Josef Klieber: Büste Kaiser Franz I., im Schloss Topolcianky.
Foto F. Hideg, Bratislava
Brennpunkt der damaligen Bildhauerkunst in persön-
lichen Kontakt zu kommen. Die einzige Ausnahme
war Stefan Ferenczy (24. 2. 1792 Rimavská Sobota —
4. 7. 1856 Rimavská Sobota),6 der Begründer der
neuzeitlichen ungarischen Bildhauerei im eigentlichen
Sinne des Wortes. Er lebte zwar einige Zeit auf slowa-
kischem Boden, in Rimavská Sobota, seiner gänzlichen
Gedankeneinstellung und dem Charakter seines
Schaffens zufolge scheidet er jedoch aus dem Rahmen
unseres Vorschungsinteresses aus. Während in der
kaiserlichen Residenz zu dieser Zeit schon verhältnis-
mässig wenig bedeutende, von römischen Studienrei-
sen nicht belehrte Bildhauer wirkten, standen an der
Spitze unserer zeitlichen Bestrebungen Autoren, wel-
che zumeist an übermittelte Erkenntnisse angewiesen
waren.
Die Formanknüpfung an Wien, namentlich an
dessen Canova-Zaunerische Linie, verrät eine Reihe
von Arbeiten aus dem Umkreis von Bratislava. Die
schöpferischen Beziehungen zwischen beiden Städten
verstärkten sich im Zeitalter des Barocks und ver-
klangen noch tief in das 19. Jahrhundert hinein. Das
Eingreifen der Wiener Bildhauer bei uns realisierte
sich nicht nur in direkter Form an Hand eigener
Schöpfungen, sondern oft auch vermittelt, durch
thematische und bildnerisch-formale Inspiration, die
in Arbeiten hiesiger Künstler zum Ausdruck kam. Die
Verschiebung der Aufmerksamkeit nach Budapest —
dem neuen Bildhauermittelpunkt —- bedeutete zum
gegebenen Zeitpunkt keine schwerwiegende Abwand-
lung der Wiener Orientation unserer Plastik. Auch die
dortigen Bildhauer waren überwiegend Absolventen
der Wiener Akademie und die ungarische National-
schule befand sich erst im Stadium ihrer Entwicklung.
(Siehe z. B. die Engelplastiken vom Grabmal des
Grafen Zerdahelyi in Nitrianska Blatnica aus dem
Jahre 1825 von M. Bauer.)7
Im Ganzen blieb die bildhauerische Tätigkeit in der
Slowakei weiters an Zunft und städtische Regeln
gefesselt. Sie vegetierte so in Grenzen der einzelnen
Städte, eingezäunt in veralterte Konventionensregel
und ohne fliessenden Kontakt mit dem Geschehen in
den umliegenden Kulturzentren. Deshalb konnte sie
nicht einmal der Konkurrenz von Aussen, deren
Druck immer intensiver wurde, erfolgreich trotzen.
Die ästhetisch immer anspruchsvolleren Forderungen
des Adels, später auch des höheren Bürgertums wur-
den grösstenteils von Ausländern befriedigt. Ehemalige
Herrschaftsbesitze —- ungeachtet vieler unseliger Be-
sitzverschiebungen -— sind heute noch dessen hand-
greifliche Beweise (Betliar, Topolcianky usw.).
Das bildhauerische Schaffen sakralen Charakters
verlor bei uns zu jenem Zeitraum seine vormalig
vorrangige Stellung. Nicht so sehr im quantitativen
Sinne;-eher aus dem Gesichtspunkt der künstlerischen
Bedeutung heraus. Es blieb überwiegend im Wir-
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Foto F. Hideg, Bratislava
Brennpunkt der damaligen Bildhauerkunst in persön-
lichen Kontakt zu kommen. Die einzige Ausnahme
war Stefan Ferenczy (24. 2. 1792 Rimavská Sobota —
4. 7. 1856 Rimavská Sobota),6 der Begründer der
neuzeitlichen ungarischen Bildhauerei im eigentlichen
Sinne des Wortes. Er lebte zwar einige Zeit auf slowa-
kischem Boden, in Rimavská Sobota, seiner gänzlichen
Gedankeneinstellung und dem Charakter seines
Schaffens zufolge scheidet er jedoch aus dem Rahmen
unseres Vorschungsinteresses aus. Während in der
kaiserlichen Residenz zu dieser Zeit schon verhältnis-
mässig wenig bedeutende, von römischen Studienrei-
sen nicht belehrte Bildhauer wirkten, standen an der
Spitze unserer zeitlichen Bestrebungen Autoren, wel-
che zumeist an übermittelte Erkenntnisse angewiesen
waren.
Die Formanknüpfung an Wien, namentlich an
dessen Canova-Zaunerische Linie, verrät eine Reihe
von Arbeiten aus dem Umkreis von Bratislava. Die
schöpferischen Beziehungen zwischen beiden Städten
verstärkten sich im Zeitalter des Barocks und ver-
klangen noch tief in das 19. Jahrhundert hinein. Das
Eingreifen der Wiener Bildhauer bei uns realisierte
sich nicht nur in direkter Form an Hand eigener
Schöpfungen, sondern oft auch vermittelt, durch
thematische und bildnerisch-formale Inspiration, die
in Arbeiten hiesiger Künstler zum Ausdruck kam. Die
Verschiebung der Aufmerksamkeit nach Budapest —
dem neuen Bildhauermittelpunkt —- bedeutete zum
gegebenen Zeitpunkt keine schwerwiegende Abwand-
lung der Wiener Orientation unserer Plastik. Auch die
dortigen Bildhauer waren überwiegend Absolventen
der Wiener Akademie und die ungarische National-
schule befand sich erst im Stadium ihrer Entwicklung.
(Siehe z. B. die Engelplastiken vom Grabmal des
Grafen Zerdahelyi in Nitrianska Blatnica aus dem
Jahre 1825 von M. Bauer.)7
Im Ganzen blieb die bildhauerische Tätigkeit in der
Slowakei weiters an Zunft und städtische Regeln
gefesselt. Sie vegetierte so in Grenzen der einzelnen
Städte, eingezäunt in veralterte Konventionensregel
und ohne fliessenden Kontakt mit dem Geschehen in
den umliegenden Kulturzentren. Deshalb konnte sie
nicht einmal der Konkurrenz von Aussen, deren
Druck immer intensiver wurde, erfolgreich trotzen.
Die ästhetisch immer anspruchsvolleren Forderungen
des Adels, später auch des höheren Bürgertums wur-
den grösstenteils von Ausländern befriedigt. Ehemalige
Herrschaftsbesitze —- ungeachtet vieler unseliger Be-
sitzverschiebungen -— sind heute noch dessen hand-
greifliche Beweise (Betliar, Topolcianky usw.).
Das bildhauerische Schaffen sakralen Charakters
verlor bei uns zu jenem Zeitraum seine vormalig
vorrangige Stellung. Nicht so sehr im quantitativen
Sinne;-eher aus dem Gesichtspunkt der künstlerischen
Bedeutung heraus. Es blieb überwiegend im Wir-
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