Schaftsmalerei proklamierte, für die das berühmte
Bild Morgen Beispiel gebend sein sollte.
Zur Illustrierung der Anfänge der polnischen
Historienmalerei möchte ich Bilder dreier Maler
analysieren, die ihre Karriere unter Stanislaus August
begonnen hatten.
Der 1731 in Rom geborene und 1818 in War-
schau gestorbene Marcello Bacciarelli war Schüler
von Marco Benefial. 1756 kam er aus Dresden nach
Warschau, wo er bis zum Ende der Wettiner-Zeit
blieb, um dann weiterzureisen. 1766 rief Stanislaus
August ihn endgültig wieder nach Warschau und
verlieh ihm den Titel des Ersten Malers des Königs.
Kurz vor seinem Tod bekam Bacciarelli den Ehren-
titel des Dekans der Fakultät der Schönen Künste
der neugegründeten Wilnaer Universität. Bacciarelli
ist vor allem wegen seiner Porträtkunst bekannt.
Seine Reihe von Bildern, die für den Rittersaal des
Königsschlosses vorgesehen war, verewigte Trium-
phmomente der polnischen Könige. Ein Bild etwa
zeigt den preußischen Lehenseid, ein Ereignis von
1525, das als Triumph Polens über Preußen gesehen
wurde [Abb. 1]. Der erste Herzog von Preußen,
Albrecht von Hohenzollern, kniet vor Sigismund
dem Alten und erklärt sich zum Untertanen der pol-
nischen Krone. Sein barhäuptiger Kopf signalisiert
Gehorsam gegenüber der königlichen Macht. Den
Herzogshelm hält ein neben ihm stehender Junge
- Sigismund August, der Sohn und Nachfolger Sigis-
munds des Alten. In der linken unteren Ecke ist ein
Ritter im vollen Harnisch und Helm zu sehen, der
sicher zum Gefolge des Herzogs gehört. Er vollführt
mit der Hand eine Trotzgeste, die die kommenden
Probleme Polens mit Preußen ankündigt. Diese Er-
zählung der Geschichte mit einer Art Prophezeiung
hat Jan Matějko Jahre später in seinem gleichnamigen
Bild {Derpreußische Lebenseid) aufgegriffen.
Bernardo Beilotto dagegen, nach seinem Onkel
Canaletto genannt, 1721 in Venedig geboren und
1780 in Warschau gestorben, der von Bacciarelli
überredet wurde, in Warschau zu bleiben, statt
nach St. Petersburg zu fahren, malte vor allem prä-
zise Veduten. Unter seinen seltenen historischen
Bildern finden wir die 1779 gemalte Darstellung
des feierlichen Einzugs des polnischen Gesandten,
Jerzy Ossoliňskis, 1633 in Rom. Die Szene hatte
graphische Vorläufer, unter anderem benutzte der
Maler Werke von Piranesi. Obgleich das Ereignis
1 .Marcello Bacciarelli: Derpreußische Lehenseid, 1783— 1786. War-
schau, Königliches Schloß. Repro: POPRZLCKA, M.: Arcydziela
malarstwa polskiego. Wars^aira 1997.
1633 stattfand, stehen auf der Piazza beide Rainaldi-
Kirchen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Beilotto stellt den Betrachter an die Porta del Popolo
und zeigt den Moment, als der Zug der Gesandten
die Piazza del Popolo erreicht. Auf dem Bild wim-
melt es von Personen, die teilweise identifizierbar
sind, die Menschenmenge jedoch, das Gefolge
der Gesandten, die Empfangsgruppe sowie das
zusammengelaufene Volk erschweren eine genaue
Betrachtung der einzelnen Elemente. Die in phan-
tasievolle orientalische Trachten gekleideten Polen
unterscheiden sich von den übrigen Gruppen, isoliert
in dem ganzen Getümmel und damit prädestiniert
für eine eingehende Betrachtung ist jedoch allein
Jerzy Ossoliňski. Schließlich bemerkt man auch,
dass Canaletto links Medaillons mit den Porträts
Ladislaus’ IV, des Königs aus der Zeit Ossoliňskis,
und Stanislaus Augusts darstellte (rechts sind die
Medaillons des Auftraggebers des Gemäldes, des
Nachkommens Jerzy, Józef Ossoliňskis und des
195
Bild Morgen Beispiel gebend sein sollte.
