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Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (2): Mythologische Cyklen — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.12015#0183
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E. ORESTES.

Der Orestesmythus erscheint auf den Sarkophagen Sonst erscheinen auf den Schmalseiten bald die decorativen
ausschliesslich in der Sagenform, die ihm das attische Sphinxe 158a. 158b, bald von den Sarkophagarbeitern frei
Drama gegeben hat, und zwar ist für den ersten Theil, erfundene Scenen aus demselben Mythus 155 a. 155b, bald
die Tödtung des Aegisth und der Clytaemestra, Scenen aus dem späteren Theil, der Wiederfindung der
die Oresteia des Aischylos, für den zweiten, die Wie- Iphigenia, 156a. 157b. Scenen aus dem Iphigeniamythus

zeigt auch der Deckel von 155, und man wird daher auch
170 für den Deckel eines Sarkophages aus dieser Classe

derfindung der Iphigenia und den Raub des tau-
schen Idols, die taurische Iphigeneia des Euripides
die massgebende litterarische Quelle. Eine Ausnahme macht halten dürfen. Für die Mittelscene, Orestes nach

nur die Platte 154, die für sich allein eine einzige Classe
repräsentirt. Hier scheint eine spätere, jedesfalls von
Aischylos beeinflusste Tragödie vielleicht aus dem vierten
Jahrhundert zu Grunde zu liegen; es ist auch der einzige
Sarkophag, auf dem die Tödtung selbst dargestellt ist,
und zwar in zwei zeitlich aufeinander folgenden Scenen.
Die künstlerische Vorlage scheinen zwei Gemälde zu
Sein, von denen das eine, das den Tod des Aegisth dar-
stellte, den alten Typus dieser Scene, wie wir ihn auf
rothfigurigen attischen Vasen strengen Stils finden, merk-
würdig treu bewahrt hatte. Hingegen bieten die Darstel-
lungen auf den Sarkophagen der zweiten Classe 155—166
genaue Illustrationen zu Aischylos. Die Anordnung der
scenen ist bei allen die gleiche. Den Mittelpunkt bildet
stets die Schlussscene aus den Choephoren, wo Orestes
nach vollbrachtem Muttermord die nahenden Furien erblickt
*55- 156. 157. 158. 159. 160. 161. Daran schliesst sich links
die Darstellung vom Grab des Agamemnon, aber in
Zwiefacher Weise; bald erscheint nur der einsame Grab-
hügel mit den drei schlafenden Furien 156. 157. 158, bald
der in der Grabesthür stehende Schatten des Agamemnon,
dem sich Orestes und Pylades anbetend nahen, während
neben dem Grab eine Furie schläft 155. 163, eine freie
Illustration zum Prolog der Choephoren. Rechts er-
scheint regelmässig Orestes in Delphi, über die schla-
fende Furie hinwegschreitend, nach dem Prolog der Eume-
niden 155. I56. 157. 158. 159. 161. 162 und etwas variirt
l6°- Eine andere Scene desselben Stücks, die Frei-
sprechung des Orestes auf dem Areopag, ist zuweilen

dem Muttermord die Furien erblickend, hat Benn-
dorf mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Gemälde des
Theon von Samos als Vorlage angenommen. Da von
diesem Meister auch sonst Bildercyclen bekannt sind,
wäre es wohl denkbar, dass auch die beiden Eckscenen
auf seine Erfindung zurückzuführen seien, die linke
Eckscene aber dann jedesfalls in der ungleich schö-
neren Gestaltung, die nur die schlafenden Furien zeigt.
Hingegen ist ein gleicher Ursprung für die Scene der
Freisprechung auf dem Areopag, theils wegen der Dürftig-
keit der Erfindung, theils wegen des abweichenden, der
Bühne entlehnten Costüms der Furie nicht wahrscheinlich.
164 scheint von einem griechisch-römischen Sarkophag her-
zurühren; alle übrigen Exemplare gehören zu der römischen
Classe und sind im zweiten Jahrhundert gearbeitet.

Die den zweiten Theil des Mythus, die Wieder-
findung der Iphigenia und den Raub des Diana-
bildes, behandelnden Sarkophagdarstellungen 167 —180
(dazu 155. 156 a. 157b) bilden zusammen eine fortlaufende
Illustration der taurischen Iphigeneia des Euripides.
Es finden sich folgende Scenen: Der Wahnsinnsanfall
des Orestes V. 260—339 in der Mittelscene von 167. 168.
169; die Vorführung der Gefangenen vor Iphige-
nia V. 467—481 in der Mittelscene von 172. 175; der
Abschied der beiden Freunde V. 657 — 724 in der
Mittelscene von 177. 178. 180; die Erkennung der Ge-
schwister V. 725—787 in der linken Eckscene von 172.
173- 177- J78- 179» in der Mittelscene von 155, ferner auf
156a. 167a. 167b; Iphigenia das Bild aus dem Tempel

auf der einen Schmalseite angebracht 156b. 157a. 164. holend V. 1056'—1088 in der linken Eckscene von 167. 168

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