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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,3): Einzelmythen: Niobiden - Triptolemos ungedeutet — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.12730#0029
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KLASSIFIZIERUNG

387

Zusammentreffen. Als charakteristisch für die römische
Klasse ist oben hervorgehoben worden, daß Pelops die
begehrte Königstochter nicht mit auf seinen Wagen nimmt,
also der ursprünglich zu Grunde liegende Gedanke des
Brautraubes1) einer simplen Wettfahrt Platz gemacht hat.
Dasselbe scheint bei Hygin der Fall zu sein, wo Oenomaus
simultatem constituit se et daturum, qui secum quadrigis
certasset victorque exisset (quod is equos Aquilone velo-
ciores habuit) victus autem interficeretur\ vgl. Servius Georg.
III 7: hic equos habuit ve/ocissimos, utpote ventorum flatu crea-
tos, qui procos filiae multos necavit, sub hac conditione pro-
vocatos ad curule certarnen, ut aut victus träderet filiam aut
victor necaref). Ebenso schreibt Diodor offenbar nach der-
selben Quelle IV 73, 3: adXov Trposxi'dei xoi; ßooXojjivoi«; aöxvjv
■y^ji.at xotoöxov I8ei tov [xsv 7}tty]Ö£vtcx xeXsuxvjaai, tov 0' Stul-
xo^ovxa fap-eiv rfyv xopvjv. Was er dann aber über die nähe-
ren Bedingungen des Wettkampfes ausführt, stammt aus
einer anderen Quelle; denn es hat zur Voraussetzung, daß
Hippodameia sich auf dem Wagen des Pelops befindet, wie
dies denn auch auf der bekannten Neapeler Vase (Arch.
Zeit. XI 1853 Taf. 55) der Fall ist, die die denkbar beste
Illustration zu der Diodorstelle gibt. Ausdrücklich bezeugt
es Apollodor Epit. IX (2, 5): I/wv fdp oxcXa ts xal frntoo; irapd
Apso; afrXov sTiöei toi«; pTjaxYjpat töv •ydji.ov xai tov |i.v7]axeo6[i.svov
I8st dvaXaßövxa rJjv c r7xixooa'!Ji.siav de, xo oCxetov apjjia «petfyeiv cfypi
xou Kopivddov iaö[Aoü, tov 8e CNvop.aov Eudsax; ökmxsiv xaöw-
■jxXiapievov xal xaxaXaßovxa XTefveiV tov 8s xaxaXTj'-pMvxa
iyew ■yovar/.a T*]v iTCTCoodfietotv3). Diese Version, die Ps.-
Lukian Charidemos 19 scherzhaft erklärt, die auch Apol-
lonios I 752 ff. in seiner Beschreibung von Iasons Mantel
und Philostratos für sein fiktives Gemälde I 17 verwen-
det, die auf dem Kypseloskasten dargestellt war (Paus.
V 17, 7) und auf der kampanischen Lekythos in Berlin
(Mon. d. Inst. X 25, Furtwängler Vasensammlung II 3072),
am wundervollsten aber auf dem Krater von Arezzo {Mon.
d. Inst.Wü. 3, Furtwängler-Reichhold Vasenm. T. 67) vor-
liegt, schwebt auch bei der linken Schmalseite des griechi-
schen Sarkophags 322 vor. Wie jene Hyginstelle den Ein-
tritt des Pelops in den Königspalast, so illustrieren die
Worte Apollodor's Epit. IX (2, 7): MupxiXoc .... xat? /otvi-
xtai xd>v xpo^Äv xou; "/jXoot; oux ejj-ßaXwv gicotyae xov (Kv6p.aov
Iv xu> xps/eiv ^TTYjÖYjvai xai tat? ^nai; au[xixXaxsvxa aopo-
[jlsvov ditodavelv den Tod des Oinomaos, wie er auf der
römischen Klasse dargestellt ist und vermutlich ähnlich
auf der verstümmelten Rückseite des griechischen Exemplars

*) S. Robert Bild und Lied S. 187 A. 35.

2) Danach Myth. Vat. I 21. II 146. Vgl. auch Schol. AB 104: dyiovi-
Copiviov os auxuiv, Nonnos (Myth. gr. ed. Westermann p. 380 LVII 3):
a-'iovtaaixsvo? svxau&a 6 IlsXo^ httuxÖv dycüva p.sxex xoö Otvop-aoo.

3) Das Scholion des MoNACENsis zu Euripides Or. 990 kontaminiert
diese Apollodorstelle mit anderen Quellen wie dem Ilias-Scholion A A 38.
Ebenso schöpft das Lykophron-Scholion 157 aus Apollodor.

dargestellt war. Die Worte xov (Kvöpiaov ev to> xpe^ew Tjx-
TTjfBjvai lassen erkennen, daß hier an eine einfache Wett-
fahrt gedacht ist, wie bei Hygin, der über den Ausgang
nur sagt: currum defectum Oenomai equi distraxerunt, dann
aber einer andern Quelle folgend so spricht, als ob Hippo-
damia an der Wettfahrt teilgenommen hätte: Pelops cum
Hippodamia et Myrtilo do7num victor cum rediret etc.

