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Instytut Historii Sztuki <Posen> [Hrsg.]
Artium Quaestiones — 14.2003

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[Rozprawy]
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Woldt, Isabella: Lord Shaftesbury und die Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.28200#0152
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LORD SHAFTESBURY UND DIE KUNSTLER

149

Die Ausfuhrung der beiden Portrats zeugt von einem Stilbruch in Clo-
stermans spatbarocker Portratmalerei128. Nach seiner einjahrigen Rom-
reise (1699-1700), die er auf Anweisung von Shaftesbury unternahm, um
einen entsprechenden Kiinstler129 fiir die Ausfuhrung von Tugend-Sta-
tuen zu finden, wobei er mehrere Werkstatten fuhrender Meister sowie
Kunstsammlungen in Florenz und Rom besuchte und sich dabei mit der
antiken Tradition auseinandersetzte, stand Closterman Shaftesburys
Vorliebe zum klassischen Stil offen gegeniiber130.
Es ist bekannt, daB Closterman die ersten Entwurfe fiir das Fronti-
spiz Triumph der Freiheit machte (Abb. 5), welches ais Titelfrontispiz fur
die Characteristicks geplant war (und spater dann ais Titelstich fur den
zweiten Band aufgenommen wurde). In den Entwiirfen wird deutlich,
daB die Arbeit die „Handschrift” Shaftesburys tragt131. Die Meinung, daB
Closterman sich wahrend der Zusammenarbeit Shaftesburys Vorstellung
vollstandig unterworfen habe132, ist nicht berechtigt. Intellektuell war
Shaftesbury dem Kiinstler sicherlich iiberlegen, aber er verstand sich
viel mehr ais ein geistiger Patron denn ais ein strenger Auftraggeber,
zumal der Kiinstler und sein Bruder John Baptist - ebenso Kiinstler -
wahrend der Arbeiten an den Portrats die Zeit in Shaftesburys Haus ver-
brachten, wozu Closterman in seinem Brief aus Rom auBert, daB er
gerne mit Shaftesbury zusammenarbeite und die Portrats auf gemeinsa-
men Gedanken basierten133.
Die bisherigen Ausfiihrungen haben gezeigt, daB Shaftesbury im Hin-
blick auf seine Kunsttheorie die meisten zeitgenossischen Kiinstler zwar
kritisierte, jedoch nicht dereń kiinstlerisches Potential verkannte. In der
gegenwartigen sozio-politischen Situation, besonders in England, sah er
die Basis fiir die Entwicklung freier Kiinste gegeben. Von einem Kiinst-
ler erwartete er die Einsicht in den eigenen Charakter, das Entdecken
der wahren moralischen Prinzipien und dereń Visualisierung in der
Kunst. Den Philosophen, und damit auch sich selbst, sah er ais einen
geistigen Mentor des Kiinstlers an, der ihm helfen sollte, den richtigen
Bildungsweg zur Gestaltung schoner Kunst zu finden. Aus dieser Per-
spektive muB das Verhaltnis zwischen Shaftesbury und Closterman134,
128 Zu Closterman ais Kiinstler vgl. Rogers 1983.
129 Gedacht war an Domenico Guidi, aber da er Closterman „zu franzosisch” erschien,
wurde der Plan verworfen.
130 Zur Clostermans Romreise vgl. dessen Korrespondenz mit Shaftesbury aus Florenz
vom 19. August 1699 (Voitle 1984, S. 107 f., PRO 30/24/45/725-26) und aus Rom (vor
Ostern 1700; PRO 30/24/21/230).
131 Vgl. Brief an Thomas Micklethwayte vom 29.12.1711 in: Rand 1900, S. 455 ff.
182 So besonders Wind 1938, S. 185 f.
133 Voitle 1984, S. 107; Brief von Closterman an Shaftesbury aus Rom 1700 (PRO
30/24/21/230).
131 Vgl. Shaftesburys Erinnerung an Closterman in Plasticks (SE, 1,5, S. 254): „So my
Painter (Closterman) going into his Picture when in the Dark & standing long before it”.
 
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