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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0074
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228

MARS UND RHEA

am Boden dahinschreitend der schlafenden Rhea Silvia
näherte, Darstellungen, die dann zwischen dem Colum-
barium-Fries und den übrigen Bildwerken die Mitte ge-
halten haben würden; vgl. unten. Das älteste Exemplar
unter den erhaltenen stadtrömischen scheint der noch ins
zweite Jahrhundert gehörige Pfeiler-Sarkophag 192 zu sein,
auf dem der Vorgang als Nebenscene zu der Gruppe von
Mars und Venus und als Pendant zu Amoren-Gruppen ver-
wandt ist. Hier erinnert die zuschauende Ouellnymphe an
die auf dem Columbarium-Fries vorliegende Version. Auch
der Hirte findet sich regelmässig auf den älteren Dar-
stellungen, dem eben genannten Fries, dem Bild aus den
Traians-Thermen und dem Giebel des Tempels der Venus
und Roma, allerdings auch auf der Basis Casali. Auf den
vier anderen, etwas jüngeren Exemplaren 188—191 macht
sich der Einfluss der in jeder Hinsicht verwandten Endymion-
Sarkophage immer mehr fühlbar. Auf igi (= 88) sind beide
Sagen als Pendants mit einander verbunden; 188 ist ganz
wie ein Endymion-Sarkophag der dritten Classe componirt,
vgl. namentlich 77. 7g. 80, und dasselbe wird bei 189, von
dem nur ein kleines Bruchstück erhalten ist, der Fall ge-
wesen sein. Charakteristisch aber ist, dass hier zu den
Natur- und Localgöttern, Oceanus und Tellus, Sol und den
Hören u. s. w. noch zwei andere zuschauende Götter gesellt
sind, die zu Rhea Silvia in enger Beziehung stehen, ihre
gföttliche Ahnfrau Venus und Vulcan der Gott des von ihr
gehüteten Feuers. Auf igo hingegen, dessen Abhängigkeit
von den Endymion-Sarkophagen weniger gross gewesen zu
sein scheint, schaut ausserdem noch ein ganzer Kreis von
Göttern dem Vorgang zu. Die Schmalseiten sind nur von
188 erhalten; die eine zeigt die säugende Wölfin, die
andere nochmals Mars und Rhea Silvia in einer späteren
Situation (s. die Textabbildungen).

Die drei Sarkophage mit der Liebesgeschichte von Mars
und Venus ig3—195 sind unter einander recht verschieden.
Die litterarische Quelle für alle ist selbstverständlich das

Demodokos-Lied der Odyssee; aber niemals wird der Ver-
such gemacht das Liebespaar in den Fesseln des Vulcan
zu zeigen, wie es auf der Basis Casali geschehen ist (s. oben
S. 227). Am engsten schliesst sich ig5 an Homer an; hier
zieht Vulcan von dem Liebespaar den Vorhang weg, um
es den Göttern zu zeigen, wobei angenommen wird, dass
Mars und Venus eingeschlummert waren. Zugegen sind
nur solche Götter, die auch bei Homer genannt werden,
unter ihnen selbstverständlich der Sonnengott. Die Dar-
stellung zeigt eine gewisse Aehnlichkeit mit dem leider
nur durch die offenbar sehr ungenauen Stiche bei Mirri
(a.a.O. 25) und Ponce (a.a.O. nr. 23) bekannten, übrigens
schon im Escorialensis Fol. IXv gezeichneten Gemälde aus
den Traiansthermen. Als Nebenscene ist die Vermählung des
Vulcan mit der Venus angebracht. Auf den beiden anderen
Sarkophagen ist eine weit grössere Zahl von Göttern zu-
gegen, auf igß ausser Apollo und Mercur, die bei Homer
das lustige Gespräch führen, Diana, Hercules, Bacchus und
die capitolinischen Gottheiten mit Caelus und Tellus zu
ihren Füssen. Auf ig4, wo rechts die capitolinische Gruppe
mit Sicherheit zu ergänzen ist, kommen noch der gleich-
falls in der Odyssee genannte Neptun, ferner die Magna
Mater, Luna und wahrscheinlich Quirinus hinzu. Sehr ab-
weichend ist auf beiden Sarkophagen die Mittelgruppe ge-
staltet; auf ig4 erscheinen Mars und Venus in vertraulichem
Gespräch, ohne sich um die übrigen Götter zu kümmern.
Auf igß aber nähert sich Mars leise der schlafenden
Venus, die in der Stellung der Rhea Silvia daliegt. Da
dies dem Mythus in keiner Weise entspricht, darf wohl
vermuthet werden, dass hier der nicht erhaltene Typus einer
Darstellung von Mars und Rhea Silvia auf Mars und Venus
übertragen ist, um so mehr als von den nur bei diesem
Sarkophag erhaltenen Schmalseiten die rechte die Wölfin
mit den Zwillingen zeigt, vgl. 188b; auf der andern sind
Mars und Venus nochmals dargestellt. Alle drei Sarko-
phage gehören ins zweite Jahrhundert.

1) MARS UND RHEA SILVIA.

Tafel LX. LXL

188) S. Rom, die Vorderseite Pal. Mattei, auf dem
ersten Treppen-Absatz eingemauert. Fig. 188. L. 2,36.
H. 1,28. Rh. 0,11. Zeichnung von Eichler 1884. Die
Schmalseiten Vatican, Belvedere. Fig. 188a. Fig. 188b
(im Text) nach Photographie. L. 1,06. H. 1,28. Weisser
von dicken schwarzen Adern durchzogener Marmor.

Bis zum Anfang des 17. Jahrh. in S. Giovanni (dal Pozzo),
womit doch wohl S. Giovanni in Laterano gemeint sein wird. Die

Restaurationen der Vorderseite stammen sicher aus der Zeit, als die
Platte in Pal. Matte* eingemauert wurde, um 1613. Die Figur der
Rhea Silvia ist das Vorbild für Angelica Kaufmann's schlafende
Penelope. Die Schmalseiten befanden sich früher in Villa Mattei
und sind erst um 1770 in den Vatican versetzt, wo sie zunächst in
der Loggia scoperta angebracht wurden. Seit 1902 in der Por-
ticus des Belvedere eingemauert.

Alte Zeichnungen: von 188 COBURGENSIS Fol. 9 Nr. 168 (ohne
die Ergänzungen). Fig. 188'. Danach PlGHlANUS Fol. 271 Nr. 180. —
 
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