inhalt beseitigt, ei-
vereinigt sie in eine Einheit der Bedeutung. Gleichzeitig
will er die Spezifizität der Kunst und ihrer Entwicklung-
bewahren, er will im Inneren die Geschichte der Kunst
mit der Geschichte der Kultur vereinigen. Wie weit
gelingt ihm dies?
Ebenso wie Mannheim, begreift Panofsky das Kunst-
werk als eine Formation des Sinnes, jedoch nicht als eine
flächenartige, sondern als eine mehrschichtige Formation.
Er unterscheidet drei Schichten des Sinnes: des sachlichen,
faktischen Sinnes, des Bedeutungssinnes und des doku-
mentären, wesentlichen Sinnes. Die erste Sinnesebene
kann auf der Grundlage der vitalen menschlichen Er-
fahrung, die zweite auf der Grundlage von Kenntnissen
und die dritte durch eine subjektive Bewältigung ver-
standen werden. Nachdem diese Verständnisfähigkeiten
der Geschichte unterliegen und sich verändern, entsteht
die Notwendigkeit ein Kriterium ihrer Richtigkeit,
ihrer näheren Bestimmung zu finden. Panofsky findet
dieses Kriterium in der vorangehenden Erkenntnis der
Geschichte. Das Kriterium der richtigen Identifikation
der ersten Schicht sieht er in der Geschichte des Stils,
das Kriterium der zweiten Schicht in der Geschichte
der Typen und das Kriterium der dritten Schicht in der
allgemeinen Geistesgeschichte. Was liegt im Hintergrund
dieser Auffassung Panofskýs?
Daraus, dass die erste Schicht des Sinnes als eine
Vergegenständlichung aufgefasst wird, geht hervor,
dass ihr gewisse im voraus gegebene Formen, Konstruk-
tionen vorangehen, durch welche das Werk identifiziert
wird. Das Werk wird also in irgendetwas eingesetzt,
das ihm vorangeht. Dies gilt in einem noch grösseren,
man kann sogar sagen wesentlichen Masse für die zweite

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