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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,3): Einzelmythen: Niobiden - Triptolemos ungedeutet — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.12730#0024
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382

NIOBIDEN

Roß. An den knienden Pädagogen, der ihn mit den
Armen umfaßt, schmiegt sich der von einem Pfeil in die
Brust getroffene hinsinkende Knabe fest an; den Kopf neigt
er im Sterben auf die linke Schulter, den linken Arm läßt
er schlaff herabsinken, den rechten legt er um den Hals
des Pädagogen. Rechts von dieser Gruppe ist eine Tochter
der Niobe durch einen Pfeilschuß in den Unterleib auf den
Felsabhang hingestreckt worden. Das Haupt ist weit zu-
rückgesunken, der linke Arm hängt kraftlos herab, und ver-
geblich müht sich die rechte Hand den Pfeil herauszuziehen.
Das Haar ist gelöst, der Körper größtenteils entblößt und
nur unten von einem Mantel bedeckt. So erinnert die
Figur an die tote Niobide, die auf den Deckeln der Sarko-
phage der ersten Klasse die Mitte einnimmt und aus der
Clytaemestra der Orestes-Sarkophage umgebildet ist. Auf
eine dieser beiden Sarkophagklassen wird auch unsere Figur
zurückgehen. Der Pädagogengruppe entspricht rechts die
ein Mädchen stützende Amme. Dieses scheint kniend ge-
dacht zu sein, so daß sein rechter Unterschenkel hinter
dem Felsen verschwindet, der auch den unteren Teil der
Amme verdeckt. Das Mädchen ist sehr jung und trägt
kurz geschnittenes Haar. Wie seine von dem einen Pädago-
gen gestützte ältere Schwester ist es nackt bis auf einen
langen Mantel, der hier von der linken Armbeuge herab-
fällt, und wie jene ist es im Unterleib von einem Pfeil ge-
troffen, den es mit der L. herauszuziehen sucht. Rechts
folgt ein mit seinem Pferd gestürzter Niobide, der sich mit
der R. die Chlamys über den Kopf zieht, um sich vor den
Geschossen des Gottes zu schützen.

Am Deckel sind zu beiden Seiten eines langen Mittel-
feldes, das für die Aufnahme der Inschrift bestimmt war,
zwei kleine Seitenfelder abgegrenzt, in denen in viel klei-
neren Dimensionen, fast puppenhaft, die strafenden Gott-
heiten angebracht; links Apollo, rechts Diana, beide im
Begriff den Bogen abzuschießen und beide mit weit nach
hinten flatternder Chlamys. Hinter Apollo ist sein Dreifuß,
hinter Diana ein Ölbaum angebracht. Über das vielleicht
gleichfalls vom Deckel eines ähnlichen Niobiden-Sarkophags
herrührende Fragment 4401 s. unter Ungedeutet. Als
Eckmasken sind behelmte Kriegerköpfe mit gedrehten
Locken und kurzem Schnurrbart verwandt, vielleicht solche
von Korybanten, da die Szene der rechten Schmalseite auf
dem Sipylus, der Kultstätte der Rhea, spielt. Vgl. die
Skythenköpfe auf II 155. An der linken Schmalseite des
Deckels Fig. 315 a sind die Attribute des Apollo, an der
rechten Fig. 315 b die der Diana angebracht; dort Phor-
minx, Rabe (der in die Phorminx zu beißen scheint), Bogen
und Köcher, Diskus, hier ein liegendes Reh, das von einem
es anbellenden Hund furchtsam den Kopf wegwendet, Bogen
und Köcher und das typische Diadem der Diana, durch das
die Spitzen zweier Jagdspeere durchgesteckt sind.

Auf der rechten Schmalseite Fig. 315b sitzt vor
dem Grabmal ihrer Kinder, das als ein mit einer großen
Blumengirlande geschmückter Rundbau gebildet ist, in ge-
beugter Haltung Niobe mit herabhängenden Haarsträhnen,
die Arme auf dem Schoß gekreuzt, ganz in einen großen
Mantel gehüllt. Ihre Regungslosigkeit scheint anzudeuten,
daß sie eben zu Stein wird oder bereits versteinert ist.
Ein vor ihr stehender bärtiger Mann (nach Stark der Berg-
gott Sipylus, nach Benndorf und Schöne der Pädagoge),
der mit kurzer Ärmeltunika und Mantel bekleidet und
durch den Stab und die Stiefel als Wanderer charakterisiert
ist, betrachtet sie, das Kinn auf die Hand gestützt, mit
Staunen und Grauen. So bildet die Darstellung eine viel-
leicht beabsichtigte Illustration zu dem Epigramm des
Theodoridas App. Planud. 132:

Stadt tcXgk;, Sdxpoaov t8u>v, £sve, fiupi'a ttsv&t]

xd? döupoYXwaaou TavxaXiöo«; Niößac,
ac, kizl ~[ac, saxpcoas oucuoExcntaiSa Xo^e(7]v

dpxi, xd fjisv Ootßoo xoEa, xd h' ÄpxsjJuSo?.
a os Xi'&w xal oapxi jJisfJUYiiivov siBo? s^ouaa

Ttexpoöxar axsvd^et 0 tyiizayrfi 2fouXo<;.
OvaTo?; sv yXuiaaa ooXia vooo^, ac, d^dXtvo?

dcppoauva xi'xxei iroXXdxi Suaxu^i'av1).

Zwei Bäume rahmen die Szene ein. Auf dem zur Rechten
sitzt ein Vogel (Taube?).

Für diese Darstellung lassen sich die Schmalseiten der
Meleager-Sarkophage mit den am Grabe ihres Bruders
trauernden Meleagriden vergleichen 227 c. 230 a. 231. 234 b.
248 a. 275. 282 a, vgl. auch S. 342.

Die linke Schmalseite Fig. 315a zeigt einen auf
einem Felsen sitzenden jungen Hirten mit Pedum in der
L., der die R. vielleicht im Gespräch erhebt, und eine auf
einem höheren Felsen liegende Ortsnymphe, die ihm
zuzuhören scheint. Vor dem Hirten lagern zwei Rinder.
Zwei Ölbäume rahmen die Darstellung ein; die Krone des
einen hält die Nymphe gefaßt. Man könnte daran denken,
daß hier das Schicksal der Niobe erzählt wird; aber dann
müßte doch wohl die Nymphe die Erzählende sein. Auch
auf dem Endymionsarkophage 58 findet sich eine ähnliche
Verbindung von Hirt und Nymphe; so soll wohl nur das
Lokal, nämlich der Sipylus, angedeutet werden, wo die
Szene der anderen Schmalseite sich abspielt, und die Ge-
bärde des Hirten braucht keineswegs der Redegestus zu
sein. Sie kann auch sein Staunen über den Anblick der
Nymphe ausdrücken (nach Stark Amphion und Thebe;
richtig Foerster Philol. IV Suppl.-Bd. S. 702).

*) Vgl. auch Makedonios Hypatos Anth. Pal. V 229:

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