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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0100
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82

TROISCHER KREIS

dem welligen, in gedrehten Locken auf die Schulter her-
abfallenden Haar den Kalathos tragen und mit den auf der
Vorderseite des Sarkophags stehenden erhobenen Armen
die Schwinge der Kline stützen, während die auf den
Schmalseiten stehenden Arme gesenkt sind und leicht den
Mantel berühren; diesen Karyatiden entsprechen an den
Ecken der Rückseite, jedoch nicht in die Diagonale gestellt,
zwei bärtige Hermen, wahrscheinlich des Herakles; der
Oberkörper ist ganz in ein Löwenfell gehüllt, das nach Art
eines Mantels drapirt den vor die Brust gebogen gehaltenen
rechten Arm bedeckt, während die eine Tatze über den
gebogen vorgestreckten linken Arm geworfen ist und die
andere über die Stirnseite des Pfeilers lang herabhängt. Der
Sockel ist an seiner Vorder- und rechten Schmalseite mit
einer reichen, mehrfach geschnürten Guirlande von Früch-
ten und Aehren verziert, an seiner linken Schmalseite und
an der Rückseite ohne plastischen Schmuck und nur leicht
gerauht. Von den als Basen der Karyatiden charakterisirten
vorderen Ecken des Sockels ist nur die rechte vollständig
ausgearbeitet und auf ihren beiden Stirnflächen gleich-
mässig mit einer an Bukranien hängenden Blätterguir-
lande, in deren Bogen ein Löwenkopf angebracht ist, ver-
ziert; an der linken ist nur die auf der Vorderseite
stehende Stirnfläche ausgearbeitet, der plastische Schmuck
indessen, wieder ein Löwenkopf über einer Guirlande,
nur abbozzirt; an der linken Schmalseite ist das Postament
nicht angegeben, vielmehr die ganze Fläche bis zur rechten
Ecke gerauht. Die Postamente der Hermen sind oben
und unten mit einem Profil verziert, ohne weiteren plas-
tischen Schmuck; auf den Schmalseiten wird nur das linke
sichtbar, das dieselbe Dekoration trägt, wie die Postamente
der Vorderseite. Der obere Rand des Sarkophagkasten be-
steht aus einem Kyma, auf dem die Hände der Karyatiden
aufliegen, und einer Randleiste, die an der Vorderseite
durch die an den Enden angebrachten oblongen Vertie-
fungen als die Schwinge der Kline charakterisirt ist; vgl. g.
Der Deckel wird durch die Rücken- und Seitenlehne der
Kline und die von ihnen umschlossene, schmucklose Ma-
tratze gebildet, auf welcher das Ehepaar gelagert ist. Beide
Figuren haben den Kopf in steifer, gerader Haltung erhoben,
nur der Mann wendet den seinen etwas nach links; beide
stützen in typischer Weise die linken Arme auf keilförmige
Kissen; ein gleiches dient der Frau als Stütze für den
rechten Fuss; bekleidet sind beide mit Tunica und Mantel,
der die Beine umhüllend bei dem Manne über die linke
Schulter, bei der Frau über den linken Arm geworfen ist.
Der Mann hält in der linken Hand eine geöffnete Rolle,
die rechte legt er auf die linke Schulter der Frau; diese
hält mit der Linken einen Blumenkranz; unter der auf dem
rechten Oberschenkel ruhenden Rechten ist Bosse stehen
geblieben. Die Frau trägt gewelltes und gescheiteltes Haar,
der Mann straffes in die Stirn gekämmtes Haupthaar und

gestutzten Vollbart; die Gesichtszüge beider sind entschie-
den unrömisch, aber auch nicht eigentlich griechisch.

Auf der Vorderseite Fig. 69 ist die symmetrische
Anordnung der Gruppen stark verwischt; erst bei genaue-
rem Zusehen erkennt man, dass eine dreigliederige Compo-
sition zu Grunde liegt, die aus einer Mittelgruppe von
zwei stehenden und einer berittenen Figur und zwei
Seitengruppen von fünf bis sechs Figuren nebst je einem
Pferde besteht, dass aber, offenbar nicht in Folge falscher
Disposition der Relieffläche, wie bei 1 (s. oben S. 4), son-
dern absichtlich die rechte Seitengruppe so bevorzugt ist,
dass sie beinahe die Hälfte der Vorderseite einnimmt, wäh-
rend die linke Seitengruppe übermässig zusammengedrängt
erscheint.

In der linken Seitengruppe fällt zumeist in die Augen
ein jugendlicher mit korinthischem Helm und Wehrgehäng
gerüsteter Krieger, der, dem Beschauer den Rücken zu-
kehrend, eine aufs Knie gesunkene Amazone mit der Linken
bei den Haaren packt und den rechten Arm mit gezücktem
Schwert energisch zurückgenommen hat. Die Amazone,
die mit einem die rechte Brust freilassenden Chiton und
Stiefeln bekleidet ist, sucht mit der erhobenen Rechten
den Arm ihres Gegners von ihrem Haupt zu entfernen
und stemmt die vorgestreckte Linke kräftig gegen seinen
rechten Oberschenkel, um ihn wegzudrängen, während
sie gleichzeitig mit dem ausgestreckten linken Fuss einen
Halt am Boden zu gewinnen sucht. Ihr lediges Ross, auf
dessen Rücken eine Decke sichtbar wird, springt aufgeregt
nach links davon, den erhobenen Kopf nach rechts zurück-
wendend. Links von ihm dringt eine behelmte Amazone,
in der erhobenen Linken die Pelta, in der gesenkten Rech-
ten das gezückte Schwert mächtig nach rechts hin vor;
sie trägt Chiton mit gegürtetem Ueberschlag, der die
rechte Brust freilässt. Ihr Angriff" kann unmöglich dem
ihr gegenüberstehenden Krieger gelten, der den Helm auf
dem Haupt, in der Linken einen mit Gorgoneion ge-
schmückten Schild, ruhig mit der Rechten die Lanze schul-
tert und sich um die Amazone gar nicht zu kümmern
scheint; er richtet sich vielmehr gegen den die gefallene
Amazone bedrohenden Krieger im Vordergrund, vor
dem sie ihre Gefährtin schützen will, nur dass durch
das zwischendurch springende Ross die ganze Situation
unklar wird. Die Gruppe gewinnt ungemein an Ver-
ständlichkeit, wenn man sie sich als statuarisches Rundwerk
denkt, wobei die angreifende Amazone mehr nach vorn
gerückt werden müsste. Im Vordergrund erscheint end-
lich noch ein vorwärts auf die Kniee niederstürzender
behelmter Krieger, der sich mit seinem vorgestreckten
Schild zu stützen sucht; das Auge ist geschlossen, wie das
eines Sterbenden; unklar ist die Funktion des steif vorge-
streckten rechten Armes, dessen Hand durch das linke
 
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