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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0126

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6.1. DIE KOMPOSITION DER TREIBJAGDSARKOPHAGE

Auch dieser Sarkophag verleugnet den Zusammenhang mit dem Grundmuster nicht, hat es aber in der
linken Bildhälfte total und völlig anders als die übrigen Treibjagdsarkophage verändert. In der Anordnung
von vier hintereinander herreitenden Jägern ist der Sarkophag in Arles C (Kat. 3, Taf. 94,4) dem in Schloß
Sanssouci bei Potsdam (Kat. 73, Taf. 94,2.3) verwandt, doch hat er diese enger aneinandergerückt, um links
die obligate Eberjagd (2) anfügen zu können.

Über die Komposition des Sarkophags in der Villa Doria (Kat. 185, Taf. 95,1) wurde oben S.112 schon
das Nötige gesagt. Besonders interessant für die Bewertung dieser Komposition, die offenbar das Grundmuster
der Treibjagdsarkophage am reinsten widerspiegelt, ist nun die Tatsache, daß der fragmentierte Jagdsarkophag
ehemals Palazzo Lancelotti (Kat. 124, Taf. 107,2) die Bärentreibjagd in der gleichen Form bietet wie der
Sarkophag in der Villa Doria (Kat. 185, Taf. 95,1), wenigstens soweit man das aufgrund des Erhaltungszustan-
des noch erkennen kann, der außerdem nur nach einer alten Abbildung zu beurteilen ist. In dem Zustand,
den die Abbildung (Taf. 107,2) festhält, sind die Bären rechts vom Jagdherrn angeordnet. Wenn der Porträt-
kopf, mit dem er ausgestattet ist, antik und zugehörig wäre, was sich nicht eindeutig entscheiden läßt,
würde man ihn konstantinisch datieren müssen. Da aber die Köpfe der beiden vor ihm herreitenden Jagdbeglei-
ter so gut wie sicher ergänzt sind, kann man dies auch beim Jagdherrn nicht ausschließen. In diesem
Fall wäre aber der im Gegensatz zu den beiden anderen Köpfen vorzüglich getroffene konstantinische Porträtstil
dieses Kopfes durchaus verwunderlich.

Das Fragment, das in seinem antiken Bestand einheitlich wirkt, weist in dem durch die Abbildung belegten
Zustand, in dem es in die Hoffassade des Palazzo Lancelotti eingemauert war, eine Eigentümlichkeit auf:
Die Bärentreiber auf der rechten Seite sind um einen Kopf höher angeordnet als der Jagdherr und seine
Begleitung auf der linken. Da eine solche Anordnung auf keinem anderen Treibjagdsarkophag begegnet,
sondern weitestgehende Isokephalie der Jäger zu Pferde dort die Regel ist, kann man dem Schluß kaum
ausweichen, daß hier zwei Fragmente, die wegen der stilistischen Ubereinstimmung sehr wohl vom gleichen
Sarkophag stammen können, in verkehrter Reihenfolge und in der Höhe gegeneinander versetzt, aneinander-
gefügt wurden. Wenn dem so wäre, würde die Ubereinstimmung des Sarkophages im Palazzo Lancelotti
(Kat. 124, Taf. 107,2) mit dem in der Villa Doria (Kat. 185, Taf. 95,1) noch weitergehen. Man könnte dann
annehmen, daß die Bärenjagd genau wie dort im linken Drittel des Sarkophags und der triumphale Jäger
mit seiner ebenfalls dem Sarkophag der Villa Doria motivisch nächst verwandten Begleitung in der Mitte
angeordnet waren. Ob unter dem Pferd des Jagdherrn ein niedergestreckter Hirsch lag und ob rechts eine
Hirschtreibjagd anschloß, entzieht sich unserer Kenntnis. Immerhin bestätigt das Fragment ehem. Palazzo
Lancelotti, daß die Bärenjagd ein fest geprägter Typus war, der sich gegenüber der Eberjagd mit Bären
im Hintergrund, wie die Sarkophage Avignon II (Kat. 6, Taf. 92,2), Deols (Kat. 27, Taf. 93,1), Cahors (Kat. 22,
Taf. 93,2) sie bieten, als die lectio difficilior erweist.

Der Sarkophag im Museum der Domitilla-Katakombe (Kat. 85, Taf. 95,2) läßt als einziger den Eber am
linken Rand aus dem Gebüsch brechen, bietet im übrigen aber die gleiche Komposition wie der in Osimo
(Kat. 59, Taf. 94,1), wohingegen der Sarkophag in Arles P. (Kat. 4, Taf. 95,3) zwar die Dreiteiligkeit der
Komposition beibehält, aber an die Stelle des triumphal nach rechts sprengenden Hirschjägers (3) den Hirsch-
bezwinger (6) in die Mitte setzt. Der Sarkophag im Konservatorenpalast (Kat. 112, Taf. 95,4; 113) behält
den Typus der Komposition bei, den der Sarkophag in Osimo (Kat. 59, Taf. 94,1) bietet, zieht die Figuren
aber weiter auseinander und gibt nur dem Jagdherrn und dem Kapuzenreiter ein Pferd.

Ein mit der Alicula bekleideter Jäger zu Fuß, der zwei kurze Venabula in der Linken hält, scheint den
Jagdherrn mit erhobener Hand zu grüßen (Taf. 112,3; 113,3). Weiter rechts schließt die bekannte Kombination
von Hirschbezwinger (6) und ins Netz getriebenem Hirschrudel (5) an (Taf. 113,3). Von den Treibern ist
nur der Kapuzenreiter (7) übriggeblieben. Das linke Drittel des Sarkophages nimmt die Eberjagd (2) ein.
Neben den beiden Jägern zu Fuß, von denen der linke mit der Saufeder gegen den Keiler ausfällt (Taf. 112,1)
und der rechte von oben in den Kopf des Ebers sticht, steht eine vornehme kahlköpfige Gestalt, die einen
vom Eber verwundeten Hund auf den Armen trägt (Taf. 112,3). Obwohl die aus sieben Figuren, zwei
Pferden, fünf Hunden und sechs Stück Wild aufgebaute Komposition in der üblichen Weise in zwei Jagd-
szenen, nämlich die aus drei Einzelelementen (3,5,6) und dem Kapuzenreiter (7) gebildete Hirschjagd rechts und
die Fberjagd (2) links, gegliedert ist, erscheint sie streng zentral komponiert mit einem Figurenenjambement
auf der rechten Seite. Der Raum, den der Jagdherr in der Mitte auf seinem ausgreifenden Pferd einnimmt

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