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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0094
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C. AMAZONEN.

Dreierlei Kämpfe zwischen Griechen und Amazonen
sind es, die von der griechischen Kunst vornehmlich dar-
gestellt wurden, der Zug des Herakles in das Amazonen-
land, die Tödtung der Penthesileia durch Achilleus
vor Troia, die Besiegung der in Attika eingefallenen Ama-
zonen durch Theseus. Während die ersten beiden My-
then bereits von der archaischen Kunst ausserhalb Attikas
ihre bildliche Gestaltung fanden, ist die dritte, die attische
Sage seit dem Ausgang des sechsten Jahrhunderts von
attischen Künstlern immer aufs Neue verherrlicht worden
und hat namentlich in der höchsten Blütezeit der antiken
Kunst sowohl auf den Wandgemälden des Polygnotischen
Kreises als in den plastischen Schöpfungen des Pheidias
und seiner Schüler eine künstlerische Ausbildung erfahren,
die für die gesammte Folgezeit massgebend geblieben ist1).
Seit jener Zeit datirt die dominirende Rolle der Amazonen-
kämpfe in der decorativen Reliefplastik, wobei mit verschwin-
dend geringen Ausnahmen, wie dem Fries von Phigaleia,
stets die attische Amazonomachie gemeint ist, aber im
Lauf der bildlichen Entwickelung allmählich so sehr der
rein formelle Gesichtspunkt der Gruppenbildung und
Gruppenverbindung in den Vordergrund tritt, dass jeder
auf eine bestimmte Amazonenschlacht hindeutende Zug
verloren geht und oft nicht einmal die Figur des Theseus
hinreichend kenntlich gemacht wird.

Auch die Amazonensarkophage verwenden, wenn nicht
Alles täuscht, fast ausschliesslich solche ursprünglich den
attischen Amazonenkampf darstellende Typen und wollen,
wenn anders der Verfertiger sich über den mythischen
Inhalt seiner Arbeit überhaupt genauere Rechenschaft gab,
in der Regel auch diese attischen Kämpfe veranschaulichen,
ohne dass indessen jemals die Hauptfiguren dieses Krieges
Theseus, Peirithoos, Antiope genügend charakterisirt wären,
um mit Sicherheit erkannt und benannt zu werden.
Allein der für das zweite und dritte Jahrhundert bezeich-
nende mythographische Zug bleibt auch auf diese Sarko-
phagdarstellungen nicht ohne Einfluss, und da man statt
der in der Kaiserzeit wenig populären Gestalten des The-

*) Vgl. Klügmann Die Amazonen in der attischen Literatur und
Kunst 1875.

seus und der Antiope lieber das aus dem troischen
Sagenkreis her beliebte, überdiess mit einem leichten roman-
tischen Schimmer umgebene Kämpferpaar Achilleus und
Penthesileia zu sehen wünschte, so wurden die attischen
Amazonenkämpfe in einer freilich sehr äusserlichen Weise,
zuerst durch Zufügung einiger charakteristischer Figuren,
sodann durch Hervorhebung eines ursprünglich namenlosen
Kämpferpaars, das fortan als Achilleus und Penthesileia
dienen musste, in den troischen Amazonenkampf ver-
wandelt.

Die erhaltenen Amazonensarkophage lassen sich in
drei, der Zahl nach sehr ungleiche Classen eintheilen. Die
erste Classe wird lediglich repräsentirt durch den griechi-
schen Sarkophag in Wien 68, den ältesten von allen bis-
her bekannten Sarkophagen überhaupt und zugleich den-
jenigen, auf dem die Darstellung des Amazonenkampfes
einen fast ausschliesslich decorativen Charakter trägt. Die
zweite, bei weitem zahlreichste Classe 69—109 umfasst sehr
verschiedene Gruppen, die aber durch einen einheitlichen,
fast gesetzmässig zu nennenden Entwickelungsgang zusam-
mengehalten werden. Die erste und älteste Gruppe ist
die der späteren griechischen Sarkophage 69—74, wozu
noch ein grosser Theil der auf Tafel XLVII zusammen-
gestellten Fragmente kommt; sie gehören wohl grössten-
theils dem zweiten Jahrhundert an; einige Exemplare
mögen etwas jünger sein, älter ist sicherlich keines. Auf
allen finden sich genau dieselben Kampfscenen, jedoch
in wechselnder Anordnung und Gruppirung; charakte-
ristisch ist, dass die Griechen ausnahmslos zu Fuss kämpfen,
während die Amazonen grösstentheils beritten sind. Klüg-
mann a. a. O. S. 89 vermuthete, dass die Gruppen der
Reliefdarstellung am Bathron der von Hadrian im athe-
nischen Olympieion errichteten Zeusstatue entlehnt seien.
Stark Archäologische Zeitung XXXIV 1876" S. 78 zieht es
vor, an ein Vorbild aus Augusteischer Zeit zu denken.
Indessen legt der besondere gar nicht reliefartige Charakter
der Gruppen sowie ihre eigenthümliche, beständig wech-
selnde Verbindung die Vermuthung nahe, dass wir, wie
öfters bei griechischen Sarkophagen (vgl. oben S. g. S. 10),
| die Vorlage nicht in einem Relief, sondern in einer
 
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