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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0060

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2.2.2. DAS SCHWERT MIT DEM ADLERKOPFGRIFF

ein Speer im Körper des Löwen und doch schwingt der Jagdherr noch einen zweiten. In vielen Fällen,
wo der rechte Arm des Jagdherrn abgebrochen ist, läßt sich nicht mehr entscheiden, ob er eine Waffe
schwang oder nicht, obgleich dies eher wahrscheinlich ist. Die triumphale Geste wird erst bei den spätantiken
Sarkophagen tetrarchischer und konstantinischer Zeit235 häufig, aber auf dem Kopenhagener Sarkophag
bekommt sie wegen der gewaltigen Größe des Löwen, den der Jagdherr überwindet, eine besondere Aus-
druckskraft.

Der Jagdherr wird durch den Adlerkopfgriff seines Schwertes als eine hervorragende Persönlichkeit gekenn-
zeichnet. Ein gleichartiges Schwert mit dem Griff in Form eines Adlerkopfes trägt auch die hinter ihm
hereilende Virtus. Daß auch der Jagdherr in der Aufbruchszene des Sarkophags im Louvre (Kat. 65,
Taf. 4,1) und der Eberjäger des Dresdner Sarkophags (Kat. 28, Taf. 7,6) ein Schwert mit Adlergriff tragen,
wurde bei der Behandlung dieser Sarkophage vermerkt236.

2.2.2. Das Schwert mit dem Adlerkopfgriff und das ius gladii

Im Lichte der Erkenntnisse, welche die Betrachtung der zweiszenigen Sarkophage und vor allem die Untersu-
chung des Pferdeführers mit dem Adlerkopfhelm ergeben haben, stellt sich die Frage, ob dieses kostbare
Schwert mit dem Adlerkopfgriff möglicherweise einen bestimmten Hinweis auf die Stellung der Persönlichkeit
gibt, die es trägt.

Aus verschiedenen einander ergänzenden Indizien drängte sich im Verlauf der Untersuchung der Schluß
auf, daß die zweiszenigen Löwenjagdsarkophage für hohe Offiziere bestimmt waren, während der einszenige
Typus demgegenüber für hochgestellte Persönlichkeiten geschaffen wurde, die keinen militärischen Rang
bekleideten237. Dem scheint das in so prononcierter Weise getragene Schwert mit dem Adlerkopfgriff zu
widersprechen. Denn das selbstverständliche Recht, ein Schwert zu tragen, stand, soweit wir wissen, nur
dem Militär zu238. Es gab aber eine bedeutungsvolle Ausnahme: Der Praefectus urbi war ein Zivilbeamter,
der nicht Offizier war und auch kein militärisches Gefolge hatte, der keinen Panzer anlegte, sondern im
gewöhnlichen Leben die Toga oder einen Überwurf, die abolla, trug239. Zum Zeichen seiner höchstrichterlichen
Gewalt war ihm das ius gladii verliehen240. Es scheint nun nicht ausgeschlossen, daß die an Qualität und
Größe herausragenden Sarkophage in Dresden (Kat. 28, Taf. 6,4) und Kopenhagen (Kat. 41, Taf. 22,1),
die sich so deutlich von den offenbar für hohe Offiziere bestimmten zweiszenigen Löwenjagdsarkophagen
absetzen, für Personen geschaffen wurden, die zwar das ius gladii besaßen, aber unmißverständlich deutlich
machen wollten, daß sie keine Offiziere waren. Sicher war dies beim Praefectus urbi der Fall.
Andererseits ist die Auseinanderentwicklung der zivilen Verwaltungslaufbahn und der militärischen Laufbahn
im 3.Jahrhundert n.Chr. eine so allgemeine Erscheinung241, daß die Interpretation des Schwertes mit dem
Adlerkopfgriff als Hinweis auf das ius gladii des Praefectus urbi möglicherweise überzogen ist. Jedenfalls
wären zum Beweis, daß nichts anderes gemeint sein kann, weitere historische Studien notwendig, die hier
nicht geleistet werden können. Zu beachten ist auch, daß der Eberjäger auf dem Dresdner Sarkophag (Kat.
28, Taf. 6,4) und der Löwenjäger auf dem Sarkophag in der Villa Borghese (Kat. 179, Taf. 44,1) zwar
ein Schwert mit Adlerkopfgriff tragen, sonst aber keinen militärischen Rang erkennen lassen und daß auch
die Jagdherren auf den späteren einszenigen Jagdsarkophagen (Taf. 22-23) ein Schwert, wenn auch nicht
mit Adlerkopfgriff, an der Seite tragen.

Der Sarkophag in Kopenhagen (Kat. 41, Taf. 22,1) bietet einen Detailreichtum, der, wie sich immer deutlicher
herausstellt, voller Anspielungen steckt. Eines dieser Details, nämlich die beiden Episoden mit dem vom
Adler gekröpften und mit dem an einer Traube schnuppernden Hasen, die auf den ersten Blick als reine
Ausschmückung der Jagdszenerie wirken, bedarf einer besonderen Untersuchung.

Kap. 6.1 ff.

Kap. 1.3 und Kap. 1.5.4.
Kap. 1.4.3.

Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht I (1887) 419.

RE XXII 2 (1954) 2502-2534 bes. 2517 s.v. Praefectus urbi

(Sachers).

Mommsen II (1887) 271 Abs. 260. - E. De Ruggiero, Dizionario

Epigrafico III (1922) 531 s.v. Gladius. - H.G. Pflaum, Essai sur
les procurateurs equestres (1950) 117fr. A. Berger, Encyclopedic
Dictionary of Roman Law, Transactions of the American Phi-
losophical Society 43, 1, 1953, 529 s.v. Jus gladii. Diese Hinweise
verdanke ich G. Alföldy und V. Losemann.

Vgl. G. Alföldy, Die Legionslegaten der römischen Rheinarmeen
(1967) 114 und Anm. 390.

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