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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0036

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1.5. NICHT KANONISCHE JAGDSARKOPHAGE

ergeben nicht mehr als den Beleg, daß die schon von Herodot129 erwähnten thrakischen Reiterspiele am
Tumulus adliger Toten beim römischen Militär ein Äquivalent hatten.

Die stärkste Evidenz bieten die Denkmäler selbst. Wenn auf Sarkophagen, d.h. auf Grabdenkmälern, die
Verstorbene darstellen, welche durch den Panzer, den sie tragen, als Offiziere gekennzeichnet sind, der
Pferdeknecht mit flachem Hut, wie der Venatorsarkophag ihn bietet, durch einen mit dem römischen Parade-
helm ausgestatteten Pferdeführer ersetzt wird, dann kann man sich dem Schluß kaum entziehen, daß ein
Zusammenhang mit den bei der Totenehrung von Offizieren getragenen realen Paradehelmen besteht. Jeden-
falls gibt der durch den Paradehelm ausgezeichnete Pferdeführer auf den zweiszenigen Löwenjagdsarkophagen
einen Hinweis auf die Personenklasse, für welche dieser spezifische Sarkophagtypus bestimmt war: Es muß
sich um hohe Offiziere gehandelt haben, auch wenn der Sarkophaginhaber auf dem Sarkophag im Louvre
(Kat. 65, Taf. 1,3) nicht wie die auf allen anderen zweiszenigen Sarkophagen durch einen Panzer eindeutig
als solcher gekennzeichnet war. Dieser Sarkophag ist ein frühes Exemplar der Gattung. Später scheint man,
um alle Zweifel zu beseitigen, sich nicht mehr allein mit dem Helmträger als Hinweis auf den militärischen
Rang des Verstorbenen begnügt zu haben, sondern zumindest den aufbrechenden Sarkophaginhaber, im
Fall der beiden aus derselben Werkstatt stammenden Sarkophage Rospigliosi (Kat. 131, Taf. 12,1) und Kapitol
(Kat. 104, Taf. 12,2) auch den Löwenjäger im Offizierspanzer wiedergegeben zu haben. Als Gegenprobe
kann die Tatsache dienen, daß auf den später zu behandelnden einszenigen Löwenjagdsarkophagen130, die
den Pferdeführer mit dem Paradehelm durch unspezifische, aus dem Repertoire der Meleagersarkophage
genommene Jagdbegleiter verdrängen, niemals ein Löwenjäger im Panzer erscheint.

Man kann daraus möglicherweise den Grund für die Entwicklung des Typus der einszenigen Löwenjagdsarko-
phage ableiten. Sie waren vielleicht für hochgestellte Persönlichkeiten bestimmt, die keinen militärischen
Rang bekleideten.

Zu dem gleichen Schluß führt auch die Behandlung der folgenden Gruppe früher, nicht kanonischer Jagdsarko-
phage.

1.5.NICHT KANONISCHE JAGDSARKOPHAGE

Die Annahme, daß nur eine bestimmte Gruppe höherer militärischer und staatlicher Funktionäre sinnvoller-
weise einen der großen, heraldisch gewordenen Löwenjagdsarkophage als Grabmal wählen konnte, erklärt
vielleicht auch, warum neben der Ausarbeitung der Sarkophage dieses Typus, der sich kontinuierlich bis
hin zur Zeit der Tetrarchie und zur Frühzeit Konstantins d. Gr. feststellen läßt, die Fertigung anderer
Jagdsarkophage von weniger festgelegter Form und weniger anspruchsvollem Inhalt einherläuft. Aus den
dreißiger und vierziger Jahren des 3. Jahrhunderts blieben neben einer großen Zahl von Fragmenten wenig-
stens vier Jagdsarkophage entweder vollständig oder doch so weit erhalten, daß man ihre Komposition
als ganze überblicken und erkennen kann, daß sie nicht zum Typus der großen Löwenjagdsarkophage

Leichenzug mitgeht und in einer decursio den Scheiterhaufen um- auch im 3. Jahrhundert nicht wesentlich unterscheidet von derjeni-

zieht, ausdrücklich erwähnt wird und offenbar eine Rolle spielt. gen republikanischer Zeit, wie Livius, Lucan, Appian sie schildern,

Appian, Rom. Gesch. 1,106 spricht von den okAa nepöipyvpa, Lu- zeigt der Bericht von Cassius Dio 77, 15, 3 über die Leichenfeier-

can Bell. Civ. 8,734^ totus ut ignes proiectis maerens exercitus lichkeiten bei der Verbrennung des Leichnams des Kaisers Septi-

ambiat armis. Bei der Leichenfeier für Caesar werfen die Veteranen mius Severus im Feldlager von Eboracum (York), die dem von

ihre Waffen, in denen sie den Leichenzug begleiteten, als Totenge- Herodian 4,2 überlieferten funus publicum in Rom vorausgeht. Die

schenk in die Flammen (Sueton, Div. Julius 84,1-8). Vergleichba- Verbrennung auf dem Scheiterhaufen war mit einer decursio

res berichtet Cassius Dio ;6, 39fr. von der Leichenfeier des Augu- (Tlf.pidpoßi)) verbunden. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß diese

stus. Aus einem ähnlichen Vorgang erklärt sich das Auftreten von Form militärischer Ehrung durch eine decursio nicht nur dem Kaiser

Paradewaffen in Gräbern, z.B. der Adlerkopfhelm aus Silistra Du- vorbehalten war, sondern auch hohen Offizieren zukam, wie in

rostorum in Constanza, Garbsch a.O. 73 O 58 Taf. 32. - H. v. republikanischer Zeit etwa dem Ti. Gracchus (Livius 25, 17, 4L),

Petrikovitz, Beiträge zur älteren europäischen Kulturgeschichte, oder sogar jedem Gefallenen, wie Vergil, Aeneis 11, i88ff. es

Festschrift R. Egger I (1952) i2Öff. hat die Gesichtshelme schon für die mythische Vorzeit schildert: »ter circum accensos cincti fulgenti-

mit den Trojaspielen in Zusammenhang gebracht, die Cassius Dio bus armis decurrere rogos.« Irgend eine Form militärischer Ehrung

59,11 für die Leichenfeierlichkeit der Drusilla überliefert. Wenn bei den Leichenfeiern, bei denen Paraderüstungen getragen wur-

die Quellen auch nur die späte Republik und die frühe Kaiserzeit den, ist jedenfalls für Personen entsprechenden Ranges auch im

betreffen, legen die Sarkophage, auf denen die Adlerkopfhelme 3. Jahrhundert n.Chr. vorauszusetzen. Einer militärischen Verab-

begegnen, zusammen mit der Tatsache, daß die Helme auch in schiedung entspricht in anschaulicher Weise das Bild, daß ein Ad-

Gräbern gefunden werden, Zeugnis dafür ab, daß auch in der lerhelmträger dem Verstorbenen zum Aufbruch das Pferd zuführt,
späteren Kaiserzeit solche Paradewaffen beim Begräbnis eine Rolle 129 Herodot 5,8.
spielen. Daß sich die Form eines militärischen Leichenbegängnisses 130 Kap. 2.2.

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