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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0033

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1.4.2. DAS FRAGMENT IM MAGAZIN DES VATIKAN

die Darstellung des Aufbrechenden links, der einen Paradepanzer und das Paludamentum der reimischen
Offiziere trägt.

Das Fragment im Vatikan (Kat. 213, Taf. 7,3) ist der früheste Jagdsarkophag, der die Differenzierung der
Bekleidung beim Aufbrechenden und beim Löwenjäger zeigt. Später wird sie üblich, eine Feststellung,
auf die wir weiter unten111 noch zurückkommen müssen. Auf den beiden anderen frühen Löwenjagdsarkopha-
gen in Barcelona (Kat. 8, Taf. 1,2; 2; 3) und im Louvre (Kat. 65, Taf. 1,3; 4; 5) sind der Aufbrechende
und der Jagende, die das Porträt als dieselbe Person kennzeichnet, genau gleich gekleidet. Die Differenzie-
rung, die man auf dem Fragment im Belvedere des Vatikan (Kat. 213, Taf. 7,3) beobachtet, scheint sich
jedoch aus den Bedürfnissen der Besteller heraus schon sehr früh als notwendig oder wünschenswert erwiesen
zu haben.

In diesem Zusammenhang ist auch der Adlerkopfhelm zu beachten, der auf den zweiszenigen Jagdsarkophagen
von dem Pferdeführer getragen wird.

Die Deutung dieser Figur soll im Anschluß an die Betrachtung eines besonders qualitätvollen Sarkophagfrag-
mentes versucht werden112, auf dem neben dem Kopf des Sarkophaginhabers im Aufbruch auch der Pferdefüh-
rer mit einem prachtvoll ausgearbeiteten Adlerkopfhelm erscheint (Kat. 217, Taf. 7,5).

1.4.2. Das Fragment im Magazin des Vatikan

Das Fragment (Kat. 217, Taf. 7,5) wurde von G. Kaschnitz113 in der Erstpublikation als Teil eines Schlachtsar-
kophages vom Typus des Großen Ludovisischen Schlachtsarkophages angesprochen, was jedoch wegen der
dichten Nebeneinanderstellung des nach rechts gewandten Porträtkopfes und des in die gleiche Richtung
gedrehten behelmten Kopfes ausgeschlossen ist. Die typologische Übereinstimmung mit den vollständig
erhaltenen zweiszenigen Löwenjagdsarkophagen läßt es so gut wie sicher erscheinen, daß auch dieses Fragment
zu einem solchen Sarkophag gehören muß. Auf den Helmträger wird unten im Zusammenhang der Untersu-
chung dieses Typus näher einzugehen sein. Der Porträtierte trägt ein Paludamentum, das sich hinten am
Hals so weit nach oben schiebt, daß man darunter einen Panzer annehmen muß.

Der Porträtkopf zählt zum besten, was auf römischen Sarkophagen je an Bildnissen ausgearbeitet wurde.
Der Sarkophag, zu dem das Fragment gehörte, muß noch größer gewesen sein als der im Belvedere des
Vatikan (Kat. 213, Taf. 7,3). Mit 0,19 m Höhe ist der Kopf genau so groß wie die Köpfe des Kaisers
Balbinus auf seinem Sarkophag im Museum der Prätextatkatakombe, beziehungsweise im Cleveland Museum
of Art. Der Sarkophag muß demnach eine Höhe von rd. 1,30 m gehabt haben. Nach dem Porträt zu urteilen,
ist er aber früher entstanden als der Balbinussarkophag114, der, wenn er dem Kaiser zuzuweisen ist, einen
Terminus post quem im Tage seiner Erhebung zum Augustus, d.h. dem 22. April 238 n.Chr. hat. Das
Porträt dieses Fragmentes eines ungewöhnlich großen Sarkophages läßt sich physiognomisch und stilistisch
am besten mit den Bildnissen des Kaisers Severus Alexander115 vergleichen. Wären die Falten auf der Stirne
nicht und die markanten im Bogen herabgeführten Nasolabialfalten, die beim jugendlichen Antlitz des mit
27 Jahren ums Leben gekommenen Kaisers nicht begegnen, könnte man in Versuchung geraten, das Porträt
mit dem des Kaisers zu identifizieren und diesen ungewöhnlich großen Sarkophag für den des 235 in Mainz
von seinen Truppen erschlagenen Kaisers zu halten, wodurch die Größe und Qualität des Sarkophages
leicht erklärt werden könnte. Aber man muß dieser Versuchung widerstehen, auch wenn durch die Annahme,
daß dieser wahrhaft monumentale Sarkophag in kaiserlichem Auftrag geschaffen wurde, die Monumentalisie-
rung der Sarkophage soziologisch gut zu begründen wäre. Dieser Weg entbehrt der methodischen Grund-
lage116. Für die Identifizierung eines auf seinem Sarkophag Porträtierten mit einer bestimmten, durch andere
Bildnisse bekannten Persönlichkeit reicht die Feststellung einer noch so großen physiognomischen Ähnlichkeit
allein nicht aus. Kämen beim Balbinussarkophag nicht andere ikonographische Details wie das »imperatorische
Szepter« und überhaupt das ikonologische Programm der Gesamtdarstellung bestätigend hinzu, könnte man

111 V

Kap. 1.4.3.
1,2 Kap. 1.4.3.

111 Kaschnitz (1937) 233 Nr. 543.

114 Vgl. Anm. 92.

115 R. A.G. Carson, BMC VI Severus Alexander to Balbinus and Pupie-
nus (1962). - Wiggers-Wegner (1971) 1796°. - Bergmann (1977)
26-29 Taf. 2,2-3. ~ B- Andreae, Der Bronzekopf des Kaisers Seve-

rus Alexander in der Sammlung Paul Dierichs in: Paul Dierichs
zu seinem 75. Geburtstag von seinen Mitarbeitern (1976) 74,
wiederabgedruckt in: M. Imdahl-N. Kunisch, Plastik, Antike und
moderne Kunst der Sammlung Dierichs in der Ruhr-Universität
Bochum (1979) 105.
116 Vgl. K. Fittschen, Sarkophage römischer Kaiser oder vom Nutzen
der Porträtforschung, Jdl 94, 1979, 5 78— 593.

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