Man sieht, daß die drei Mythographen nach ihrer Ge-
wohnheit nicht einer einzigen Quelle folgen, sondern ver-
schiedene Versionen miteinander kombinieren, vgl. Robert
Oidipus I S. 511 ff. Apollodor deutet die Varianten wie-
derholt selber an. Hält man sich das gegenwärtig, so lassen
sich zwei Versionen unterscheiden, die unverkennbar auf
zwei verschiedene dramatische Behandlungen des Stoffes
zurückgehen. Nach der einen, die für Hygin und Diodor
den Grundstock der Erzählung bildet, aber auch hier und da
von Apollodor herangezogen wird, ist es Pelops, der, durch
den Anblick der abgeschnittenen Köpfe erschreckt, den
Wagenlenker Myrtilos zum Verrat bewegt4), indem er ihm
nach Hygin die Hälfte des zu gewinnenden Königreichs
verspricht5). Die Bahn für die Wettfahrt geht von Pisa bis
zum Isthmos, also durch das arkadische Hochland6). Myrtilos
setzt in die Räder keine Pflöcke ein, und so kommt Oino-
maos zu Tode. Hier tritt also die Figur der Hippodameia
zurück. Die Hauptperson ist Pelops.

Anders in der zweiten Version. Hier verliebt sich Hip-
podameia beim ersten Anblick in den schönen Fremdling;
sie ist es, die den zu ihr in Leidenschaft entbrannten Myrtilos
unter dem Versprechen der ersten Nacht zu dem Verrat

4) Hygin: itaque Myrtilo aurigae eins persuasit regnumque cius dimi-
dium pollicctur si se adiuvaret. Diod. IV 73, 4: tp&e(pa; 8s tov Tjvi'o^ov
xou Otvojxaou Mopxi'Aov xal Aa|3u>v auvsp-fov upö; tt)v vt'xrjV. Apollodor
IX 2, 6 TTSiösi Muptt'Xov töv T,pp.o5 italoa aoMaßsaöat..

5) Wenn Pausanias VIII 14, 11 den Pelops dem Myrtilos als Preis
eine Liebesnacht bei Hippodameia versprechen läßt (ähnlich pragmatisch
gewandt bei Nikolaos v. Dam. fr. 17 FHG III 368), so ist das aus der
zweiten Version in die erste übertragen, s. u. S. 388 A. 1. Zur Charakte-
ristik der pragmatisch gefärbten Erzählung des Sophisten sei darauf hin-
gewiesen, daß dort Pelops den Myrtilos aus dem Schiff ins Meer stürzt
und daß den an die Küste angeschwemmten Leichnam die an dem Süd-
westabhang der Kyllene sitzenden Pheneaten finden. Die rationalistische
Erklärung der Flügelrosse des Pelops als Schiff geht auf Palaiphatos 29
zurück.

6) Diodor IV 73, 3: ÖTrsatrjaaxo os iTntoopofjiav dmö xrjt; üioy;; [J-s^P1
xou xatä Kö'piv&ov 'Iai>p.oo upo? xöv (3a>jj.ov toü TIoasioiTivoi;, vgl. 4 von
Pelops: scp&aas Tiapa-ysvö'fj.svo? siti xöv 'Ia&jxöv Ttpö; tov xou IloasioüWo?
ß(«[j.dv. Schol. Apoll. I 752: oöx eßouÄsxo sxooövat auxvjv, ei jxyj vixtj-
aavxi 8i' Zitirwv' Trposxsixo os aötoT? KAaöso? -otap-öc dcpsxnjpi'a, ,'l3Öp.oT
8s xo xspjxa'. Diese Setzung eines bestimmten Zieles schließt es aus,
daß Pelops die Hippodameia bei sich hat, denn in diesem Falle handelt
es sich nicht darum, wer zuerst ein bestimmtes Ziel erreicht, sondern ob
Oinomaos den Pelops wieder einholen kann, der gewiß nicht am Isthmos
haltgemacht, sondern sich nach Mittelgriechenland gewandt haben würde.
Also ist die bei Diodor folgende Schilderung der Abfahrt: xrjV 8' dcpsaiv
xüW Ttttcwv — ttoaaou? dvTjipsi der zweiten Version entnommen, und ebenso
sind in der im Texte ausgeschriebenen Apollodorstelle die Worte a)(pt
xou Kopivih'wv io!>[xou aus der Nebenquelle eingesetzt.
 
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