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Robert, Carl [Editor]; Matz, Friedrich [Editor]; Andreae, Bernard [Editor]; Robert, Carl [Editor]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,1): Einzelmythen: Actaeon - Hercules — Berlin, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.12014#0071
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54

END YMION

O. Jahn Archäologische Beiträge S. 69 ff.). Lima schwebt
dort meist von oben zu dem Geliebten nieder, dessen
Schlaf bald von Somnus selbst, bald von der Göttin
der Nacht behütet wird. Auf dasselbe Vorbild gehen die
Endymion-Darstellungen auf den Denaren der gens Aemilia
(Cohen pl. i nr. n) und des L. Buca (Babelon I p. 124
nr: 12, vgl. Helbig Untersuchungen über die Campanische
Wandmalerei S. 157 A. 1) zurück.

Wesentlich erweitert und ich möchte sogar sagen ver-
tieft tritt uns die Darstellung auf den römischen Sarkophagen
entgegen. Der Kern der Composition ist bei allen der
gleiche, und alle gehen auf dasselbe Vorbild zurück, das
sich mit völliger Sicherheit reconstruiren lässt: Endymion
liegt schlafend im Schosse des Somnus, Luna verlässt eben
von Araoren geleitet ihren Wagen, dessen Gespann wäh-
rend ihrer Abwesenheit von der Luftgöttin Aura gehütet
wird. Sowohl diese charakteristisch römische Figur als der
Wagen und die Amoren sind der pompejanischen Wand-
malerei völlig fremd; dagegen bietet sich eine gute und
gewiss nicht zufällige Parallele für letztere in dem Relief
auf der Schmalseite des in Ostia gefundenen Silvanus-Altars
aus dem Jahre 124 n. Chr., wo Amoren den Wagen des auf
der Vorderseite neben Venus stehenden Mars bewachen (Lan-
ciani Notizie degli scavi 1881 tav. 2 p. 112; CIL XIV 51). Sehr
glücklich ist auch die für die älteren Exemplare charak-
teristische Umwandlung des jugendlichen Somnus in
einen bärtigen Alten mit friedlich ernsten Zügen. Schon
Winnefeld hatte in seiner trefflichen Monographie über
Hypnos S. 27 die richtige Empfindung, dass diesem
Typus ein malerisches Vorbild zu Grunde liegen müsse,
doch machten ihn die unbärtigen Schlafgötter der pom-
pejanischen Wandmaler wieder bedenklich. Mit Unrecht;
vielmehr ergiebt sich aus diesem Verhältniss der Sarko-
phage zu den pompejanischen Bildern unabweislich der
Schluss, dass das vorauszusetzende malerische Vorbild für
jene erst nach der Zerstörung Pompejis oder wenigstens
so kurze Zeit vorher entstanden ist, dass eine Einwirkung
auf die campanische Decorationsmalerei ausgeschlossen war.
Es war somit eine Schöpfung aus den ersten Decennien
der römischen Kaiserzeit, deren früheste Nachbildung uns
auf einem fragmentirten und durch ungeschickte Ergänzung
übel zugerichteten Relief des Vatican vorliegt, das wir nach
Gerhard Antike Bildwerke Taf. 90, 1 (vgl. Prodromus S. 285;
Beschreibung der Stadt Rom II 2 S. 183 Nr. 62; O. Jahn
Archäologische Beiträge S. 51 ff. K) mit Angabe des Mo-
dernen und mit einer kleinen aus Guattani Monumcnti inediti
1788 febr. p. X entnommenen Berichtigung hier abbilden.
Das antike Stück enthält den vorderen Theil vom Gespann
der Luna und den Oberkörper der vor den Rossen stehenden
Aura; die Zügel des vorderen Pferdes hält nicht ohne An-
strengung ein auf dessen Rücken stehender, sich nach hinten
zurückbeugender Amor, vgl. 3g. 42. 47. Ein zweiter grösserer

Amor schwebt, eine brennende Fackel haltend, in der Höhe
und fasste einst ohne Zweifel mit der vorgestreckten Linken
den bogenförmig flattern-
den Mantel der absteigen- -$0{'^ /
den Luna, vgl. 64. 83. Der J^JS P Wtf/Z^t
Ergänzer, der dies Motiv "^!>^^^. Mjf^P^
völlig verkannt hat, lässt l^^^^^M %J'y£$A
die Göttin statt dessen ruhig '''M^^^^-^r~^f
auf ihrem Wagen stehen UlWt^X -7W jMp''' -
und gicbt ihr obendrein, "m\H !

im Banne eines verbrei- (Ju ^ \[ für )f#A4i \

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teten und, wie es scheint, tsr.- -—cj—-^——^

unausrottbaren Vorur- relief im vatican.

theils, den Köcher der

von ihr gänzlich verschiedenen Diana. Antik ist weiter
die in der Höhe angebrachte kleine Luna auf dem Stern-
bild des Krebses (bei Gerhard fälschlich als ein in
Vorderansicht stehendes Viergespann gezeichnet; in
unserer Abbildung nach Guattani und dem Original be-
richtigt); ferner sind einige Blätter des links befindlichen
Baumes alt. Wir finden also hier eine weitgehende Ueber-
einstimmung mit den Sarkophagen der ältesten Classe
39—49, nur dass das Gespann bei diesen nach rechts, auf
dem vaticanischen Relief hingegen nach links gewandt ist,
wie bei den Sarkophagen der beiden späteren Classen. Das
in Rede stehende Monument gehört ohne Zweifel zu jener
grossen Gruppe decorativer Wandreliefs, die seit der Zeit
des Augustus in Aufnahme gekommen sind, und durfte in
Schreibers Sammlung dieser Denkmälerclasse nicht fehlen.
Angesichts seiner muss die Möglichkeit offen gelassen wer-
den, dass das Vorbild der Sarkophage kein Gemälde, son-
dern eben ein solches decoratives Reliefbild war.

Ob die Wandlungen und Erweiterungen dieses Vor-
bildes, wie sie uns die lange Reihe der Endymion-
Sarkophage in einer fast gesetzmässigen Entwickelung vor
Augen stellt, sich lediglich innerhalb dieser Monumenten-
classe vollzogen haben oder ob zu wiederholten Malen und
zu verschiedenen Zeiten eine Einwirkung der den Typus
weiterbildenden Wandmalerei auf die Sarkophagarbeiter statt-
gefunden hat, lässt sich nicht entscheiden. Seinem Kerne
nach ist das Schema stets dasselbe geblieben und erweist
sich von ungemein zäher Lebenskraft.

Die Endymion-Sarkophagc unterscheiden sich zunächst
nach der Richtung der Darstellung. Auf 39—4g liegt Endy-
mion am linken Ende und die Bewegung geht von rechts
nach links; auf 50—go ruht Endymion am rechten Ende,
einmal (55) auch nach links gewandt in der Mitte, die Be-
wegung geht von links nach rechts. Es schien rathsam,
diese zweite Gattung nach Massgabe der Grösse und des
Reichthums an Figuren nochmals zu theilen, so dass wir
im Ganzen drei Classen unterscheiden.

Die erste Classe (3g—4g) mit der Richtung von
 
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