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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 1994

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Medvecký, Jozef: Zu den Anfängen der Tätigkeit Carpoforo Tencalas: die frühbarocken Fresken auf der Burg Červený Kameň und ihre Ikonographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.51724#0325

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siertes Zitat (als Kontrapunkt zum dominanten „goldenen Zeit-
alter“ und den sorglos tanzenden Nymphen und spielenden Kin-
der sowie der bukolischen Gestalten der Musiker in den Haupt-
szenen am Gewölbe).
Auffallend ist das Motiv des Wassers, das sich auch in der
malerischen Komponente der Dekoration der Innenräume wie-
derholt, besonders im Zyklus der Flußlandschaften und dem Bild
des stürmischen Meeres in den Lünetten der sala terrena. Ihre
Dekoration mit Wassertieren (Muschelnabdrücke) ergänzte auch
wirkliches Wasser, das ursprünglich aus dem Springbrunnen in
der Grotte kam und auch beim Blick auf den Hof mit dem Brun-
nen in der Mitte zu sehen war. Mit dem Element des Wassers in
seinen verschiedenen Formen hängen auch die Themen mehre-
rer Malereien in den Sälen im ersten Stock zusammen.
Die thematische Verknüpfung des Motivs der Heldenfrau-
en (Donne Famose, Femmes illustrées), kann man jedoch nur
rahmenhaft konstatieren. Es beginnt mit Lucretia in der sala ter-
rena und setzt sich im ersten Stock mit einem Zyklus weiterer
weiblicher Heldinnen fort, legendären und historischen, deren
Schicksale als Beispiele im positiven und negativen Sinn ge-
nommen werden (Hagar, Potiphars Weib, Susanna, Kleopatra,
Orithya). Sie werden auch durch sekundäre allegorische Gestal-
ten getrennt, die die moralisierende Absicht dieser Kombination
akzentuieren. Zu diesen treten auch die männlichen Eigenschaf-
ten, wohl in den Räumen des Grafen - die Treue (der biblische
„castus Joseph“) und die Tapferkeit (der antike Kadmus).
Der Sinn des ganzen könnte allgemein in der Verherrlichung
des Geschlechts gesehen werden, die auch wohl (Beispiele aus
analogen Werken deuten dies an) politische Allusionen enthielt.
Jedes der dargestellten Themen enthält in sich auch eine Bot-
schaft: die Befreiung Roms, die durch Lucretias Opfer angeregt
wurde, das große Geschlecht, das aus Ismael hervorgehen soll-
te, die fünf Sieger des Bürgerkriegs, die aus den von Kadmus
gesäten Drachenzähnen geboren wurden und mit denen er dann
die berühmte Stadt Theben gründete usw.
Auf der Grundlage der erhaltenen Werke und der bisheri-
gen Feststellungen kann man aber die einzelnen thematischen
Kreise nur in ihrer allgemeinen Bedeutung interpretieren. Es ist
nicht möglich, aus den abgebildetenThemen irgendeine voraus-
gesetzte Gesamtabsicht des Auftraggebers genauer zu rekonstru-
ieren, diese Frage können wir vorerst nicht lösen. Obwohl auch
unsere Feststellungen zur Präzisierung der Ikonographie der

Malerei beitragen können, muß man gleichzeitig konstatieren,
daß viele der beschriebenen Abbildungen atypisch sind und daß
die Gesamtidee deshalb sehr uneindeutig bleibt (das gilt beson-
ders für die sala terrena). Diese wenigen vorläufigen Erwägun-
gen können deshalb nur mögliche Richtungen des weiteren For-
schens andeuten, die zum Ausgangspunkt für die Lösung der
angedeuteten Fragen in der Zukunft werden könnten.
Schlussbetrachtung
Die erhaltenen Kompositionen besitzen alle wesentlichen
Merkmale von Tencalas Malstil, der in der italienischen Tradi-
tion seit dem 16. Jh. verankert ist und wie ihn übereinstimmend
die Autoren charakterisieren, die sich mit seinen Werken be-
schäftigen. Die Malereien in Červený Kameň, das bis jetzt chro-
nologisch früheste Werk Tencalas, waren der Prolog zu seiner
ganzen späteren Tätigkeit nördlich der Alpen, die in den Fresken
von Passau gipfelte. Schon hier stellte er sich als souveräner,
stilistisch ausgereifter Künstler vor, so wie wir ihn aus seinen
späteren Werken der Jahre 1665-79 kennen. Die Datierung der
Entstehung der Malereien für Nicolaus Pálffy schon in das Jahr
1655 trägt bedeutend zur Erkenntnis von Tencalas Tätigkeit bis
zu diesem Zeitpunkt bei, von der nichts bekannt ist (nur sehr
annähernd und wenig konkret sind die bis jetzt gesicherten An-
gaben über seine Vorbereitung und Schulung in den Jahren 1640-
1655).
Wie B. Faßbinder und andere Forscher feststellten, war der
eklektischeTencala im Kontext der europäischen künstlerischen
Entwicklung selbstverständlich kein Bahnbrecher oder Neue-
rer. Technisch und handwerklich war er aber zweifellos ein ge-
schickter Dekorateur mit Gefühl für Farbe und Detail, als Fres-
komaler ins seiner Zeit respektiert und von seinen Auftraggebern
hoch geschätzt.
Mit seiner Wahl antizipierte Nicolaus Pálffy den Geschmack
der allerhöchsten Hofkreise, der Kaiserinwitwe Eleonora und
Tencalas späterer aristokratischer Auftraggeber, die Angehörige
der namhaftesten Adelsgeschlechter seiner Generation waren.
Für uns ist außerdem nicht unwichtig, daß in Hinblick auf die
Gesamtsituation in der Slowakei im 17. Jh. seine Malereien in
Červený Kameň das Beste an Qualität repräsentieren, was sich
bei uns aus der frühbarocken Entwicklungsphase der Aus-
schmückung von profanen Innenräumen erhalten hat.

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