Zur Illustrierung der Anfänge der polnischen
Historienmalerei möchte ich Bilder dreier Maler
analysieren, die ihre Karriere unter Stanislaus August
begonnen hatten.
Der 1731 in Rom geborene und 1818 in War-
schau gestorbene Marcello Bacciarelli war Schüler
von Marco Benefial. 1756 kam er aus Dresden nach
Warschau, wo er bis zum Ende der Wettiner-Zeit
blieb, um dann weiterzureisen. 1766 rief Stanislaus
August ihn endgültig wieder nach Warschau und
verlieh ihm den Titel des Ersten Malers des Königs.
Kurz vor seinem Tod bekam Bacciarelli den Ehren-
titel des Dekans der Fakultät der Schönen Künste
der neugegründeten Wilnaer Universität. Bacciarelli
ist vor allem wegen seiner Porträtkunst bekannt.
Seine Reihe von Bildern, die für den Rittersaal des
Königsschlosses vorgesehen war, verewigte Trium-
phmomente der polnischen Könige. Ein Bild etwa
zeigt den preußischen Lehenseid, ein Ereignis von
1525, das als Triumph Polens über Preußen gesehen
wurde [Abb. 1]. Der erste Herzog von Preußen,
Albrecht von Hohenzollern, kniet vor Sigismund
dem Alten und erklärt sich zum Untertanen der pol-
nischen Krone. Sein barhäuptiger Kopf signalisiert
Gehorsam gegenüber der königlichen Macht. Den
Herzogshelm hält ein neben ihm stehender Junge
- Sigismund August, der Sohn und Nachfolger Sigis-
munds des Alten. In der linken unteren Ecke ist ein
Ritter im vollen Harnisch und Helm zu sehen, der
sicher zum Gefolge des Herzogs gehört. Er vollführt
mit der Hand eine Trotzgeste, die die kommenden
Probleme Polens mit Preußen ankündigt. Diese Er-
zählung der Geschichte mit einer Art Prophezeiung
hat Jan Matějko Jahre später in seinem gleichnamigen
Bild {Derpreußische Lebenseid) aufgegriffen.
Bernardo Beilotto dagegen, nach seinem Onkel
Canaletto genannt, 1721 in Venedig geboren und
1780 in Warschau gestorben, der von Bacciarelli
überredet wurde, in Warschau zu bleiben, statt
nach St. Petersburg zu fahren, malte vor allem prä-
zise Veduten. Unter seinen seltenen historischen
Bildern finden wir die 1779 gemalte Darstellung
des feierlichen Einzugs des polnischen Gesandten,
Jerzy Ossoliňskis, 1633 in Rom. Die Szene hatte
graphische Vorläufer, unter anderem benutzte der
Maler Werke von Piranesi. Obgleich das Ereignis
1 .Marcello Bacciarelli: Derpreußische Lehenseid, 1783— 1786. War-
schau, Königliches Schloß. Repro: POPRZLCKA, M.: Arcydziela
malarstwa polskiego. Wars^aira 1997.
1633 stattfand, stehen auf der Piazza beide Rainaldi-
Kirchen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.
Beilotto stellt den Betrachter an die Porta del Popolo
und zeigt den Moment, als der Zug der Gesandten
die Piazza del Popolo erreicht. Auf dem Bild wim-
melt es von Personen, die teilweise identifizierbar
sind, die Menschenmenge jedoch, das Gefolge
der Gesandten, die Empfangsgruppe sowie das
zusammengelaufene Volk erschweren eine genaue
Betrachtung der einzelnen Elemente. Die in phan-
tasievolle orientalische Trachten gekleideten Polen
unterscheiden sich von den übrigen Gruppen, isoliert
in dem ganzen Getümmel und damit prädestiniert
für eine eingehende Betrachtung ist jedoch allein
Jerzy Ossoliňski. Schließlich bemerkt man auch,
dass Canaletto links Medaillons mit den Porträts
Ladislaus’ IV, des Königs aus der Zeit Ossoliňskis,
und Stanislaus Augusts darstellte (rechts sind die
Medaillons des Auftraggebers des Gemäldes, des
Nachkommens Jerzy, Józef Ossoliňskis und des
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