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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,1): Einzelmythen: Actaeon - Hercules — Berlin, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.12014#0038
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TAFEL IV. V ZWEITE CL ASSE iy. zo

an seinem rechten Oberschenkel und drei Puntelli, einen
unterhalb des linken Kniees, einen auf der Chlamys neben
dem Felsen und einen neben der linken Ferse des Amor.
Links eilt, von drei Amorcn geführt, Venus herbei,
nur mit einem feinen durchsichtigen Mantel bekleidet, der
den Oberkörper und die rechte Hüfte völlig frei lässt.
Das weit aufgerissene Auge, in dem die Pupille angegeben
ist, zeigt den Ausdruck des Schreckens. Sie trägt wie
auf ig ein Diadem und in der linken Hand ein Scepter,
von dem das untere Ende und ein grosser Puntello vor
ihrer Stirn erhalten sind. Der wie auf 13. 14 weit zurück-
gestreckte, den Pilaster überschneidende Arm ist bis zum
Ellbogen antik; ausserdem sind jedoch noch alt die drei
Finger auf dem Haar des' bärtigen Mannes aus der an-
schliessenden Scene so dass die gegenwärtige Ergänzung
durchaus gesichert ist. Die drei Amoren sind überein-
ander angeordnet. Der unterste schreitet vor Venus her,
legt die Rechte auf den Arm des Adonis und fasst mit
der Linken seine Hand; der Kopf wird nach der Göttin
zurückgewandt gewesen sein; vgl. den etwas höher ge-
stellten Amor auf 13. Der mittlere Amor setzt den linken
Fuss auf den Felsen, auf den Adonis niedergesunken ist.
Man muss sich vorstellen, dass er mit dem linken nicht
sichtbaren Arm den Rücken des Gestürzten berührt; der
rechte, zu dem der Puntello neben dem Gewandzipfel
der Venus gehört, war nach dieser ausgestreckt; er winkte
wohl die Göttin herbei. Der oberste Amor schwebt;
sein Gesicht war nach dem im Pighianus gezeichneten
Rest der Göttin zugewandt. Zu seinem linken Bein gehört
der Ansatz am Stamme des rechts befindlichen Eichbaums.
Unverständlich ist mir das von der linken Schulter quer
über die Brust laufende, im Pighianus bis zur rechten
Hüfte fortgesetzte Band, von dem ein zweites Band zur
linken Hüfte und von da längst der Seite des Beins
hinuntergeht. Wäre letzteres nicht vorhanden, so könnte
man an ein Köcherband denken, wie denn auf 21 der
Amor einen Bogen trägt und auf den Eber geschossen
zu haben scheint. Aber weder als Pfeil lässt sich der
zweite Streifen verstehen noch mit einem Bogen irgend-
wie in Verbindung bringen. Auf den Eber stossen nicht
weniger als vier Jäger mit wuchtigen Speeren gleichzeitig
los, alle in Mantel und gegürteter Tunica und mit dem
Schwert an der Seite. Der erste stürmt im Typus des
Meleager auf den Eber ein, vgl. 15. Der rechte Arm
und die linke Hand sind gewiss richtig ergänzt. Er hat
den Speer sehr kurz gefasst; denn auf dem vorflatternden
Zipfel der Chlamys erkennt man noch deutlich den An-
satz der Spitze. Ein zu dem Speer gehöriger Puntello ist
am Untergewand über dem ergänzten Kopf des Adonis
sichtbar. Der zweite Jäger, der einzige, dessen bärtiger
Kopf erhalten ist, verwundet den Eber hinter dem Ohr.
Unmittelbar daneben stösst der von rechts kommende |

Jäger seine Lanze, von dem ein Rest der Spitze und eine
grosse Ansatzspur vorhanden sind, in den Hals des Ebers.
Etwas höher bemerkt man an den Borsten den An-
satz der Lanze des von oben herabstossenden, mit einem
Schild (vgl. 13. ig) gerüsteten Jägers. Hinter diesem wird
noch der nach rechts gewandte bärtige Kopf eines fünf-
ten Jägers sichtbar, der in der Linken eine Lanze hält.
Vor und unter dem Eber ist niedergetretenes und durch
den Sturz des Adonis geknicktes Schilf angebracht. Der
Wald ist durch drei Eichen und einen Oelbaum angedeutet.
Auf letzterem sitzt ein Raubvogel mit einem erbeuteten
Thier in den Klauen. In einer Höhlung unter dem Fel-
sen, auf den Adonis hingesunken ist, wird ein kleines
Nagethier sichtbar (sicherlich kein Hase).

Auf dem Pfeiler des Thorbogens, der die beiden
Scenen scheidet, sind vier ungeflügelte Amoren als Re-
präsentanten der Jahreszeiten angebracht. Zu Unterst
der Frühling mit einem Blumenkorb auf der linken Schul-
ter ruhig nach rechts dastehend. Dann der Sommer im
Tanzschritt nach links, in der Linken einen Stab, vielleicht
den Stiel einer Sichel; in der unklaren Masse, die er mit
der Rechten auf dem Kopfe hält, wird man ein Aehren-
bündel vermuthen dürfen. Frühling und Sommer sind
nackt. Es folgt gleichfalls im Tanzschritt, aber nach rechts,
also mit dem Frühling correspondirend, der Herbst, mit
der Nebris bekleidet, einen Fruchtkorb auf der linken
Schulter tragend. Endlich zu oberst der Winter in einem
bis zu den Knieen reichenden Gewand, im Tanzschritt
nach links, mit dem Sommer correspondirend.

Bei der Pfl egesce ne ist sehr geschickt ein ganz bestimm-
ter Moment, das Anlegen des Verbandes, zur Darstellung
gebracht. In einem durch einen Vorhang angedeuteten
Gemach finden wir, wie auf 3—6. g, wieder die Gruppe von
Venus und Adonis, jedoch in ganz neuer Auffassung.
Venus sitzt auf einem Thronsessel, die Füsse auf einen
Schemel mit Löwenfüssen stützend; worauf Adonis sitzt,
ist nicht recht klar. Zwei Amoren verbinden ihn. Der
eine steht auf einer nicht näher charakterisirten Stütze und
scheint mit beiden Händen den Verband festzuziehen.
Der zweite am Boden stehende Amor drückt mit der
erhobenen Linken den Verband fest, während er die Blicke
beobachtend auf Adonis richtet. Der rechte Arm war
gesenkt und wird wohl, wie wir aus dem am Boden
stehenden mit Wasser gefüllten Gefäss schliessen dürfen,
einen Schwamm gehalten haben; vgl. 16. 17. Adonis hebt
beim Anlegen des Verbandes krampfhaft zusammenzuckend,
den linken Fuss und wirft den Kopf weit in den Nacken
zurück, indem er den Arm fest um den Hals der Venus
legt. Diese stützt mit der rechten Hand sein Kinn und
erhebt den linken Arm hinter der Schulter des Adonis mit
einer klagenden Geberde. So erscheint die Gruppe in der
Zeichnung des Pighianus Fig. 20', wo das Gesicht des Adonis

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