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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0163
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D. ODYSSEUS.

Darstellungen aus dem Odysseusmythos sind auf Sar-
kophagen verhältnissmässig selten. Von seinen Thaten
vor Troia erscheint der Raub des Palladions einmal,
wahrscheinlich in treuer Wiedergabe einer statuarischen
Gruppe, auf einem kleinasiatischen Sarkophag 138 zusammen
mit anderen Nachbildungen berühmter plastischer Kunst-
werke. Derselbe Vorgang, wahrscheinlich nach einem be-
rühmten Gemälde copirt, begegnet auf der Schmalseite
eines schönen römischen Guirlandensarkophags aus dem
ersten Jahrhundert 13g. Ein zweites troianisches Abenteuer,
die Abholung des Philoctet von Lemnus, ist auf der
Vorderseite desselben römischen Sarkophags 139 in zwei
Scenen dargestellt, von denen die eine gleichfalls nach
einem berühmten malerischen Original copirt, die andere
als Gegenstück dazu von den Sarkophagarbeitern selbst er-
funden zu sein scheint. Von den Mythen der Odyssee
findet sich die Erkennung durch Euryclea auf der
anderen Schmalseite desselben römischen Sarkophags 13g und
lntl Akroterion eines gallischen Sarkophagdeckels 203, das
Wiedersehen mit dem Hund Argus auf der Schmalseite
eines ganz singulären Sarkophags 150, beide Scenen wahr-
scheinlich wieder ziemlich getreu nach malerischen Vor-
bildern. In allen diesen Fällen scheint mehr die Berühmt-
heit der wiedergegebenen Originale als das Interesse an
dem Gegenstand für die Wahl der Darstellungen massgebend
gewesen zu sein. Hingegen tritt bei dem Kyklopen-
ahenteuer entschieden das stoffliche Interesse in den
Vordergrund; es findet sich in mindestens zwei Scenen
auf einem späten römischen Sarkophag 148, in einer auf
einem gleichfalls späten Sarkophagdeckel 14g, ferner auf
dem Fragment 147, das indessen wahrscheinlich von keinem
Sarkophag stammt. Das stoffliche Interesse überwiegt auch
hei der griechischen Sarkophaggruppe mit dem Freier-
m°rd, die durch zwei Fragmente 151. 152 vertreten ist.
^■"1 römisches denselben Vorgang darstellendes Fragment
*53 kann nicht mit Sicherheit den Sarkophagen zugezählt
Verden. Nur das Abenteuer mit den Sirenen scheint zu
den typiscileil Sarkophagdarstellungen zu gehören, nicht um

des Odysseus, sondern um der Sirenen willen, die in der
Kaiserzeit häufig in symbolischer Bedeutung verwandt
werden, wobei man sie nicht allein, sondern mit Odysseus
zusammen anzubringen pflegt. Und zwar lässt sich eine
doppelte Verwendung erkennen. Sie bezeichnen einmal
rein local den Eingang zur Unterwelt, wie auf dem die
Scenen des Todes und des Jenseits vorführenden Sarko-
phag 140. Dann aber erscheinen sie im Gegensatz zu
den Musen, deren Gegnerinnen und Nebenbuhlerinnen sie
sind, als Vertreterinnen der falschen Bildung. Die Sage
vom Streit der Musen mit den Sirenen, die diesen Ge-
danken am klarsten ausspricht, scheint in der Kaiserzeit
sehr populär gewesen zu sein und findet sich auch auf
Sarkophagen wiederholt dargestellt (s. Gori Inscriptiones
antlquae III tab. 33; vgl. Band V dieses Werks). In dem
gleichen Sinne sind die Sirenen auf der linken Schmal-
seite des Musensarkophags Sciarra 146 angebracht, während
auf der rechten der vorüberfahrende Ulixes dargestellt ist.
Derselbe Gedanke liegt ohne Zweifel auch der einmal auf
einem Kindersarkophag 142 und öfters auf Sarkophagdeckeln
141. 143. 144. 1451. 1452 vorkommenden Composition zu
Grunde, die links von der Inschrifttafel statt der Musen
deren Schüler und Diener, eine Gruppe von Dichtern
und Gelehrten mit Musenattributen, rechts die Sirenen
mit Ulixes zeigt. Es liegt nahe zu vermuthen, dass diese
Deckel von Musensarkophagen stammen, lässt sich aber
bis jetzt, da alle ohne die zugehörigen Sarkophage gefun-
den sind, nicht erweisen. Für zwei Exemplare 143. 144
stehen die Callistkatakomben als Fundort fest, wo sich
auch Fragmente von Musensarkophagen gefunden haben,
s. Matz und von Duhm Antike Bildwerke in Rom II
S. 420 Nr. 3284. Nr. 3285. Nr. 3286". Die Christen konnten
diesen heidnischen Sarkophagtypus um so eher unver-
ändert verwenden, als auch für sie die Sirenen, wenn-
gleich in etwas anderem Sinne, symbolische Gestalten
waren, die Repräsentantinnen 'nicht einer falschen Bildung,
sondern der Weltlust, s. de Rossi La Roma sotterranea
Cristiana I p. 345 und die dort angeführte Stelle des

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