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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0025

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1.2. DKR ERSTE LÖWEN JAGDSARKOPHAG IN BARCELONA

mit besonders kräftigen, bisweilen rohen Mitteln. Die Entwicklung innerhalb dieser Werkstatt, an deren
Anfang der Venatorsarkophag steht, läßt sich nicht umkehren.

1.2. DER ERSTE LÖWEN JAGDSARKOPHAG IN BARCELONA

Die Zeitbestimmung des Venatorsarkophags ist deshalb so wichtig, weil er der unmittelbare Vorläufer des
ältesten erhaltenen Löwenjagdsarkophages zu sein scheint, des Sarkophags in Barcelona (Kat. 8, Taf. 1,2;
2; 3). Daß dieser Sarkophag aus der gleichen Werkstatt hervorgegangen ist wie der Venatorsarkophag,
ist offensichtlich und läßt sich beim Vergleich aller Einzelformen nachprüfen. Die Nebeneinanderstellung
von zwei Details dieser beiden Sarkophage auf Taf. 114, 1,2 macht das besser deutlich als viele Worte.
Die Flammenhaare der Treiber, die Punktbohrungen in den Blättern der Bäume, die Stilisierung der Pfer-
demähnen, der Falten am Hals der Pferde und die Rinne, welche die Ganasche der Pferdeköpfe vom Hals
trennt, zeigen stets die gleiche Handschrift.

Die aus der Stilverwandtschaft mit dem Venatorsarkophag abzuleitende Datierung des Sarkophags gegen
230 n.Chr. kann durch die Porträts (Taf. 2,1 ; 3,1) nur cum grano salis bestätigt werden. Die Köpfe sind
so stark bestoßen, daß sie ein vollkommen sicheres Urteil nicht zulassen. Vom Umriß her könnte man
sie auch bis in die vierziger Jahre des 3.Jahrhunderts n.Chr. datieren61. Die kräftigen Linien im Gesicht
und die Angabe von Tränensäcken unter den Augen des Sarkophaginhabers sind in der Zeit des Severus
Alexander nur als Werkstatteigentümlichkeit zu verstehen, beim Bildnis des Maximinus Thrax6 und beim
Deciusporträt63 sind sie ausgeprägt. Da nun H. Wrede64 mich darauf aufmerksam macht, daß der weibliche
Kopf seiner Meinung nach eine Scheitelzopffrisur trägt, wie sie auch die Münzbildnisse der Otacilia, Gattin
des Philippus Arabs (244-249 n.Chr.)65, zeigen, könnten auch daraus Argumente für eine Spätdatierung
in das Jahrzehnt 240-250 n.Chr. abgeleitet werden. Der vermeintliche Scheitelzopf des weiblichen Porträts
auf dem Sarkophag in Barcelona erweist sich bei genauer Überprüfung allerdings als nicht so eindeutig,
wie er beim ersten Blick erscheinen mag. Einen bis zum Haaransatz reichenden schmalen, vorn nicht umge-
schlagenen, zweigeteilten Scheitelzopf kennt man von plastischen Porträts nicht. Die Zweiteilung des Gebildes
scheint daher eher ein Scheitel zu sein, von dem aus die Haare in Wellen, wie z.B. Julia Mamaea66 sie
ihren Haaren mit der Brennschere zu geben pflegte, zur Seite und nach hinten gestrichen waren. Die scharfen
Trennlinien zwischen den Wellen finden sich auch an anderen Stellen im Haar der Frau. Der vermeintliche
Scheitelzopf darf deshalb nicht für eine Datierung des Sarkophags in Barcelona 20 Jahre nach dem Venatorsar-
kophag in Anspruch genommen werden. Die beiden Sarkophage müssen einander zeitlich sehr nahe stehen,
und da man den Venatorsarkophag nicht später als in die 20er Jahre des 3.Jahrhunderts n.Chr. datieren
kann, bleibt auch für den Löwenjagdsarkophag in Barcelona kein weiterer Spielraum als die Zeit um 230 n.Chr.
Eine Kleinigkeit kann diese Datierung abschließend bestätigen: An der Wange des reitenden Löwenjägers,
dessen jugendliches Gesicht im übrigen glattrasiert ist, erkennt man einen nur eben angedeuteten Wangenbart,
wie Severus Alexander ihn nach Ausweis der Münzen von 225-228 n.Chr. trug. Zu einer anderen Zeit
im 3.Jahrhundert n.Chr. begegnet diese durch das jugendliche Alter des regierenden Kaisers bedingte
Barttracht im offiziellen Porträt nicht.

Ist schon eine Datierung in die 40er Jahre ausgeschlossen, so ist eine Datierung um 280-290 n.Chr., die
A. Vaccaro Melucco68 vorschlägt, vollends unverständlich. In der Serie von niedrigen, durch harte, versteinte
Formen gekennzeichneten Sarkophagen der Tetrarchenzeit, mit denen sie diesen Sarkophag zusammenstellt,

Bergmann (1977) 8 f.
Bergmann (1977) 3off. Taf. 1.
Bergmann (1977) 42L Taf. 6,3-6.

H. Wrede gab mir freundlicherweise Einsicht in seine noch unpu-
blizierte Habilitationsschrift: Vergöttlichte Privatpersonen der
römischen Kaiserzeit.

K. Wessel, Römische b'rauenfrisuren von der severischen bis zur
konstantinischen Zeit, AA 1946/47, 66ff. - Bergmann (1977) 90.
Wiggers-Wegner (1971) 2ooff. Taf. 57-643.

R.A.G. Carson, BMC VI, Severus Alexander to Balbinus and Pu-
pienus (1962) 40. - Wiggers-Wegner (1971) 181. - B. Andreae,
Der Bronzekopf des Kaisers Severus Alexander in der Sammlung
Paul Dierichs, in: Paul Dierichs zu seinem 7;. Geburtstag von
seinen Mitarbeitern (1976) 74, wiederabgedruckt in: M. Imdahl-N.
Kunisch, Plastik, Antike und moderne Kunst der Sammlung Die-
richs in der Ruhr-Universität Bochum (1979) 105.
Vaccaro Melucco (1963/4) 11.27.

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